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Der Wald tat mir gut. Es war ruhig hier, nur die üblichen Geräusche waren zu hören und der Geruch war auch, wie ich ihn kannte. Ich konnte den feuchten Waldboden riechen, das Moos unter meinen Füßen und die alte Rinde der Bäume. Alles war mir direkt wieder vertraut und auch, wenn ich es nicht sah, lief ich in einem recht guten Tempo ohne auch nur den kleinsten Ast zu streifen. Ich hätte vermutlich direkt wieder zurück gehen sollen und sehen, ob Nerea denn wieder aufgetaucht war oder aber vielleicht noch mal nach ihr suchen, aber ich setzte mich zunächst auf eben jenen umgefallenen Baumstamm auf dem ich am vorigen Tag schon einmal gesessen hatte. Es war eine meiner liebsten Stellen, tief im Wald verborgen und schon fast vollständig mit dichtem, weichem Moos bewachsen. Dieser Baum lag schon eine ganze Weile hier und das merkte man ihm auch an. Er war nicht morsch oder drohte gar zu brechen, sondern war über die Jahre einfach ein Teil der Natur geworden. In all seiner Pracht und Größe.
Ich setzte mich nun also auf eben diesen Baum mitten im Wald und seufzte, wie heute schon so oft. Was würde ich morgen zu Renesmee sagen? Würde sie überhaupt ganz sicher kommen? Ich wusste es nicht und das beunruhigte mich. Sie hatte mir allerdings ja eigentlich keinen Anlass gegeben so zu denken. Sie hatte doch optimistisch gewirkt, oder nicht? Stimmlagen und Aussagen zu deuten fiel mir für gewöhnlich gar nicht schwer, aber heute schien einfach nicht mein Tag zu sein. Sie veränderte einfach alles.. meine ganzen eigentlich so gefestigten Einstellungen und Charakterzüge schienen in ihrer Gegenwart zu wackeln, sich zu verändern. Ich wusste nicht genau, ob das gut war, aber es fühlte sich so gut an. Und wenn das doch alles nur ein Teil von ihrer Macht ist und nichts von dem, was ich mir einbilde zu fühlen tatsächlich der Wahrheit entspricht? Diese Angst blieb natürlich weiterhin bestehen, würde vielleicht immer da sein, aber hieß es nicht, dass man ein bisschen was riskieren musste? Ich meine, wenn man sich niemals jemandem öffnet und einfach alles gibt, dabei aber auch die Gefahr eingeht vielleicht enttäuscht oder verletzt zu werden.. kann man dann überhaupt etwas finden? Ich wusste es nicht. Ich wusste ja nicht mal, was denn aus uns beiden werden würde. Jagdpartner? Freunde? Geliebte? Flüchtige Bekannte? Naja, das waren wir ja irgendwie schon. Und dann kam ja noch dazu, dass ich niemals mit jemandem darüber reden konnte, niemals. Es würde immer ein Geheimnis bleiben, allein schon die Tatsache, dass ich sie erneut gesehen hatte und ich war eigentlich kein Mensch mit Geheimnissen. Ehrlichkeit war mir doch so wichtig, wie konnte ich dann ernsthaft überlegen alle meine Vorsätze über Bord zu schmeißen für eine Frau – eine Wachi – die ich gar nicht kannte. Bei der ich niemals ganz sicher sein konnte, dass sie mich nicht doch nur für ihre Zwecke missbrauchte. Sie brauchte männliches Blut und wer sagte mir, dass sie mich nicht in ein paar Tagen oder Wochen aussagen würde, wie den Mann, den ich ihr heute angeboten hatte? So ist sie nicht. So falsch kann sie doch nicht sein… das hätte ich bemerken müssen.. oder?, widersprach ich halbwegs diesem Gedanken. Nein, Renesmee hatte nicht so falsch und hinterlistig gewirkt, aber ich wusste zu wenig über die Wachi, um sicher sagen zu können, dass das nicht ein Teil ihrer besagten Macht war. Dafür hatte ich mich zu wenig damit auseinander gesetzt.. hatte nie wirklich darüber nachgedacht. Ich war doch immer davon ausgegangen, dass ich einfach ohne groß darauf zu achten jedem das Leben nehmen würde, wenn es für unser Volk wichtig war und was hatte ich heute getan? Ich hatte schon zwei junge Frauen verschont. Hatte sie einfach laufen lassen… okay, Renesmee war da vielleicht ein bisschen ein Sonderfall, aber was war mit der anderen? Sie hatte sich einfach so sehr angeboten, hatte sich doch überhaupt nicht gewehrt. Es wäre so einfach gewesen… und doch hatte ich es nicht gekonnt. Weil ich kein Monster sein will . Ja, schon. Aber ich würde nicht damit aufhören können, wenn ich leben wollte. Ich hatte doch keine Wahl jemandem das Leben zu lassen, denn ohne die eigene Seele konnte kein Mensch, kein Wesen, leben.. wie sollte ich denn mein eigenes Leben erhalten ohne ein anderes zu nehmen? Diesen Gedanken hatte ich schon öfter gehabt und deshalb doch den Lavendel dabei, die norwegischen Worte, die ich sprach… es war alles als eine Art Entschuldigung, eine Art Reinigung, um eben kein solches Monster zu sein. Aber brachte es tatsächlich etwas? Nein. Nein, es war nur eine Sache, die ich tat, um mein eigenes Gewissen zu beruhigen, aber es brachte niemandem etwas, würde niemals helfen können. Und dessen war ich mir absolut bewusst.. das war eben dieser Zwiespalt meines Wesens. Als Achak hatte ich keine andere Wahl, um selbst weiter zu leben und ich würde wohl damit klar kommen müssen, dass ich ein Monster war. Ein Monster, wiederholte ich den Begriff in Gedanken. So hatte ich mich dann doch noch nie selbst betitelt und es verwunderte mich ein wenig, dass mich die Worte dieses Mädchens so sehr getroffen hatten. Vielleicht sollte ich zu ihr gehen.. vielleicht weiß sie ja etwas, was ich tun kann, um… nein. Quatsch. Sie hat das nur gesagt, weil sie Todesangst hatte – zurecht – und weil es eben der Wahrheit entspricht. Es würde nichts bringen, wenn ich sie wieder suchen würde. Vermutlich ist sie ja eh schon wieder aufgewacht und verschwunden… . Ich stützte mein Gesicht in die Hände auf dem Schoß und schloss die Augen. Heute war mal so was von nicht mein Tag und ich bekam langsam das Gefühl, dass es egal war, wie viel ich nachdachte. Ich kam doch eh zu keinem wirklichen Ergebnis. Weder in der Monster-Sache, noch in Bezug auf Renesmee. Ich wusste doch, was das Richtige war und ich wusste genauso, was ich eigentlich gerne wollte.. und beides zu bekommen war wohl nicht möglich. Ich konnte Renesmee nicht wieder sehen, wenn ich meinem Volk gegenüber loyal sein wollte, aber deshalb konnte ich diese Gefühle, die sich in mir ausbreiteten auch nicht einfach abschalten. Ich wollte sie so gerne wieder sehen und wusste gleichzeitig wie unglaublich falsch das doch war.
Erneut seufzte ich, erhob mich anschließend und machte mich letztendlich doch auf den Weg zurück in unser Dorf. Hier rumsitzen brachte mich ja doch nicht weiter.
Sie saß wie so oft auf der schmalen Fensterbank im dritten Stock des Hauses, ihres Hauses und dem von vielen anderen. Phia sah einfach auf die Straße, nachdenklich, leicht lächelnd und absolut schweigend. Viel passierte hier im Moment nicht, den anderen Wesen waren es meist zu viele Menschen auf einem Haufen, um hier anzugreifen und somit musste sie keine Angst haben von jemandem enttarnt zu werden. Als scheinbar normaler Mensch lebte es sich leichter. Man musste sich nicht verstecken oder aufpassen, wo man sich aufhielt, sondern wurde einfach von den Menschen akzeptiert. Und das hatte Phia eindeutig ihren Pflegeeltern zu verdanken, die hier in der Stadt immer recht angesehen gewesen waren; die sie hier großgezogen hatten und als Mensch integriert. Und jetzt glaubte es ziemlich jeder, was der Wachi gut gefiel. Sie lebte hier in einer Art Siedlung, die von einer Hand voll Menschen gebildet wurde. Hauptsächlich hielten sie sich in diesem einen Gebäude auf, in dem auch Phia gerade war. Es grenzte ein Fluss an, der halbwegs sauberes Wasser bot und das Haus an sich war gut erhalten für die Verhältnisse, bot ausreichend Platz und befand sich mitten in der Stadt. Mit ein paar Waffen und den gesammelten Menschen auf einem Fleck war es relativ gut möglich sich hier auf zu halten, es zu verteidigen. Nur Nahrung war immer knapp und das war ein ziemliches Problem.
Es klopfte an ihrer Zimmertür – eine alte, etwas morsche Holztür, die ihren eigenen Raum von den restlichen abtrennte. Ihr Blick erhob sich und mit ihrer zarten, sehr melodischen Stimme ließ sie ein fragendes ‚Ja’ hören. Lucas trat ein – ein Mitbewohner und Freund der jungen Frau mit dem sie aufgewachsen war. Sofort erschien ein von leichten Grübchen umspieltes Lächeln auf ihren Lippen. „Hey du“, sagte sie leise, während Lucas die Tür hinter sich schloss und sich zu ihr auf die Fensterbank setzte. „Hey..“, murmelte er dabei, lächelte nicht und das verunsicherte Phia direkt ein wenig. „Was ist los?“, fragte sie dann auch in ihrer typisch direkten Art und sah dem Freund in die Augen. „Ich wurde eingeteilt.“ Mehr musste er nicht sagen, denn der Rothaarigen war direkt klar, was das bedeutete. Lucas würde den relativ sicheren Kern der Innenstadt verlassen und in die äußeren Teile der Stadt gehen. Um nach Überresten von anderen Menschen und nach Nahrung zu suchen. Vermisste Sucher sollten so gefunden und in der Nähe der Innenstadt begraben werden und natürlich die Lebensmittelversorgung ein bisschen gesichert. Phia schüttelte daraufhin nur ein wenig den Kopf. „Nein, du … du kannst nicht gehen.“ Eine ihrer zarten, blassen Hände legte sie auf seinen Oberschenkel, um ihren Worten mehr Ausdruck zu verleihen und in ihren Augen war Unsicherheit zu lesen. Es war für mehr als die Hälfte der Sucher das Todesurteil – oder das ‚Vermissten’ Urteil, beides bedeutete ja im Prinzip das Gleiche. „Phia.. ich hab doch keine Wahl. Jerry wird vermisst. Er ist gestern los und noch nicht wieder aufgetaucht.. und ich gehe ja auch nicht alleine –“ „Lass mich mitkommen“, unterbrach sie Lucas, der daraufhin nur mit leicht betretenem Lächeln den Kopf schüttelte. „Du bist noch minderjährig, Sophia. Du darfst nicht raus und du wurdest auch nicht eingeteilt. Also bleibst du hier.. wir sehen uns doch schon morgen wieder, versprochen.“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Das kannst du nicht versprechen, Lucas. Das weißt du genauso gut wie ich. Wer sagt mir denn, dass ich dich überhaupt noch mal wiedersehe? Wenn du da raus gehst, bist du so gut wie tot!“ „Quatsch. Du übertreibst, Phia. Ich bin ja nicht der erste, der unseren Bereich der Stadt verlässt und ich bin bewaffnet, nicht alleine.. das wird schon alles gut gehen. Wirklich. Ich bin da zuversichtlich“, versuchte Lucas die Wachi zu überzeugen. Er erhob sich, gab ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn und lächelte so zuversichtlich, wie er nur konnte, bevor er sich zum Gehen wandte und die bedrückte Sophia allein zurück ließ. Gerade, als er die Tür hinter sich ins Schloss ziehen wollte, erhob sie ihre Stimme: „Lucas!“, er sah noch einmal fragend zu ihr zurück, „Pass bitte auf dich auf, ja?“ „Klar, immer.“ Und damit war er weg und Phia war sich nicht sicher, ob sie ihn noch mal wiedersehen würde. Ihr Blick wandte sich erneut der Straße zu, sie zog die Beine an und legte den Kopf auf die Knie, als sie Lucas, gemeinsam mit zwei weiteren jungen Männern, aus dem Gebäude treten sah. Bewaffnet und bereit sich auf die Suche zu machen.
Ach, ich hatte sie herausgefordert? Tatsächlich? War mir gar nicht aufgefallen.. Okay, okay- genug der Ironie. Wobei es ja dann doch ziemlich verlockend klang, als sie mir geradezu anbot, meine Wunden zu versorgen. Dann müsste ich das schonmal nicht selbst tun, hätte eine hübsche Frau als Gesellschaft und müsste mich obendrein nicht irgendwie verrenken, um den ganzen Dreck herauszupulen. Allerdings verwarf ich diesen Gedanken genauso schnell wieder, wie ich ihn begonnen hatte. Klar war es einerseits recht verlockend, aber damit würde ich irgendwo auch ein ziemliches Risiko eingehen. Und zwar das Risiko von einer Wachiwi ausgesaugt zu werden, weil die mich mit ihren Worten und ihrem ganzen Verhalten eingelullt hatte. Nein, da ging ich dann doch erstmal lieber auf Nummer sicher und versorgte die Schnittwunden lieber selbst. War ja nicht so als ob ich zu.. ungeschickt für sowas wäre. Aber in meinen Augen würde mir die Entscheidung zu gehen oder dazubleiben dann auch schon mehr oder weniger genommen, denn Samira drehte sich um und lief wieder ein paar Schritte in Richtung Ufer. Und ich.. ich würde jetzt gehen. "Hmm. Danke." meinte ich mit rauer Stimme und musterte sie noch einen Moment, bevor ich mich letztendlich ebenfalls umdrehte und ging. Ich war niemand, der sich sonderlich lange mit irgendwelchen Abschiedsformeln aufhielt, zumal ich die Wachi ja auch gar nicht weiter kannte. Hielt ich außerdem auch gar nicht für nötig gerade. Ich machte mich also von dem kleinen See aus auf den Weg in Richtung der alten Siedlung, dann zu der alten Industriehalle, wo ich tatsächlich das mit dem Spitzwegerich ausprobierte und versuchte meine Schnittwunden zu säubern, was zum Teil wirklich höllisch brannte. Aber ich biss einfach die Zähne zusammen- so nach dem Motto 'Augen zu und durch'. Dauerte auch eine ganze Zeit lang, bis ich den Waldboden aus den Schnitten weggebracht hatte und mir dann letzten Endes frische Klamotten anziehen konnte..
Mein Blick schwenkte herum und blieb an der jungen Frau hängen, die nun etwas näher herangekommen war und sich regelrecht eingemischt hatte. Nun gut, ich hatte nichts dagegen, wenn sie etwas einwarf, aber sie hatte die Unterhaltung durchschnitten und dem Mann noch nicht mal die Chance gegeben, zu antworten. Vielleicht wollte er zu meiner Frage gar nichts sagen, dann wäre es okay, aber trotzdem war das unhöflich. Mein stechender Blick war einige Sekunden auf die Brünette gerichtet, ohne, dass ich etwas sagte oder tat. Pff.. lächerliche Frage. ''Wenn ich euch verfolgt, geschweige denn gesehen hätte, wäre ich nicht so unachtsam durch die Gegend gelaufen und hätte euch in dem Moment, wenn ihr mich entdeckt habt, wahrscheinlich angegriffen.'', sagte ich ohne zu zögern und ohne mit der Wimper zu zucken. Eigentlich war ich nicht so kalt und direkt, sondern nahm Fremde eher neugierig und freundlich in Empfang, aber heute war nicht mein Tag und ich war sichtlich durch den Wind. Normalerweise hätte ich problemlos meinen Weg fortgesetzt, um so schnell wie möglich zu Hause zu sein, aber dann entdeckte ich die beiden zu spät. Als Wachi war man eigentlich eher leise. Wir konnten uns so fortbewegen, dass man uns nicht entdecken konnte. Und ja, wenn ich die Absicht gehabt hätte, die beiden zu verfolgen - obwohl.. die beiden brachten mir wenig, hätte sie höchstens bestehlen können, aber dies tat ich nie einfach so, nur im Notfall - wäre ich sichtlich vorsichtiger gewesen. Bei Menschen war das sich-versteckt-halten auch deutlich einfacher. Klar waren auch sie sehr aufmerksam in solchen Gegenden, aber so ein gutes Gehör wie zum Beispiel ein Achak besaßen sie nicht. Und schon wieder schwiff mein Gedanke zu dem Achak ab, den ich vorhin noch getroffen hatte. Schnell verdrängte ich die Gedanken, die wieder hoch kamen, weil ich es echt nicht gebrauchen konnte, jetzt irgendwie abwesend zu sein. Schließlich musste ich darauf vorbereitet sein, falls sie angriffen, man konnte ja nie wissen. Vermutlich dachten sie auch, dass ich ein normaler Mensch war, und ihnen somit unterlegen bin. Zwei gegen eine. Tja, aber ich bin eine Wachi, weswegen ich gut gegen die beiden ankommen könnte. So durchgefroren und verletzt wie die sind, lassen sie sich jedoch bestimmt auf keinen Kampf mit irgendeinem Mädchen ein., dachte ich mir dann. Mein Blick glitt zwischen den beiden Personen her, um sie möglichst gut im Auge zu behalten und deren nächste Schritte zu beobachten. Es konnte auch sein, dass sie mir nicht glauben und davon ausgingen, ich erzähle hier nur irgendetwas, was nicht stimme.
Sie richtete ihren Blick nun auf mich, was mich innerlich doch ein wenig zufrieden stellte, da sie zu Beginn beinahe so gewirkt hatte, als hätte sie mich erst gar nicht bemerkt oder schlicht weg ausgeschaltet. Es störte mich zwar nicht, wenn Fremde in solchen Situationen kein Interesse an mir zeigten, aber wenn ich wie Luft behandelt wurde kam ich mich gleichermaßen auch einfach ein wenig... veräppelt vor. Die Fremde, Renesmee, ließ auf jeden Fall auf ihre Antwort warten, wobei ich es mir strickt verbot ihrem Blick auszuweichen. So stechend er auch schien, ich blickte stur zurück ohne eine wirkliche Regung zu zeigen - lediglich das Zittern eben, aber das war nicht auf sie sondern auf die Kälte zurück zu führen die Beschlag von meinem kompletten Körper genommen hatte und mich eigentlich dazu drängte schnell 'nach Hause' zu gehen, um mich endlich in irgendeiner Art und Weise zu wärmen. Ob Feuer, Decken oder was auch immer noch war mir in dem Falle egal, Hauptsache war einfach, dass es wärmer war wie gerade was mit Sicherheit nicht sonderlich schwer sein würde. Alleine schon der Wind ließ das Ganze nochmaldeutlich kälter wirken als es war und der Wind wurde von den - noch - stehenden Mauern des Gebäudes schon mal abgehalten, was definitiv etwas ausmachen würde. Aber dann bekam ich auch endlich meine Antwort, weswegen ich meine Gedanken erst einmal wieder in den Hintergrund rückte und mich auf eben diese Antwort konzentrierte. Ihre Stimme klang fest, ihre Haltung war selbstsicher, selbstbewusst und alles andere als eingeschüchtert. Immer mehr kam in mir die Befürchtung auf, dass nicht einfach ein wehrloser Mensch vor uns stand - nicht, dass sie noch auf Dumme Gedanken kam, ich hatte Jareth gerade erst kennen gelernt und seine Gesellschaft schon zu genießen begonnen. Es war einfach schöner wie alleine zu sein.. und wenn sie jetzt auf die Idee kam ihn sich unter den Nagel zu reißen... Nein Danke. Gut, wobei ich ihn auch nicht daran hindern würde, wenn er da mit gehen wollen würde, außer es war ganz offensichtlich, dass es eine Wachi war. Ach egal, zurück zum Thema. Ihre Antwort klang zwar einerseits recht plausibel, andererseits ergab sie dann in gewisser Hinsicht aber auch wieder keinen Sinn. Meiner Meinung nach zumindest. "Hättest du uns nicht schon im Vorhinein bemerkt, wärst du nicht hinter den Baum gesprungen, als du auf den Ast getreten bist, oder? - Aber das spielt keine Rolle. Was willst du?" Nein, es spielte tatsächlich keine Rolle. Ich wollte hier weg, wollte in das Haus, wollte ein wärmendes Feuer und was auch immer noch.. einfach das Gespräch schnell hinter mich bringen und lange würde ich hier wohl auch nicht mehr verweilen - ob mit oder ohne Jareth war mir in dem Fall egal, ich zitterte immer mehr, was ja wohl auch verständlich war, wobei ich noch immer versucht war es so gut es ging zu unterdrücken. Wirkte sicherlich irgendwie ziemlich schwächlich - war es im Endeffekt ja auch, oder nicht? In Top-Form waren wir auf jeden Fall nicht. Weder ich, noch Jareth. Aber im Notfall dennoch in der Überzahl.
Während ich auf eine Antwort der Brünetten wartete, steckte ich meinen Dolch entgültig weg. Die scharfe Klinge, die auf das Leder traf, ergab ein leicht zischendes Geräusch, aber dann ließ ich auch schon den Griff los und zog meinen beigen Cardigan ein wenig vor meinen Bauch, um die Waffe zu verstecken. So machte ich es immer. Wer erwartet denn schon, dass ein 17 Jahre altes Mädchen mit einem gefährlichen Dolch durch die Gegend rennt? Genau, niemand. Und so war der Cardigan, oder manchmal eben eine Jacke, ein perfekter 'Vorhang', um die kleine Lasche mit der sich darin befindenden Waffe zu verstecken. Diese Taktik war mir schon oft zu nutzen gewesen - immer vorbereitet und gut ausgerüstet, falls es darauf ankommen würde. Und so war es auch heute. Obwohl.. ich hatte ihn schließlich weggesteckt, weil ich davon ausging, dass diese beiden keine Gefahr für mich darstellen würden. Zumindestens verhielten die beiden sich recht ruhig und gaben kein Anzeichen von Aggresivität oder Kampfeslust. Auf ihre Frage hatte ich eine plausible Antwort. ''Würdest du einfach so stehen bleiben und dich zeigen, obwohl es sein könnte, dass wildfremde Personen eine Gefahr darstellen könnten? Als ich nicht. Aber ja, spielt keine Rolle.'' Ich legte eine kurze Pause ein, ehe ich leicht verdutzt auf ihre zweite Frage einging. ''Tut mir schrecklich leid, dass ich gerade so aus Laune durch den Wald spaziere, euch dabei sehe'', mein Blick war kurz Jareth und dann wieder der Frau, dessen Namen ich nicht kannte, gerichtet, ''und keine andere Wahl hatte, als mich zu verstecken. Und dein Begleiter'', damit meinte ich den braunhaarigen jungen Mann, ''war schließlich derjenige, der zu mir gekommen war und gefragt hatte, wer ich bin.'' Ja, es war doch wirklich so. War ja nicht so, dass ich zu ihnen gegangen war und etwas haben oder wissen wollte. Aber gut, dass konnte ich denen nicht übel nehmen. An deren Stelle hätte ich wahrscheinlich auch vermutet, dass ich verfolgt werde oder sowas. Man konnte sich heutzutage einfach nicht mehr sicher sein, bzw. sicher fühlen, egal wo man war. An jeder Ecke konnte Gefahr lauern, jeder Person die man traf konnte insgeheim so falsch sein, obwohl sie freundlich und nett wirkte. Das war auch der Grund, warum ich nicht allen sofort vertraute. Eigentlich vertraute ich niemandem so richtig, natürlich gab es da bestimmt einige Ausnahmen zum Beispiel.. Ach das spielte nun auch keine Rolle. Ein kalter Wind kam auf und schlängelte sich leicht pfeifend durch die Blätter der Bäume hindurch, weswegen ich automatisch die Arme vor der Brust verschränkte und somit meinen Cardigan enger ran zog. Da fiel mir auf, dass die beiden ziemlich frieren mussten. Ich stand hier mit Jacke da und die beiden froren sich mit kalter Kleidung alles ab.. da kam schon schlechtes Gewissen in mir auf und ich lockerte meine Haltung, wodurch der Cardigan wieder zurückfiel und nun nicht mehr meinen Bauch bedeckte.
Schweigend lauschte er den beiden Frauenstimmen, die sich mit Frage und Antwort Spielchen beschäftigten. Er hielt es vorerst für das beste sich da nicht einzumischen. Außerdem schien von der Fremden inzwischen keine wirkliche Gefahr mehr auszugehen. Immerhin hatte sie ihren Dolch gänzlich weggesteckt. Und fiel hatten die beiden ja eh nicht dabei, also was sollte die fremde Frau ihnen da schon groß wegnehmen wollen? Wobei Jareth ein paar gute Gründe einfielen die Gegenüberstehende zu überfallen. Punkt Nummer eins wäre da wohl ihr Cardigan, der zumindest Pandora etwas wärmen könnte. Für ihn wäre das Ding wohl leider etwas zu klein. Zu schade aber auch. Trotzdem sah Jareth nicht wirklich ein sich wegen einem Kleidungsstück einen Kampf zu liefern. Gerade wo er sich nicht einmal sicher war, wer hier als Sieger rausgehen würde. Konnte sie ihnen nicht einfach sagen ob sie ein Mensch oder eine Wachi war? Würde wahrscheinlich nicht viel ändern, aber wenigstens konnte der junge Mann sich dann etwas entspannen wenn er wusste was ihm Gegenüber stand. Aber fragen würde er sie bestimmt nicht. „Bist du allein unterwegs?“ fragte er das Mädchen schließlich. Okay, nicht gerade die geistreichste Frage. Als ob sie ihnen verraten würde ob da noch wer im Wald versteckt auf sie lauerte. Bereit dazu sie niederzuschlagen. Naja, war hoffentlich nicht der Fall. Aber er würde vorerst trotzdem seine Umgebung genau im Auge behalten. Während dieser Überlegungen legte er die Hand wieder auf den Griff seines Messers, ohne das dies hoffentlich bemerkt wurde. Nur für den Fall. Man konnte ja doch nicht vorsichtig genug sein. Denn langsam gewann das Misstrauen in seinem Kopf Oberhand. Je länger er über diese Situation nachdachte, desto mehr Möglichkeiten erschienen ihm, wie die junge Frau die Beiden in einen Hinterhalt hätte locken können. Und dabei hatten sie den Weg durch den Wald doch so problemlos überstanden. Ausgerechnet jetzt musste ihnen wer über den Weg laufen. Okay, das war nicht ganz richtig. Er war immerhin dem Geräusch nachgegangen. Aber trotzdem. Sie hätte ja nicht auf einen Ast steigen müssen, dann wäre er mit Pandora schon längst in dem Haus angelangt und sie würden sich gerade an einem warmen Feuer aufwärmen. Bei dem Gedanken daran seufzte der junge Mann leise. Wie sehr er endlich aus diesen nassen Klamotten rauswollte. Aber schien wohl noch etwas zu dauern bis sein Wunsch sich erfüllen würde. Und wer weiß was ihnen noch alles über den Weg lief. Schien ja heut ironischerweise der Glückstag der Beiden zu sein. Wobei, er hatte schließlich auch die Brünette neben sich erst heute kennen gelernt und bis jetzt fand er das alles andere als tragisch. War schön jemanden bei sich zu haben, der nicht seine Schwester war. Apropos Schwester, hoffentlich hatte sie inzwischen nichts angestellt. Mal sehen was sie vorfinden würden wenn sie dann doch endlich mal 'heim' kamen.
Nein, die junge Frau uns gegenüber war definitiv niemand mit dem ich selbst gerne diskutieren würde. Wieso? Weil sie mir ganz schön ähnlich war was das entgegen bringen der Antworten betraf. Penetrant, vermutlich würde niemand aufhören bis er das letzte Wort hatte und.. sowas eben. Ein Kerl würde jetzt wohl sagen: Typisch Frau und vielleicht war auch genau das der Grund wieso ich nun nur noch leise schnaubte. Glücklicherweise nahm Jareth dann die nächste Frage auch schon wieder in die Hand, sodass ich mit meinem aufmerksamen und gleichermaßen durchdringlichen, recht sturen Blick die junge Frau von oben bis unten nochmal unter die Lupe nehmen konnte. Allerdings fiel mir - bis auf den Dolch und die Tatsache, dass sie trockene, wärmende Klamotten trug - nichts weiter an ihr auf das mein Interesse wirklich verdient hätte. Ich schlang die Arme um meinen Körper, zog die Schultern etwas in die Höhe und nahm dann den Blick auch schon wieder von der jungen Frau uns gegenüber um ihn kurz durch die Gegend schweifen zu lassen, an Jareth hängen zu bleiben und ihn letztlich für einen Augenblick auf den Boden zu senken. Mir war kalt. Mir war einfach nur noch kalt und ich wollte ins Haus um mich aufzuwärmen. Aber gut, so gerne ich jetzt auch einfach 'Adios' gesagt hätte, so ungerne wollte ich jetzt auch alleine hier abhauen. Erstens weil ich endlich mal wieder vertrauenswürdige Gesellschaft hatte die es bis jetzt einwandfrei mit mir auszuhalten schien und zweitens, weil ich ja doch noch immer unsicher war was uns hier gegenüber stand und ganz ehrlich.. ich könnte es mir einfach nicht verzeihen, wenn ich jetzt ging und Jareth dann irgendwann ausgesaugt hier am Waldrand finden würde oder so. Erstens, weil er meine Momentane Gesellschaft war und gut tat und zweitens weil er eine kleine Schwester hatte die in dem Alter war in dem ich meine Eltern verloren hatte und damit alleine wäre. Klar wäre ich irgendwo noch da aber sie kannte mich nicht, ich kannte sie nicht und ich war auch nicht ihr Bruder. Ich wusste ja selbst wie das war, immerhin hatte ich meinen eigenen Bruder auch vor drei Jahren verloren. Es war grauenvoll und schrecklich gewesen und das wollte ich der kleinen Zoe gewiss nicht zumuten. Jareth hatte mir nichts getan das mich nun tatsächlich dazu veranlassen würde einfach abzuhauen und keinen weiteren Gedanken mehr daran zu verschwenden was ihm passieren könnte. So war ich einfach nicht und so würde ich wohl auch niemals sein. Ich war eben ein Mensch - haha. Nein, mal ehrlich.. das war wie die Sache mit dem schlechten Gewissen weil ich den Kailasa heute Vormittag mit der Bratpfanne nieder geschlagen hatte.. er hätte mich - und auch Jareth - ansonsten getötet, zu Tode gefoltert um sich an uns zu näheren.. unseren Schmerzen. Wieso hätte ich es also nicht tun sollen? Wer wusste schon wie viele Leben er schon auf dem Gewissen hatte. Und trotzdem hatte ich deswegen ein schlechtes Gewissen. Das musste etwas heißen, oder nicht?
Sehr weit kam ich nicht, weil mich ein Geräusch aufhielt. Es war nur ein Rascheln, relativ leise, aber auch relativ in meiner Nähe. Wie eingefroren blieb ich also stehen, lautlos und von einem Baum verdeckt, sodass man mich aus der Richtung des Geräusches nicht sehen konnte. Da war noch ein Geräusch, ein Knacken von Ästen, Rascheln von Blättern und dann erneute Ruhe. Ich war mir nicht ganz sicher, was da war, aber einen Menschen erwartete ich nicht. Dafür waren die Geräusche zu leise – außer ein kleines Kind spielte im Wald, was ziemlich dumm wäre – und auch zu unregelmäßig. Ein erneutes Rascheln und es kam näher. Ich kniete mich leise hin und horchte weiter, roch in die Luft, aber der Wind wehte falsch, wodurch ich rein gar nichts weiter wahrnehmen konnte. Ein wenig runzelte ich die Stirn. Vielleicht ein Hase? Oder ein Fuchs? Es war jedenfalls kein all zu großes Tier, aber eben auch kein so kleines, wie eine Maus oder ähnliches. Inzwischen waren die Geräusche exakt auf der anderen Seite meines Baums angekommen und ich konnte ein angespanntes Schnuppern wahrnehmen. Hase! , bestätigte ich in Gedanken und überlegte dann, ob ich ihn wohl fangen sollte. Es gab nicht mehr sonderlich viele Hasen im Wald und es war eine Seltenheit geworden mal einen zu treffen. Also wäre es vermutlich sinnvoll, wenn ich ihn fangen und ins Dorf bringen würde.
Meine Hand bewegte sich lautlos zu meinem dauernden Begleiter dem Dolch und ich zog ihn heraus. Dann sprang ich auf, umquerte den Baum in einem Bruchteil einer Sekunde und packte den Hasen am Nacken. Ich riss ihn in die Luft und MONSTER! – hielt kurz vor dem lautstark pochenden Herzen des Hasen mit dem Dolch wieder an. Durchaus ziemlich verdutzt und verwirrt über mich selbst, ließ ich den Hasen auf den Boden fallen und konnte hören, wie er panisch und ziemlich schnell verschwand. Mit leerem Blick, die eine Hand noch erhoben, die andere mit dem Dolch wieder gesenkt, stand ich da und blickte in die Leere. Ich hatte alle Gedanken schon wieder verdrängt gehabt und dann, gerade als ich ihn hatte töten wollen, waren sie wieder da. Nein, ich kam definitiv nicht sehr gut mit meinem Los als Seelenfresser klar – dafür war mir jegliches Leben eigentlich zu viel wert. Aber mein eigenes eben auch.. ich wollte mir auch gar nicht solche Gedanken darüber machen, aber es ging nicht anders und so beschloss ich, dass ich doch noch einmal zurück zu diesem Mädchen musste. Sie hatte mir das eingeredet und wenn sie verstand, dass ich ihr nichts tun würde, würde sie mir ja vielleicht auch genauso etwas sagen können, dass mir half diesen Gedanken wieder los zu werden.
Den Dolch steckte ich weg und noch einmal seufzte ich ganz leise, bevor ich in ziemlich schnellem Tempo zurück zu der Stelle lief, wo ich das Mädchen zurück gelassen hatte. Ich bewegte mich absolut lautlos und achtete darauf hinter Bäumen und Büschen versteckt zu bleiben, als ich näher kam, analysierte jedes Geräusch um mich herum und schlich mich so ganz nah an das Mädchen heran. Sie war inzwischen wieder aufgewacht und bewegte sich ein wenig – was für mich erstmal ein gutes Zeichen war. Dann hatte ich sie schon mal nicht zu lange in der Luft gehalten. Nur wie sollte ich mich ihr jetzt nähern? Das war wirklich eine unüberlegte Aktion gewesen – was sollte sie mir denn bitte auch groß sagen können? Aber da ich nun schon mal hier war, konnte ich dem Ganzen ja auch eine Chance geben. Und wenn sie mich doch noch angriff, würde ich mich schon wehren können. Ich ging aber eher nicht davon aus, dass sie sich das überhaupt traute, sie wirkte nicht gerade so, als wäre sie sehr mutig.
Ich trat also einen Schritt neben dem Baum in ihr Blickfeld, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte gekonnt in ihre Augen – diesen Trick hatte ich inzwischen recht gut raus. „Alles okay?“, fragte ich sie einfach nur und wollte sehen, wie sie darauf reagierte.
Mir entging der sture Blick der gegenüber nicht. Natürlich nicht. Wie denn auch, wenn ich von oben bis unten gemustert wurde, als wäre ich irgendein Biest oder ein eigenartiges Wesen. Nun gut, das mit dem Wesen stimmt schon, aber sie konnten unmöglich so schnell bemerkt haben, wer ich war. Außer sie selbst gehörten einer anderen Spezies an, wovon ich nicht ausging. Um die Situation ein wenig zu lockern ließ ich meinen Gesichtsausdruck entspannter und auch meine Körperhaltung wurde deutlich lockerer. Es brachte doch nichts, wenn wir uns wie die größten Feinde gegenüberstanden, gegenseitig anstarrten und ausfragten. Eigentlich war ich nicht so der Typ, der auf so etwas hinaus war. ''Ja ich bin allein.'', antwortete ich nun neutral auf die Frage von Jareth, ehe ich den Blick von der jungen Frau, die nichts mehr erwidert hatte, was mir auch recht war, abwandte und zu ihm blickte. Ich bin immer allein unterwegs, dachte ich mir dann noch in Gedanken hinzu. Die beiden hatten es eigentlich gut. Sie waren zu zweit, konnten sich gegenseitig Gesellschaft leisten und waren nicht allein. Ich war es schon. Innerlich seufzend verscheuchte ich meine Gedanken. Mein Blick war kurz gen Himmel gerichtet. Man konnte nur leicht etwas zwischen all den Baumkronen erkennen. Bis jetzt war das Wetter noch okay, zwar bisschen dolle windig, aber angemessen. mein Blick fiel wieder auf die Brünette, die zitternd die Arme umschlungen hatte. Da kam die hilfsbereite Seite in mir hervor und ich verstand nicht, was heute mit mir los war.. ''Willst du meinen Cardigan?'', fragte ich sie nun ziemlich direkt. Im Nachhinein dachte ich mir, dass ich die Frage lieber nicht hätte aussprechen sollen. Wahrscheinlich würde sie mein Angebot sowieso nicht annehmen. Schließlich waren wir beide uns fremd, wieso also sollte sie ja sagen? Naja vielleicht sah sie dann, dass ich den beiden nichts böses wollte - und er auch. Mein Blick fiel flüchtig auf Jareth.
Sie war also alleine. Nur weil ich sie nicht ansah bedeutete es noch lange nicht, dass ich nicht auf ihre Worte lauschte. Im Gegenteil, ich war noch immer sehr aufmerksam und auf sie konzentriert, hatte meinen sturen Blick nur eben für den Moment von ihr abgewandt und auf den Boden vor mich gesenkt. Nicht weil ich unsicher war, wenn ich unsicher wäre, dann hätte ich mich hinter Jareth verkrochen.. einfach nur weil ich nicht so recht wusste wohin mit meinem Blick. Dieses stechende Starren war echt nicht meins. Ich konnte zwar recht penetrant sein wenn ich es sein wollte, aber da ich auch nicht alleine die Verantwortung trug und nicht auf ausnahmslos alles achten musste weil Jareth auf meiner Seite stand war es irgendwie auch schlicht weg einfacher mal.. etwas los zu lassen, wenn man so wollte. Ich war wirklich froh nach den drei Jahren vielleicht endlich mal jemanden gefunden zu haben den ich länger als nur ein paar wenige Tage oder gar Stunden in meiner Nähe hatte. Das hoffte ich zumindest inständig. Ich war es Leid immer und immer wieder weggeschickt zu werden oder gehen zu müssen weil es einfach sowas von nicht passte, das Vertrauen fehlte oder ich merkte wie wenig ich doch irgendwo willkommen war. Auf Dauer gesehen war das wirklich wahnsinnig lästig und auch deprimierend. Eben darum haute ich jetzt auch nicht einfach ab, auch wenn mir der Sinn sehr wohl danach stand. Zumindest noch.. denn dann schien die Fremde, Renesmee, doch tatsächlich ihren guten Willen zeigen zu wollen, was mich doch wieder reichlich verwundert aufsehen ließ, da sie wohl kaum Jareth ihren Cardigan anbieten würde. Und es war nicht so als sehnte es mich nicht nach dem bisschen Wärme das davon ausgehen würde, aber dann würde sie frieren, zumal ich eine eigene Jacke hatte, die mit meinen nassen Klamotten aber ebenso nur nass werden würde wie auch der Cardigan - würde im Endeffekt also auf Dauer nur reichlich wenig nutzen, zumal es auch gleichermaßen bedeutete, dass ich sie nochmal sehen würde, weil sie ihn sicher auch wieder zburück haben wollen würde und ehrlich gesagt... das Vertrauen sie einfach mitzunehmen war nicht da. Das war definitiv nicht in meiner Absicht, auch wenn... sie jetzt plötzlich schon gar nicht mehr so unsympathisch schien. Aber nur weil sie mir ihren Cardigan anbot war deswegen nicht gleich mehr oder gar gänzliches Vertrauen da. Wie sollte das auch sein, wenn es auch einfach nur eine Masche sein könnte? "Ich... Danke, aber ich hab 'ne eigene Jacke. Und ich will dir nicht deinen Cardigan nass machen und dir gleichermaßen die Wärme nehmen die du damit verlieren würdest.", teilte ich ihr mit.. freundlicher Stimme mit. Ja, ich konnte auch anders. Ich konnte sogar leicht Lächeln dabei. War kein Problem. Ich war nämlich durchaus umgänglich, wenn ich denn wollte und meine Worte waren ernst gemeint, entsprachen der Wahrheit.
Ich war einige Meter gegangen und stoppte nun an einem schiefgewachsenem Baum an den ich mich anlehnte. Die Puste ging mir gerade sehr schnell aus und meine Gedanken kreisten so schnell in meinem Kopf das mir schlecht wurde. Was war das denn für ein Wunder?, schließlich wurde ich am Hals gepackt und hochgehoben bis ich bewusstlos wurde. Nicht zu vergessen welche höllische Angst ich hatte. Doch nun war dieser Alptraum vorbei und ich atmete erleichtert aus. Ich fuhr mir mit meinen Händen durch die Haare, ließ sie dort kurz verweilen und blickte mich dann um. Mein Entschluss nach Hause zu gehen oder es eher zu suchen stand fest. Auf einmal trat eine Person in mein Blickfeld kurz erschrak ich doch mein Herz beruhigte sich schnell. Doch warum nur? Wollte er mich jetzt verschleppen? War das vielleicht sein Styl?. Doch seine Frage überraschte mich und das seine Augen direkt in meine schauten ohne gleich bedrohlich zu wirken, beruhigte mich. "Äh ja, den Umständen entsprechend" plapperte ich drauflos und löste meinen Blick zum Boden. Mein Geist hatte gerade einen Zwiespalt entweder in das ängstliche Schema zurück fallen oder versuchen ein lockeres Gespräch anzufangen. Zweite Variante gefiel mir allerdings besser. "´Naja und dir?!" ich stöhnte und schlug mir die Hand vor den Kopf als wenn das mich vor meiner eigenen Dummheit schützen würde. Er hatte mich gekidnappt oder so was ähnliches, wie sollte es ihm schon gehen?
Ein wenig verwirrte mich ihre plötzliche doch ziemlich lockere Art schon. Irgendwie hatte ich eher mit einem Schreckensschrei oder Weglaufen gerechnet – oder gleich mit beidem – aber diese junge Frau schien alle meine Erwartungen zu widerlegen. Irgendwie amüsierte mich das und lenkte mich zumindest ausreichend von Renesmee ab. Ein schwaches Lächeln umspielte einen kurzen Augenblick meine Lippen. „Also mir geht es gut“, meinte ich langsam und hörte dann ein leichtes Klatschen – hatte sie sich gerade etwa selbst geschlagen? Klang ja fast so. Oder war doch noch jemand? Nein, das hätte ich gehört, spätestens jetzt, als alle meine vorhandenen Sinne auf Hochtouren arbeiteten und die Umgebung noch einmal schnell abcheckten. Nein, wir waren für den Moment jedenfalls allein. Gut so.
„Bist du soweit wirklich okay? Ich… ähm… tut mir Leid, dass ich dich gewürgt habe“, versuchte ich eine doch recht lahme Entschuldigung, aber was sollte ich auch groß sagen? Mit der Tür ins Haus fallen wollte ich jedenfalls nicht. Ich kannte sie nicht, sie kannte mich nicht und eigentlich – wobei sie ja doch anders reagierte, als ich dachte – ging ich davon aus, dass sie ein wenig Angst vor mir hatte. Und wenn sie wollte, dass ich wieder ging, würde ich das wohl auch tun. Das musste sie mir dann nur sagen oder irgendwie anders deutlich machen… zurückweichen oder gar wegrennen, schreien oder sonst was. Ich würde sie sicherlich nicht verfolgen, weil ich selbst ja frisch genährt war und deshalb kein tieferes Bedürfnis verspürte, um sie erneut zu verletzen. Klar, da wäre wieder mal die Sache mit dem Volk der Achak, die auf mich bauten und warteten, aber die anderen Krieger konnten ja genauso gut jemanden fangen und zu ihnen bringen, diese Aufgabe hing zum Glück nicht allein an mir. Ich trat vorsichtig einen Schritt auf sie zu und hoffte sie damit nicht zu verschrecken, aber ein tiefer Ast hatte mich gestört und so stand ich weiterhin recht versteckt, aber doch angenehmer. Und jetzt würde ich warten, wie sie reagierte – vielleicht hatte ich ja auch nur falsche Vorstellungen von den typischen menschlichen Reaktionen. Meine meisten Opfer überfiel ich von hinten, bevor sie irgendwas tun konnten und sie war, wenn ich mal richtig darüber nachdachte, die erste auf die ich so frontal zugelaufen war. Also vielleicht war es ja ganz normal, dass sie nicht weggelaufen war und mich dann noch angemacht hatte, als ich ihr klar gemacht hatte, dass sie gleich sterben würde. Menschen waren ja schon irgendwo auch interessant – ebenso wie jede weitere Spezies, die nicht meine eigene war. Ich fragte mich, warum sich noch nie jemand die Mühe gemacht hatte sich mal genauer mit den anderen Wesen auseinander zu setzen. War es nicht viel einfacher sie zu bekämpfen – oder eben in Frieden mit ihnen zu leben – wenn man ein bisschen mehr über sie wusste, als die paar Bruchstücke und Mythen, die erzählt wurden?
Er lachte. Er lachte über mich. Nicht sicher ob mir das gefiel verlagerte ich mein Gewicht auf den anderen Fuß und verschränkte die Arme. Mein Blick wanderte zum Boden und auf einmal war es mit etwas unangenehm mit ihm zu reden. Ich hatte keine Angst, was mich um ehrlich zu sein selbst verwunderte doch es fühlte sich komisch an diesem Mann jetzt gegenüberzustehen der mich, ja noch eine Frage, hatte er mich gerettet? Ich schüttelte leicht den Kopf um meiner inneren Stimme Ruhe zu befehlen. "Ja wirklich, mir geht's gut" er schien sich wirklich Sorgen zu machen oder aber es war einfach nur netter Smalltalk. "Du hast mich nicht gleich umgebracht, ich lehne mich vielleicht weit aus dem Fenster aber ich denke das war eine nette Geste, habe ich recht?" ich versuchte einen leicht spöttischen Ton anzuschlagen. Ersah unsicherer aus als vorher und das gefiel mir, nun war ich nicht diejenige die nicht wusste was sie tat okay ich war es immer noch doch nun war ich nicht die einzige. "Wir hatten keine Zeit uns vorzustellen, ich bin Allison, Allison Hollows."
Ich konnte nur erahnen, dass sie sich ein bisschen bewegte, die Art zu Stehen veränderte – vielleicht hatte sie die Hände gehoben oder so, jedenfalls hatte ich das Geräusch von aneinanderreibendem Stoff kurz wahrgenommen, konnte es aber eben nicht genau deuten. Und sehen eben schon mal gar nicht. Ihr Tonfall wurde aber jetzt immer selbstsicherer und ich glaubte sogar ein klein wenig Spott heraus hören zu können. Demnach hatte sie mir also vermutlich schon verziehen, dass ich sie eben beinahe getötet hatte – Respekt. Ich wäre in so einer Situation definitiv nachtragender, aber vielleicht hatte sie ja auch einfach lange keine Gesellschaft mehr gehabt und war jetzt offen für jede Art zwischenmenschlichen Kontakt. Wer wusste das schon so genau.
Auf ihre Frage hin zögerte ich einen kurzen Moment, wie ich antwortete. Am ehrlichsten wäre wohl ein ‚Ich wollte dir beweisen, dass ich kein Monster bin’, aber ich fand eigentlich nicht, dass es ein sonderlich guter Beweis war. Immerhin hatte ich sie dennoch bedroht, ihr erzählt wie viel Spaß mit das Quälen von Menschen machte und schließlich bewusstlos irgendwo im Wald zurück gelassen. Nein, also das war wirklich kein sonderlich guter Beweis. Ich entschied mich also für ein etwas einfacheres „So weit lehnst du dich da gar nicht raus – es sollte eine nette Geste darstellen, wenn man das so nennen kann.“ Meine Hände verschwanden locker in meinen Hosentaschen, wie ich es so oft tat. Irgendwie fand ich diese Haltung bequemer und dann hingen meine Arme nicht so nutzlos einfach herunter, was wohl das Bild einer wandelnden Leiche nur noch mehr verstärkt hätte – Geist, meine ich natürlich. Man verglich uns Achak ja schließlich mit Geistern.. nicht mit Leichen.
Irgendwie hatte ich – mal wieder scheinbar ganz falsch – nicht erwartet, dass sie so offen war und mir, ihrem beinahe Mörder, ihren Namen so locker und nebenbei nannte, aber wie es schien war sie generell ganz anders, als ich es erwartet hatte und vielleicht sollte ich mal anfangen meine Erwartungen sein zu lassen und mich einfach auf das Gespräch einlassen. Sonst würde ich noch Verunsichert und Verwundert wirken und eigentlich legte ich da keinen großen Wert drauf. „Es freut mich, dich kennen zu lernen, Allison Hollows. Ich bin Elija“, erwiderte ich und sparte meinen Nachnamen mal aus. Die wirkliche Bedeutung von ihm verstand sowieso niemand und wenn meine Eltern mich vor vielen Jahren nicht aufgeklärt hätten, wüsste ich es wohl selbst nicht. Amar kam nämlich aus dem Indianischen und bedeutete Unendlichkeit, was ich irgendwie schön fand.
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