|
|
Und ich musste mich laut ihr nicht bei ihr bedanken. Schien so als hätte da nicht nur ich meinen eigenen Kopf in dieser Beziehung. Aber gut.. ich ging jetzt erstmal nicht weiter auf dieses Thema ein, fand ich auch irgendwo nicht mehr für nötig. Man musste ja nicht über alles und jede belanglosen Dinge stundenlang diskutieren. Das würde mich eher noch nerven. Ich hatte mich gegen das Sofa gelehnt, die Augen geschlossen. Wahrscheinlich würde es echt nicht mehr lange dauern und mir würden die Augen komplett zuklappen, so erschöpft, ausgelaugt und müde wie ich war. Immerhin war ich noch so wach, dass ich bemerkte, wie Renesmee sich neben mich setzte und dann mit einem etwas belustigten Unterton in der Stimme meinte, dass wir uns wenn dann bei der Katze bedanken müssen würden. Katze? "Was für eine Katze?" fragte ich etwas verwirrt, schaute sie an und strich mir mit der Hand erneut durch meine klatschnassen Haare, von denen mir einige Tropfen ins Gesicht fielen. Ich seufzte leise, drückte mich dann etwas schwerfällig und mithilfe des Sofas vom Boden hoch und stand auf. "Meinst du hier gibt's was Brauchbares für ein Feuer?" Wahrscheinlich gab es das- zumindest irgendwelche alten Bretter oder so, die man verschüren konnte- aber sie schien sich hier in dem Haus ein wenig auszukennen und ehrlich gesagt würde ich auch nicht dazu in der Lage sein, stundenlang durch die Hütte zu laufen und irgendwas zu suchen. Und ein kleines Feuerchen wäre jetzt echt mal nicht so schlecht, immerhin waren wir beide von oben bis unten nass und durch die an der Haut klebenden Klamotten wurde einem ja auch nicht gerade warm. Ich ließ meine grünen Augen kurz durch den Raum schweifen und nach etwas Nützlichem absuchen, schaute dann aber wieder zu Renesmee. "Wie alt bist du eigentlich?" fragte ich sie ein wenig neugierig, außerdem war sie ja eine Wachi und könnte älter sein als sie aussah. Wobei ich mir das nicht unbedingt vorstellen konnte. Aber interessieren tat es mich gerade schon, ja.
Schon wieder saß die junge Frau auf der Fensterbank und sah einfach nur auf die Straße. Es hatte angefangen zu regnen, erst nur schwach, aber inzwischen ziemlich stark. Es stürmte richtig und das machte Sophia noch mehr Angst – Lucas war immer noch nicht wieder zurück gekommen und obwohl es ja eigentlich nur ein einziger Tag gewesen war bisher, machte sie sich ziemliche Sorgen. Was, wenn er gar nicht mehr zurück kam? Wenn er von einer wilden Wachi ausgesaugt worden war oder von einem Achak getötet? Vielleicht von einem Kailasa fast bis zum Tod gequält? Eine Gänsehaut breitete sich an ihrem ganzen, zierlichen Körper aus und sie strich sich mit dem Händen über die Arme, bevor sie die Knie anzog und die Arme darum schlang. Wieso hatte er auch ausgerechnet ausgewählt werden müssen, bevor Phia selbst alt genug war, um ebenfalls zu gehen? Dann wäre sie immerhin in der Nähe von dem einen Vertrauten, den sie hier hatte und müsste sich keine Sorgen um ihn machen. Außerdem war er der einzige hier, der von ihrem Geheimnis wusste und – abgesehen von einem Mal, wo sie sich von ihrem Pflegevater genährt hatte – auch die einzige männliche Person von der sie getrunken hatte. Nie sehr viel, aber immer so viel, dass es reichte. So hatte sie das Haus nie verlassen müssen und war trotzdem halbwegs bei Kräften geblieben.
„Sophia!“, rief Dora, sozusagen die Köchin, von unten aus. Ihre Stimme klang bestimmend, aber leicht zitternd. Und da zuckte ein Blitz, der so nah erschien, dass Sophia reflexartig zusammen zuckte und beinahe noch von der Fensterbank gefallen wäre. Sie löste ihre starre Haltung und stand auf. Mit einer Hand strich sie sich die roten Haare aus dem Gesicht, mit der anderen zog sie ihr schwarzes Top etwas weiter runter. Sie trug im Moment nicht viel mehr. Eine dunkle Jeans, das Top und ein paar Armbänder. Noch war das Haus recht standhaft und warm genug – bei dem Unwetter draußen war sich die junge Wachi aber nicht sicher, ob es noch lange so bleiben würde. Sie verließ ihr Zimmer und lief die alten, morschen Holztreppen eine Etage nach unten. Als sie in die ‚Küche’ trat, sah sie, dass sich alle versammelt hatten. Es waren nicht viele, man konnte sie an zwei Händen abzählen – aktuell sogar an nur einer. Brian, sozusagen der Bürgermeister, saß ganz links, neben ihm Dora. Rechts am Tisch hatten sich die restlichen drei Mitglieder versammelt und eigentlich fehlte in diesem Bild hier nur Lucas für Sophia. Und eben dessen beiden Begleiter, die vermutlich genauso wenig zurückkommen würden, wie der Freund der jungen Frau. „Setz dich“, forderte Brian auf und schon an seiner Tonlage und dem Ausdruck in seinem Gesicht, konnte Phia feststellen, dass es nichts Gutes zu besprechen gab. Als sie sich dann neben Dora auf einen Stuhl fallen gelassen hatte, ein Bein wieder angewinkelt und den Kopf aufs Knie gestützt, räusperte sich Brian und sah einmal von einem zum anderen. „Wir werden unser Haus verlassen müssen“, und obwohl sofort empörte und überraschte, leicht ängstliche Widersprüche kamen, sprach er einfach weiter, „Es ist hier nicht mehr sicher. Die Fenster unten sich fast alle zerbrochen und das Gewitter kommt immer näher; bleibt immer länger direkt über uns. Das Haus hält das nicht aus und ich will nicht zusehen, wie wir hier alle begraben werden.“ Danach herrschte Schweigen in der kleinen Runde. Ein Kloß breitete sich in Phias Hals aus. Sie hatte das Haus nie verlassen, wollte es nie wirklich verlassen und jetzt? Jetzt sollte sie einfach gehen und Lucas… „Was ist mit den Jungs? Sie sind doch noch unterwegs und könnten jederzeit zurück kommen“, brachte sie mit leiser Stimme ein und sah Brian direkt mit ihren großen Augen an. Dieser wich dem Blick aus und Dora übernahm das Wort für ihn: „Wir können nicht warten, ob sie wieder her kommen. Wir müssen hier raus. Es –“ Wie aufs Stichwort hörte man einen lauten Donnerschlag, der alle Anwesenden zusammenzucken ließ und das gesamte Gebäude wackelte. „Es ist zu gefährlich“, sprach Brian wieder mit fester Stimme und sah Sophia direkt an, „Wir müssen gehen. Geht alle hoch, packt eure Sachen schnell zusammen und seit in spätestens zehn Minuten wieder hier. Wenn sich der Sturm ein wenig legt, machen wir uns auf den Weg und… und wenn es schlimmer wird, hoffe ich, dass alle noch Regenjacken besitzen.“ Damit stand er auf und verließ den Raum. Es war also beschlossene Sache.
Sophia blieb noch einen Augenblick sitzen, stand dann aber als erste ziemlich zügig auf und verschwand über die Treppe nach oben. Ihre Zimmertür knallte sie hinter sich zu, Tränen in den Augen, Wut im Bauch und die Angst ihren besten Freund niemals mehr wieder zu sehen. Angst, dass ihr gut gehütetes Geheimnis doch auffliegen würde. Ich halte nicht länger als eine Woche aus. Dann werde ich Blut brauchen, um nicht total schwach zu werden.. ich kann nicht mit ihnen gehen und damit war ihre Entscheidung eigentlich schon gefällt. Sie packte in ihren Rucksack alles, was sie besaß – ein paar Kleidungsstücke, wie ihren geliebten Blazer, die letzten zwei Müsliriegel, die sie aufgehoben hatte, ihre Dolche und alles weitere, was noch rum lag und vielleicht wichtig werden könnte. Dann zog sie sich ihren Kaputzenpulli über und darüber die alte Lederjacke, die Brian ihr vor einer Weile geschenkt hatte. Sie zog den Schlagring über die Finger, machte sich die Haare zu einem Zopf und zog den Rucksack auf. Das war also der Abschied. Das Ende ihres bisherigen Lebens und der Beginn von etwas Neuem. Und als erstes würde sie Lucas finden. Egal, wie lange es dauerte.
Nachdem sich die andere Achak von ihm getrennt hatte, stand er noch eine Weile am Waldrand, sah ihr blind hinterher und hing seinen leeren Gedanken nach. Und dann kam auch schon der erste Donner, noch recht weit entfernt und deshalb nicht weiter schlimm, aber ein erstes Anzeichen dafür, dass sich ein Unwetter anbahnte und Elija wollte wohl lieber nicht mehr draußen sein, wenn es das Dorf erreichte. Aber noch drohte keine Gefahr, der Wind zog bloß etwas an und so machte er sich auf den Weg in den Wald. Er hatte kein klares Ziel vor Augen und lief einfach so drauf los. Vielleicht würde er ja irgendwo ankommen und sich gleichzeitig, wie durch ein Wunder, noch über alles klar werden, was ihn so beschäftigte. Von der Monster-Sache entfernten sich seine Gedanken vorerst wieder, dafür fixierten sie sich umso mehr auf die junge Wachi, die er am vergangenen Tag getroffen hatte. Renesmee ließ ihn einfach nicht los und würde es wohl auch nicht tun. Was ist denn auch so falsch daran? Unsere Art ist viel zu sehr an die alten Traditionen gebunden. Frauen dürfen nicht jagen, alle anderen Spezies müssen getötet werden. Aber ist das wirklich so? Können wir denn nicht eigentlich auch einfach friedlich miteinander leben? Gemeinsam zu jagen würde wirklich Sinn machen. Jedenfalls für alle abgesehen von den Menschen. Aber die hatten ihre Chance in der Welt ja auch und können deshalb ruhig alle verschwinden… Seine Gedanken kreisten immer wieder um ein und dieselbe Sache, aber er wurde sich immer sicherer, dass er wusste, was richtig war. Dass er wusste, was er wirklich wollte und das würde er sich auch holen. Er würde es nicht rumposaunen, aber eben auch nicht lügen, wenn er von jemandem im Stamm angesprochen wurde. Ja, doch. So würde sein Gewissen zumindest damit klar kommen und er würde zu Renesmee können, auf sein Herz hören, wenn man das so sagen konnte. Wenn sie denn auch kam. Die genaue Zeit konnte Elija nicht mehr abschätzen, da ein stärkerer Wind aufzog und es schon begonnen hatte ein wenig zu regnen. Es schien, als wäre das Gewitter in Richtung der Stadt und dort wütete es vermutlich schon ziemlich, während die Welt hier im Wald, nahe des Dorfes, noch in Ordnung war. Aber man konnte in der Luft riechen, dass es nicht lange so blieb. Die Donnerschläge wurden lauter und Elija ging davon aus, dass auch die Blitze nur so zuckten – gesehen hatte er es noch nie, aber sein Vater hatte ihm es, als er noch ein kleiner Junge gewesen war, versucht zu beschreiben und das klang echt nach etwas Spannendem, irgendwie Beängstigendem. Aber wie es wirklich war, wusste er nicht. Er würde es wohl niemals wissen und das war schon okay so. Was jetzt zählte war eh, dass er Renesmee erklärte, dass es ihm tatsächlich egal war, welcher Spezies sie angehörte oder welche Rangordnungen es bei ihm gab. Wichtig war doch eigentlich nur, dass sie sich für einander interessierten, dass sie sich irgendwie auf merkwürdige Weise verstanden und vor allem, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte. Nicht nur wegen ihrer Macht als Wachi, sondern einfach wegen ihr als sie selbst. Wegen Renesmee als Frau, als Lebewesen. Was zählte da schon, wie sie eigentlich lebten? War das nicht eigentlich genau das, worum es ging? Dass man jemanden fand, wo es einem selbst egal wurde, woher man selbst kam oder woher der andere kam. Die Verbindung beider Personen zueinander, untereinander. Das war doch irgendwie viel mehr das, was wirklich zählte. Elija war jedenfalls dieser Meinung und er wollte am liebsten sofort zum Treffpunkt laufen, hoffend, dass sie bereits dort war oder bald kommen würde, aber er wusste, dass er noch viel zu früh war und so begab er sich zunächst auf die Jagd. Das Fleisch eines Hasen oder anderen Tiers würde ihm Dorf auch schon gut sein, besser als gar nichts. Und während sich der Achak lautlos auf die Suche machte, zog der Sturm immer näher auf das Dorf zu, verstärkte sich und nahm Ausmaße an, die Elija im Moment noch nicht einmal im Entferntesten erwartet hätte.
Warum war mir denn nicht früher eingefallen, dass er gar nicht wusste, warum ich ihn nicht komplett ausgesaugt, sondern von ihm abgelassen hatte. War klar, dass er nichts mitbekommen hatte. ''Da.. war eine Katze bei den Mülltonnen. Hat den Deckel runtergeworfen.'', erklärte ich dann und musste leicht lächeln. Hoffentlich hatten sich jetzt all die Tiere in ihren Unterschlüpfen versteckt, bei diesem Gewitter.. Jaja, ich schon immer recht tierfreundlich gewesen, hatte auch schonmal ein kleines Kätzchen augezogen, welches aber bald verschwand. Aus welchem Grund auch immer. Besonders Vögel mochte ich. Sie waren für mich ein Zeichen der Freiheit. Wieder erinnerte ich mich an den Feuertölpel, der Elija und mich sozusagen zusammen gebracht hatte. Ja, der Gesang war wirklich schön und selten zu hören. Mein Blick folgte dem Kailasa, der sich erhob und umzuschauen schien. ''Setz dich wieder..'', meinte ich, nachdem ich halb aufgesprungen war und Zasha an der Schulter wieder Richtung Sofa gedrückt hatte. ''Ich gehe suchen.'' Ich kannte mich sowieso besser hier aus, da das mein zweiter Rückzugsort war. Kurz bevor ich losgegangen war, wollte er wissen, wie alt ich denn bin. ''Tja.'', antwortete ich frech, verriet es ihm dann aber trotzdem. ''ich bin 17.'' Ob er mich zu jung fand? Naja und wenn schon, man konnte nichts dran ändern. Dann war ich auch schon losgegangen, um etwas Holz zu suchen. Zuerst in die Räume hier unten, aber da war nichts Nützliches zu finden. Zumindestens nichts, dass man als Feuerholz verwenden konnte. Nur eine Decke, die uns vielleicht zu gunsten sein konnte, fand ich. Diese hang ich erst einmal an das Gelände der Treppe, die in den Keller führte. Denn da wollte ich als nächstes hin. Es war ziemlich finster, weshalb ich mich kurz an die Lichtverhältnisse hier gewöhnen musste. Aber schon bald erkannte ich Umrisse, lief langsam und suchend durch den Raum. Und siehe da! Da war tatsächlich ein wenig Holz. Naja es waren eher irgendwelche Bretter, die wahrscheinlich mal ein Regal zusammen hielten. Ich stapelte diese paar Bretter übereinander und trug sie hinauf. Schnell zog ich die Decke auf die Ladung und lief in den Eingangs- und Wohnbereich, wo Zasha schon wartete. ''Hab was!'', meinte ich mit leicht freudiger Stimme, da ich es kaum erwarten konnte, vor dem warmen Feuer zu sitzen. Die Decke schmiss ich auf das zerfetzte Sofa, wobei ich die Bretter nur auf einer Hand hielt, sodass diese mir beinahe zu Boden fielen. Schwungvoll schmiss ich sie in den Ofen hinein. Nicht alle passten, weswegen ich die Hälfte erst mal zur Seite legte. Und dann fiel mir ein, dass wir Feuer brauchten. Suchend blickte ich mich um. Wo war denn hier bitte ein Feuerzeug?
Ich sah mich um. Das Haus sah nicht so aus, als wäre vor kurzen jemand hier gewesen. Ehrlich gesagt sah es so aus, als wären die Leute nach dem Bau des Hauses alle verschwunden. Irgendwie war das Haus gruselig, wo ich grade daran dachte. Ich biss die Zähne zusammen und drehte den Kopf zu Kata" Keine Ahnung. Lass einen Eingang suchen. Irgendwo muss es einen geben" Die Spitzen oben am Zaun sahen alles andere, als einladend aus. Der Wind heulte um die alten Mauern und der Regen klatschte laut auf das Dach. Drinnen war es hoffentlich trocken und wärmer als hier, aber dafür mussten wir erstmal reinkommen. Und das würden wir nicht durch rumstehen erreichen, also lief ich verbissen an dem Zaun entlang. Er ging rings um das Haus und schien unendlich hoch zu sein.Da war endlich das verfluchte Tor. Ich lief wieder schneller und blieb vor dem riesigen Tor stehen. Auch hier waren auf den Eisenstangen Spitzen angebracht und ich fragte mich ernsthaft, warum diese Spitzen da oben dran waren. Entweder sollte keiner rein oder keiner raus. Oder beides. Einladend sah es für mich immer noch nicht aus, aber ich trat näher an das Tor und legte meine eine Hand auf das kalte Eisen. Es war nass, wie im Moment alles um uns herum. Inzwischen spürte ich den Regen kaum noch. Die Hoffnung auf einen trockenen Ort machte sich in mir breit und ich wollte endlich aus diesem Gewitter raus. Ich stemmte mich gegen das Gatter und es schwang ein Stück auf. Eine Kette lag am Boden. Warum sie nicht mehr die beiden Tore verband, wusste ich nicht, aber es war mir auch egal solange es jetzt nicht mehr so war. Ich drehte mich zu Kata um. "Ich gehe jetzt rein!", schrie ich ihr gegen den Wind zu, wurde aber von einem Donner übertönt, der über den Himmel rollte. Ich seufzte laut und machte einfach. Nach kurzem Zögern gab ich dem Drang nach Trockenheit und Wärme nach und trat durch den Spalt auf das Gelände um das Haus herum. Ich drehte mich nach Kata um und sagte" Worauf wartest du? Alles okay." Eigentlich wollte ich nur nicht allein sein. Irgendwas hier war echt gruselig, auch wenn ich nicht wusste was. Dieses Bauchgefühl machte mir zu schaffen und allein würde ich auf keinen Fall da rein gehen, egal wie schlimm das Wetter war, nass war ich sowieso schon und kalt auch.
Nein, also von einer Katze hatte ich rein gar nichts mitbekommen. Da war also eine bei den Mülltonnen gewesen und hatte einen Deckel heruntergeworfen. Okay.. nein, hatte ich wirklich echt nicht mitbekommen. Wie auch? In diesem Moment war ich total.. weg gewesen, in dem Augenblick hatte ich überhaupt nichts mehr mitbekommen. Weder, dass die junge Wachi mich ausgesaugt hatte, noch dass sich irgendetwas in unserer Umgebung abgespielt hatte. Naja, immerhin musste ich der Katze wohl wirklich dankbar sein, dass sie da gewesen war. Wer weiß wie viel Blut Renesmee mir sonst noch abgezapft hätte. Aber gut.. spielte ja jetzt auch nicht mehr weiter eine Rolle. Noch lief ich rum.. also war es wohl halb so schlimm. Ich nickte kurz leicht mit dem Kopf, bevor ich dann auch schon aufgestanden war und mich in dem Raum umgesehen hatte, allerdings meinte die junge Frau dann auch schon, dass ich mich wieder hinsetzen sollte. Sie ließ mich nicht einmal etwas erwidern, so schnell wurde ich auch schon wieder zurück auf das zerfledderte, aber dennoch recht.. bequeme Sofa verfrachtet und nickte dann auf ihr ‚Ich gehe suchen‘ hin kurz mit dem Kopf. Ich musterte sie kurz, hätte ich eigentlich liebend gerne geholfen bei der Suche nach irgendetwas, das man verbrennen konnte und damit ein wenig ein Feuerchen schüren konnte. Aber vermutlich würde mir ein bisschen Ruhe gerade doch ganz gut tun. Keine Ahnung wie viel Blut sie mir ausgesaugt hatte, aber auf jeden Fall genug um mich erst einmal ziemlich geschwächt zu haben. Und sie schien sich hier ja auch gut auszukennen.. wenn sie trotzdem Hilfe brauchen würde, würde ich ihr meine Hilfe sicherlich nicht verweigern. Wobei ich sie dann auch rein aus Interesse und ein wenig Neugierde fragte, wie alt sie denn war. Sprach ja nichts dagegen, sie nach ihrem Alter zu fragen oder? Und wenn sie etwas dagegen hatte, konnte sie mir das ja auch sagen. Wenn sie es von mir wissen wollen würde, würde ich ihr mein Alter auch nicht verweigern. Hatte ich nichts dagegen so etwas zu sagen, auch wenn ich jetzt nicht gleich und sofort jedem alles über mich preisgab. Auf ihr leicht freches ‚Tja‘ schaute ich zu ihr auf und in ihre braunen Augen, bevor sie mir auch schon mitgeteilt hatte, dass sie siebzehn war. Siebzehn? Okay. Eigentlich hätte ich sie doch ein wenig älter geschätzt. Auf achtzehn oder neunzehn. „Okay.. ich hätte dich jetzt ehrlich gesagt ein wenig älter geschätzt. Aber Schätzen ist eh nicht so mein Ding..“ meinte ich, zwinkerte ihr kurz zu und schenkte ihr ein mehr oder weniger müdes Lächeln. Dann war sie allerdings auch schon verschwunden, weshalb ich erst einmal ein wenig meine Augen schloss und mehr oder weniger vor mich hin döste, was wirklich ganz angenehm war. Der Wind draußen ging ganz schön heftig, ab und zu hörte man ein Scheppern und manchmal erhellte ein Blitz den Raum in dem ich mich befand, woraufhin einige Sekunden später- oder waren es überhaupt einige Sekunden später?- ein lauter, grollender Donner folgte. Als ich Renesmee allerdings wieder zurückkommen hörte, schlug ich meine grünen Augen wieder auf und lächelte sie an, als sie mit einigen für ein Feuer recht brauchbaren Brettern und einer Decke wieder zurückkam. Ich beobachtete sie, wie sie die Decke neben mich auf das Sofa schmiss und anschließend die Bretter in den Kamin schlichtete, sich dann aber auch schon suchend umschaute. Zuerst verstand ich nicht, wonach sie sich umguckte, aber logischerweise fehlten für ein Feuer noch Streichhölzer oder ein Feuerzeug.. Und ein Feuerzeug.. so eines besaß ich, was mir dann auch prompt einfiel. Ich öffnete den Reißverschluss meiner nassen Jacke, griff in die Innentasche- wo auch mein klappbares Taschenmesser war, meine Waffe- und fischte ein kleines, silbernes Feuerzeug heraus, das zwar schon ein wenig geschunden aussah, aber nach meine Erkenntnissen immer noch hervorragend funktionierte. Klar würde es auch irgendwann leer sein, aber ich benutzte es ja nicht oft und durch den Regen dürfte es ja jetzt hoffentlich nicht auch noch zu Schaden gekommen sein. „Hier.. müsste noch gehen.“ meinte ich und warf es der jungen Frau zu, damit sie die Bretter anzünden konnte.
Ich war wirklich überrascht gewesen, dass er mich älter geschätzt hatte. Nun gut, viele dachten ich wäre ein wenig älter, aber.. das kann ja auch von Vorteil sein. Ich jedenfalls hatte nicht so das Problem damit, noch so jung zu sein. Nö wieso auch? Schätzen ist nicht sein Ding? Das verstand ich nicht wirklich, schüttelte aber leicht grinsend den Kopf, als er mir zuzwinkerte. Naja um wieder auf den jetzigen Moment zurück zu kommen.. Ehe ich mich noch weiter umschauen konnte, zog Zasha meine Aufmerksamkeit auf sich. Er hatte eine Feuerzeug? Na perfekt! Glücklicherweise, sonst hätten wir noch nach etwas entflammbarem suchen müssen und darauf hatte ich eher weniger Lust. Ich hatte das Feuerzeug, welches Zasha mir zugeworfen hatte, sogar aufgefangen, Applaus Applaus. Dann wandte ich mich erleichtert zu ihm um. "Perfekt ausgerüstet.", meinte ich. Ich jedenfalls hatte nicht immer ein Feuerzeug oder Streichhölzer dabei, weil ich nie wirklich davon aus ging, welche zu benötigen.. aber da sieht man mal. Das nächste Mal sollte ich halt davon ausgehen, dass ich jederzeit eins gebrauchen könnte, wie jetzt gerade. Hocken saß ich vor dem Ofen, brachte das silberne Feuerzeug zum Zünden und hielt es an die Bretter. Es dauerte ein wenig, bis dieses überhaupt richtig brannte und das kleine Fünkchen nicht wieder erlosch. Bevor ich mir jedoch den Finger verbrannte, zog ich die Hand weg und schaute wartend ins Feuer. Es wurde allmählich größer und als ich davon aus ging, dass es nicht wieder erlosch, erhob ich mich. Erleichtert ließ ich mich neben Zasha aufs Sofa fallen, legte für einen Moment meinen Kopf auf der Rückenlehne ab und schloss die Augen. Blind fühlte ich nach der Decke, zog sie hervor, weil ich mich ausversehen darauf gesetzt hatte, und legte sie auf meinen Schoß. "Komm ans Feuer.", waren meine Worte, als ich wieder zu Zasha schaute. Er musste sich wenigstens aufwärmen. Also erhob ich mich, da die Flamme sich ziemlich schnell ausgebreitet hatte und nun auch Wärme abgab, und ließ mich vor dem Ofen nieder. Meine Beine wickelte ich an, wobei ich meine Arme um diese schlang und den Kopf auf die Knie legte. Das war ja mal ein Tag heute und dabei war dieser noch nicht vorbei. Außerdem sollte ich mich noch mit Elija treffen, doch jetzt war es noch ein wenig zu früh. Bei diesem Wetter würde ich nicht noch einmal freiwillig raus, ich war doch nicht lebensmüde. Aber bestimmt besserte es sich noch bis dahin, hoffentlich zumindestens. Mein Blick war dem lodernden Feuer gerichtet, während ich ein wenig grübelte.
Und so schnell war das Thema wie alt sie war auch schon wieder unter den Tisch gekehrt. Sollte mich aber auch nicht weiter stören. Ich ging eh davon aus, dass unsere Wege sich früher oder später wieder trennen würden und ehrlich gesagt war mir das sogar auch ziemlich recht. Renesmee war wirklich eine hübsche junge und auch echt nette Frau, aber mehr war da von meiner Seite aus nicht drin. Selbst der Kuss von vorhin hatte für mich nicht weiter eine Bedeutung. Wie gesagt, das war nur ein.. Spielchen gewesen, mehr ein Zeitvertreib wie irgendwie sonst etwas. Da waren weder Gefühle noch sonst etwas mit im Spiel gewesen. Dann fing die junge Wachi auch schon mein Feuerzeug auf, das ich ihr entgegen geworfen hatte. Eigentlich hatte ich keine Ahnung weshalb ich das Ding immer mit mir herumschleppte, aber es war ja auch nichts, was jetzt gleich fünf Kilo wog. War eben mehr oder weniger zur Gewohnheit geworden, dass ich es mit mir herumtrug und siehe da- heute leistete es sogar mal seine Dienste. Auf ihr ‚Perfekt ausgerüstet‘ hin verzog ich meine Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln. „Naja. Sieht man, ja.. wirklich wahnsinnig perfekt ausgerüstet“ murrte ich und zog mir dann auch schon meine klatschnasse Jacke aus, die ich anschließend über eine Stuhllehne hängte, in der Hoffnung, dass sie durch das Feuer wenigstens ein kleines bisschen trocken werden würde. Nachdem das Feuer langsam aber sicher größer wurde, hatte sich Renesmee kurz neben mich auf das alte, kaputte Sofa gesetzt, hatte sich dann aber auch schon die Decke geschnappt und sich damit auf den Boden und vor das Feuer im Kamin gesetzt. Ich erwiderte ihren kurzen Blick, erhob mich dann aber auf ihre Worte hin, dass ich mich auch ans Feuer setzen sollte und setzte mich in doch einem gewissen Abstand neben sie an das knisternde und lodernde Feuer, das tatsächlich ein wenig Wärme spendete. War angenehm.. ja. Ich warf der jungen Wachi einen kurzen Seitenblick zu, bevor ich meinen Blick wieder auf das Feuer richtete, das sich durch die Bretter fraß. Draußen wütete der aufziehende Sturm und es hörte sich wirklich so an, als ob es in absehbarer Zeit auch nicht mehr anders werden würde. Der Wind heulte um das Haus, welches ächzte und ich hoffte wirklich, dass es noch so lange halten würde, bis ich mich wenigstens ein bisschen ausgeruht haben würde. Unwillkürlich fuhren meine Finger der einen Hand an die Schnittwunde an meinem Hals, die Renesmee mir mit ihrem Dolch zugefügt hatte. Brannte, schmerzte auch ein wenig- aber immerhin blutete sie nicht mehr. „Da scheint sich was zusammenzubrauen da draußen..“ meinte ich mit rauer Stimme, fuhr mir dann mit der Zunge kurz über die trockenen Lippen- bereute es aber auch sogleich, da ich dann den metallischen Geschmack meines Blutes im Mund hatte, denn Renesmee hatte ja unbedingt der Meinung sein müssen, mir mein eigenes Blut auf die Lippen schmieren zu müssen. Ich seufzte leise, verbot es mir aber mein Gesicht zu verziehen und starrte stattdessen nach einem kurzen Blick zu Renesmee wieder ins Feuer.
Ich hatte Zasha nicht gefragt, wie alt er denn ist, weil ich es in der Hektik irgendwie vergessen hatte. So wichtig war es ja aber auch nicht, oder? Ich ging davon aus, dass er ein wenig älter war als ich. Nicht sehr viel älter, das merkte man an seinem Verhalten. Deswegen konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass er eigentlich viel älter war als er aussieht. Naja.. und nun saßen wir hier ein wenig vor dem Feuer und ich fragte mich, wie lange das noch andauern konnte. Vielleicht waren wir bald nicht mehr sicher hier. Bei Zashas Worten blickte ich auf, um zuerst ihn an zu schauen und dann aus dem Fenster zu gucken. Viel erkannte man nicht, da der Regen in Strömen dagegen prasselte. ''Oh ja. Ich hoffe wir überleben das noch.'' Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Meine Worte waren eher spaßig gewesen, weil das Unwetter irgendwann vorbeiziehen oder ganz aufhören würde - zumindestens dachte ich, dass es schnell vorbei war, aber man kann sich genauso gut irren.. In mir stieg langsam auch leichte Müdigkeit auf. Wenn man vor dem gemütlichen Feuer saß, einfach entspannen konnte und dem Unwetter da draußen von innen, einem geschützten Platz, zusehen konnte. Irgendetwas über uns quietschte, weswegen ich mit gerunzelter Stirn über mir auf die Decke starrte. Na hoffentlich war das nicht das Dach. Das Haus war schon alt, also konnte es auch sein, dass nur die Dielen oben geknartscht hatten. Ein wenig sorgen machte mir das Ganze aber schon. Denn ich wollte nicht daran denken, was passieren würde, wenn die alte Hütte dem Unwetter nicht mehr stand halten konnte.. Im Notfall mussten wir hinaus, mal wieder. Aber wohin sollten wir dann gehen? Überall war es bestimmt genauso unsicher, da die Stadt ja nicht mehr aus den neusten Häusern bestand. Meine braunen Augen fielen wieder auf Zasha, als ich mir sicher war, dass da oben nichts passieren konnte. Ich war mir bewusst, dass sich unsere Wege bald trennen würden, aber so war es nunmal. Naja, jede Person sah man zweimal im Leben. Und so schlimm fand ich es jetzt auch nicht. Klar war Gesellschaft schön und auch abwechslungsreich, aber selbst wenn ich Zasha noch einmal gegenüber treten würde, dann nur als Bekanntschaft. Mehr würde da nicht sein, das wusste ich. Zumindestens spürte ich nichts derartiges, das mir sagte, da wäre mehr zwischen uns. Er ist ein attraktiver Mann, mit dem ich mich doch recht gut verstehe, aber dabei bleibt es dann auch. Wer weiß.. Vielleicht Freundschaft oder so, aber mehr nicht. Es gab eben so einige Personen, mit denen man besser befreundet bleiben sollte. Ein müdes Lächeln huschte über meine Lippen, als ich meinen Blick wieder dem Feuer widmtete. Also froh, ihn getroffen zu haben, war ich auf jeden Fall. Er hat meinen Tag um einiges bereichert und ist an sich eine gute Persöhnlichkeit. Und dann fiel mir ein, dass Zasha doch Hunger haben musste.. Oder es ihm wenigstens besser gehen würde, wenn er sich jetzt nähren könnte. Ich hob meinen Kopf, den ich soeben noch auf die Knie gestützt hatte, an und blickte zu dem Kailasa. ''Du hast doch bestimmt Hunger..'', deutete ich dann vorsichtig an und musterte ihn.
Als Renesmee zum Fenster blickte, folgte ich ihrem Blick. Aber viel sehen konnte man da tatsächlich nicht. Die Regentropfen prasselten gegen das trübe Glas und draußen war es wirklich richtig schwarz. Viel sah man also wirklich nicht. Außer es blitzte und das tat es momentan wirklich oft.. Jedes einzelne Mal gefolgt von einem Donner, der einem wirklich durch Mark und Bein kroch. Angst hatte ich nicht vor Gewittern, wäre ja auch noch schöner. Aber es gab durchaus schöneres Wetter als dieses gerade. Gegen Regen hatte ich im Prinzip ja nichts, aber dennoch mochte ich eher leichten Regen und nicht gleich solche Sturzfluten, wie sie gerade vom Himmel herunterkamen. Ihre spaßigen Worte ließen mich leise auflachen, ihr kurz in die braunen Augen schauen. „Heutzutage kann man nie wissen.. und es sieht auch nicht so aus, als würde es bald aufhören..“ meinte ich dann doch etwas ernster, ignorierte das Quietschen über uns. Wenn die Hütte jetzt der Meinung sein musste einzufallen.. dann konnten wir eh nichts dagegen tun. Wir würden nur schnell genug sein müssen und aus der Hütte rauskommen, bevor sie ganz und gar eingefallen sein würde. Tja und dann.. würden wir uns durch das Unwetter da draußen durchkämpfen müssen und irgendwo anders hingehen müssen. Ich überlegte gerade sogar, wo man noch Schutz suchen könnte. Aber mir fiel auf Anhieb nicht direkt etwas ein. Die meisten Gebäude waren alle miteinander baufällig und würde sich dieses Unwetter noch zuspitzen, dann würde der kleinste Windhauch genügen um die Häuser und Hallen umzupusten wie Streichhölzer. Die Natur holte sich nach und nach eben alles zurück. Und da würde sich vor nichts Halt machen. Vor nichts und niemandem. Wir Kailasa und genauso die Wachiwi und die Achak hatten sich aus den Menschen entwickelt.. wir waren anpassungsfähig und konnten uns anders ernähren als die Menschen. Aber wir waren auch nicht unsterblich. Wir hatten auch mit der Natur zu kämpfen und mussten schauen, wie wir am besten dran waren und wie wir überleben konnten. Erbarmen kannte die Natur nicht. Die Welt war kein Kinderspielplatz mehr, wo man tun und lassen konnte was man wollte. Sie war gefährlich und machte man einen Fehltritt, konnte das einem schon das Leben kosten. Einfach war jetzt also wirklich gar nichts mehr. Ich schaute zurück ins Feuer, als ich aber bemerkte, dass Renesmee mich anschaute, richtete ich meine grünen Augen auf sie und runzelte ein wenig die Stirn, wusste nicht, was sie von mir wollte. Als sie dann aber auch schon meinte, dass ich sicherlich Hunger haben musste, zog ich ein wenig meine Augenbrauen zusammen und presste einen Moment meine Lippen aufeinander. Worauf wollte sie denn jetzt hinaus? Dass ich sie angreifen sollte, ihr Leid und Schmerz zufügen sollte? Nur damit ich jetzt schleunigst wieder auf die Beine kam? Trotzdem antwortete ich ihr: „Hmm.. Geht schon.“ Ja, es ging wirklich noch.. auch wenn ich nicht wusste, wie lange es noch auszuhalten war. Denn auch wenn ich das Hungergefühl in mir bis jetzt erfolgreich ignorieren konnte, irgendwann würde ich das nicht mehr können..
Auf seine Worte hin wandte ich meinen Blick schnell wieder ab und beobachtete das flackernde Feuer. Geht schon? Er hatte bestimmt Hunger. Das sah man ihm doch an. Und angegriffen hätte er mich vorhin auch nicht, wenn er keinen Hunger gehabt hätte. Anlügen kann man mich nicht. Wir Wachiwi waren gute Menschenkenner und konnten wirklich gut an Mimik und Gestik ablesen. Und so war es jetzt auch. Mir war, kurz bevor ich meinen Blick abgewandt hatte, aufgefallen, wie er seine Augenbrauen zusammen zog und die Lippen ein klein wenig aufeinander presste. Hätte er nicht gelogen, hätte er diese kleine Mimik wahrscheinlich auch nicht aufgesetzt. Überlegend saß ich da, spielte an meiner Kette, die sonst nicht zu sehen war, da ich sie immer schön unter meinem Oberteil versteckte. Es war so etwas wie ein Glücksbringer für mich, deshalb versteckte ich sie auch. Weil sie mir einfach zu kostbar war und schnell abreißen konnte, wenn sie einfach so an meinem Dekolté hing. ''Ich weiß doch ganz genau, dass du Hunger hast.'', meinte ich schließlich mit fester Stimme, jedoch ohne Zasha anzuschauen. Ich jedenfalls war jetzt satt, eigentlich komplett genährt. Nicht noch einmal würde ich in so eine Art Trance wie vorhin verfallen, als ich den Kailasa beinahe aussaugte. Nein, mein Bedrüfnis war jetzt für eine Weile gestillt und immerhin musste ich in spätestens einer Woche wieder Blut zu mir nehmen, sonst konnte es eng werden. Ich ließ meinen Anhänger los und betrachtete meine Handgelenke, die noch leicht andeuteten, dass Zasha mich vorhin an ihnen gepackt hatte. Es schmerzte nicht, war nur ein wenig blau. Grübelnd betrachtete ich sie, bis ich langsam wieder meinen Kopf zu dem jungen Mann umwandte. ''Ich würde mich sogar freiwillig dazu bereit erklären, solange du mich nicht umbringst.'' Meine Lippen wurden zu einem leichten Grinsen, aber die Worte, die ich gerade gründlich gewählt hatte, waren komplett ernst gemeint. Wirklich ernst. Er hatte mir, auch wenn etwas unfreiwillig, etwas von seinem Blut gegeben und jetzt konnte ich ihm genau das Gleiche bieten: Und zwar Schmerz. Das, das ihn nährte und das er begehrte. War doch so etwas wie eine Gegenleistung, oder?
Natürlich wusste sie, dass ich Hunger hatte. Hätte ich mein Gesicht nicht verzogen, hätte ich meine Augenbrauen nicht zusammengezogen und meine Lippen nicht aufeinander gepresst, dann wäre es ihr vielleicht nicht so schnell aufgefallen, dass sich in mir von Sekunde zu Sekunde immer mehr und mehr dieses.. unerträgliche Hungergefühl nach Schmerz und Leid ausbreitete. Direkt angelogen hatte ich sie nicht.. ich hatte ihr lediglich die.. ganze Wahrheit verschwiegen. Ich musste ihr ja auch nicht gleich direkt unter die Nase reiben, dass ich mich bald von irgendjemandes Schmerz und Leid, Qualen nähren musste, um wieder zu Kräften zu kommen, oder nicht? Das kam mir irgendwie falsch vor, vor allem weil sie sich ja auch schon ziemlich für das.. Vorgefallenen schämte. Das konnte ich ihr ja genauso ansehen. Ich wusste, dass es ihr Leid tat, dass sie mir mein Blut ausgesaugt hatte. Rückgängig machen konnte man es allerdings jetzt auch nicht mehr und damit würden wir beide leben müssen. Und können. Es war nun einmal so und umgebracht hatte es mich ja glücklicherweise auch nicht. Sie schwieg einige Augenblicke lang, in denen ich durchgehend in das Feuer vor uns starrte und ein wenig dem Unwetter draußen lauschte. Das, wie erwartet, schlimmer zu werden schien. Dann hörte ich sie aber auch schon mit ziemlich fester Stimme sagen, dass sie doch ganz genau wusste, dass ich Hunger hatte. Ja.. sie wusste es ganz genau und ich wusste es auch ganz genau. Allerdings sagte ich ganz bewusst erst einmal noch nichts darauf, ließ mir ihre Worte nur durch den Kopf gehen und hoffte irgendwie auch, dass sie sich mir jetzt nicht auch noch.. anbieten würde. Nein. Das sollte sie einfach nicht. Irgendwann und früher oder später würden wir eh hier rausgehen müssen, dann würden sich unsere Wege wieder trennen und irgendwo würde ich schon mein nächstes Opfer finden. Eines, das ich nicht kannte, eines, das nicht so war wie Renesmee. Oder auch eines, das nicht so war wie Pandora. Himmel, wenn das so weitergehen würde, dann würde ich bald jede einzelne Frau verschonen müssen, weil irgendetwas Besonderes an ihr war. Ging aber nicht und konnte ich nicht. Ich musste mich genauso ernähren wie jeder und wie jede andere auf dieser gottverdammten Welt, die doch gerade tatsächlich unterzugehen schien. Scheißwetter. Und dann kam auch schon das, was ich eigentlich nicht.. wollte. Am liebsten hätte ich Renesmee gerade wirklich den Mund zugeklebt und sie hier alleine gelassen. Ich warf ihr einen leicht.. finsteren Blick zu, schaute ihr in die braunen Augen und schnaubte leise, als sie meinte, dass sie sich mir freiwillig anbieten würde, solange ich sie nicht umbringen würde. Ihre Worte waren ernst gemeint, das konnte man ja wirklich nicht überhören.. Ihr leichtes Grinsen auf den Lippen allerdings verärgerte mich irgendwo ein wenig. Warum? Weil ich doch selbst ganz genau wusste, dass Schmerzen nichts waren, woran man sich liebend gerne erinnerte. Und würde ich mich von ihr nähren, würde ich ihr genau solche Schmerzen zufügen müssen, die schrecklich waren und an die sie sich mit Sicherheit erinnern würde. „Nein. Ich weiß nicht, ob ich dann aufhören kann. Ich.. finde schon irgendwann.. was.“ meinte ich mit trockener, rauer Stimme und wandte meinen Blick wieder von ihr ab. Richtig.. ich hatte keine Ahnung, ob ich es schaffen würde, wieder von ihr abzulassen. Ich hatte wirklich zunehmend wahnsinnigen Hunger und würde ich einmal in diesen Rausch verfallen, dann würde es mir sicherlich richtig schwer fallen, wieder aufzuhören und von ihr abzulassen..
Als würde ich freiwillig in diesem Mistwetter stehen bleiben! Ich folgte Keyaum den Zaun herum. Das Haus schien für die derzeitigen Verhälltnisse relativ gut in Schuss zu sein. Es war vermutlich für die Ewigkeit gebaut worden... Dennoch hatte es etwas einschüchternes und düsteres an sich. Mir lief ein Rinnsal kalen Regenwassers den Rücken runter und ich erschauderte. Diese Festung würde uns vor dem Unwetter schützen, egal wie abweisend es auf uns auch wirken mochte - alles war besser, als in dieser kalten und nassen Hölle zu unterkühlen. Als ich durch den Spalt zwischen den breiten Torflügeln schlüpfte stieß ich mit dem Fuß gegen die Kette am Boden. Irgendwer wollte wohl niemand fremdes in diesem Haus wissen... bis jetzt.
Der Donner verschuckte Keylas Worte und ließ mich kurz zusammenzucken. Ganz ruhig... mahnte ich mich mich selbst. Wir waren vermutlich nicht die einigen Personen da drinnen, aber damit mussten wir wohl klar kommen. Ich folgte Keyla bis zu der Türe, die wohl irgendwann mal der Haupteingang gewesen war. "Hoffen wir auf das Beste..." und bereiten uns auf das schlimmste vor... Zögernd legte ich eine Hand auf die Tür und drückte leicht. nichts geschah. Klemmte wohl etwas...Das Schloss war bereits aufgebrochen worde, also war das Gebäude bereits von Plünderern ausgeschlachtet worden. Schade... Ich stellte mich einen Schrit von der Tür weg und drehte mich leicht zur Seite. Dann atmete ich kurz tief durch, bevor ich zutrat. Direkt unter die Aufgebrochene Stelle. Die Feuchtigkeit hatte die Tür wohl verzogen, aber als ich kräftig dagegen trat gab sie nach und schwang quietschend auf. Na bitte, ging doch! Vorsichtig sah ich in das, hoffentlich trockene, Innere des Gebäudes.
Ich folgte Kata die kleine Treppe rauf und blieb neben Kata einen Moment stehen. Die Tür war überdacht und spendete ein wenig Trockenheit und Windschutz. Dann trat ich langsam durch die dicke Holztür nach innen. Hier war es trocken, staubtrocken. Überall hatte sich staub auf das ganze Zeug gelegt, das hier rumlag. Es sah aus, als wäre eine Horde Menschen panisch durch die Räume gerannt und hätte alles zerstört, was ihnen in den Weg kam. Ich fand es hier alles andere als gemütlich. Ich lief ein paar Schritte durch den Raum und sah mich um. Die Wände waren einmal weiß gestrichen gestrichen gewesen, jetzt verfärbte sich langsam alles und blätterte ab. Ich sah mich weiter um, betrachtete den Dreck am Boden, an den Wänden und sogar an der hohen Decke. Dieses Haus war ganz und gar nicht meins. Ich fand es hier gruselig und einschüchternd. Nach dem Unwetter würde ich schleunigst verschwinden, aber wenigstens war es hier trocken und still. Den Sturm hörte man nur gedämpft durch die dicken Wände des Hauses. Ein Blitz erhellte den Himmel und warf Licht durch die Fenster auf den Boden. Ich zuckte zusammen und drehte mich geblendet von dem plötzlichen Hell zu Kata um. Ich zog meinen Rucksack vom Rücken und hockte mich auf den Boden, damit ich ihn abstellen konnte. Nachdem ich den Reißverschluss geöffnet hatte, inspizierte ich meine Sachen. Alles war feucht, aber weitestgehend trocken. Zum Glück, sonst hätte ich ein echtes Problem gehabt.
Okay, ich hätte mir doch denken können, dass er das nicht macht. Gerade, weil er schon versucht hatte, mich davon zu überzeugen, dass er keinen Hunger hat. Ich hätte so ein Angebot auch nicht angenommen, aber.. vorgeschlagen hatte ich es trotzdem. Und irgendwie hatte er recht. Was, wenn er sich nicht kontrollieren konnte, wenn alles eskalieren würde und ich keine Chance mehr hätte? - Eben so, wie es vorhin schon einmal war. Gegen einen aggressiven Kailasa hätte ich Null Chance, da ich ihm sowieso unterlegen war. Besonders körperlich. Auch, wenn ich gut genährt war und er geschwächt, gäbe es für mich wahrscheinlich keine Möglichkeit, mich zu wehren... Schweigend blickte ich Zasha an, atmete etwas tiefer aus und legte meinen Kopf wieder auf meine Knie. Aber vielleicht konnte ich die Schmerzen ertragen? Naja, überzeugen konnte ich ihn trotzdem nicht. Sein Blick war kalt und verständnislos, sogar ein wenig verärgert, weswegen mein Grinsen mittlerweile verschwunden war und ich ihn bloß anschaute, ohne irgendeine Regung zu zeigen. Was sollte ich denn noch sagen? Tun konnte ich auch nichts. Mittlerweile ging es mir jedoch schon ein wenig besser. Das Feuer hatte mich wieder einigermaßen aufgewärmt. Zwar war ich noch nass, doch langsam trockneten meine langen Haare. Bis diese jedoch ganz trocken wären, dauerte es noch eine ganze Weile, da mein Haar nicht das dünnste ist und es so umso länger dauerte. Ein paat mal fuhr ich mir durch die Haare, versuchte sie so gut wie möglich zu ordnen. Echt erstaunlich, dass sie mittlerweile nicht komplett verknotet und zerzaust waren. ''Und was schhlägst du jetzt vor? Willst du hinaus gehen und dir bei dem Wetter dein Essen suchen gehen?'', fragte ich ihn nun direkt, nachdem ich wieder von meinen Haaren abgelassen hatte und mich mit dem Rücken gegen das Sofa lehnte, um meine Beine ein wenig auszustrecken. Es war schon ein wenig unangenehm in nasser Jeans so zu sitzen.
Besucher
0 Mitglieder und 4 Gäste sind Online Wir begrüßen unser neuestes Mitglied: † Nifano van Borken † Besucherzähler Heute waren 64 Gäste online. |
Forum Statistiken
Das Forum hat 33
Themen
und
5063
Beiträge.
Heute waren 0 Mitglieder Online: |
Einfach ein eigenes Xobor Forum erstellen |