![]() |
|
Wir waren ja nicht weit weg gewesen von der Stadt und als ich dann den vertrauten, harten Asphalt unter meinen Füßen spürte, wuchs meine innere Anspannung weiter. Irgendwie hatte ich das Gefühl, als müsste ich Renesmee beschützen, obwohl sie das vermutlich alleine ebenso gut hinbekommen würde. Vermutlich sogar besser, als wenn du es machst , schoss es mir durch den Kopf. Die Gegenstände, die hier schon durch die Luft gewirbelt wurden, nahm ich wahr, klar, aber es war schwer sie ganz genau einzuschätzen – ich war ja auch kein Übermensch und nur, weil meine Sinne ausgeprägter waren, entging mir ab und an mal etwas. Klar, ich nahm auch in größerer Entfernung wahr, wenn ein Ziegel seinen festen Platz auf einem Dach verließ – das war ja aber auch ein lautes Geräusch – oder hörte Metall über den Boden kratzen, obwohl zwei Kreuzungen dazwischen lagen, aber das waren alles nur Dinge, die andere Dinge noch berührten. Sobald etwas vollständig in der Luft war, nahm ich es nur noch wahr, wenn es kurz vor mir war. Da merkte ich den Luftunterschied, hörte das ‚Summen’, dass das Ding bei der Bewegung ausstieß und so, aber es war deutlich schwieriger.
Irgendwann zwischendurch hatte ich Renesmees Arm vermutlich losgelassen, jedenfalls fiel mir auf, dass ich sie nicht mehr berührte, als sie mich ansprach. Irgendwie war ich so in meinen Gedanken, in meiner vollen Konzentration, vertieft gewesen, dass ich nur noch so vor mich hin gelaufen war ohne wirklich etwas wahrzunehmen – mal abgesehen von dem Wetter und so. Auf ihre Frage hin blickte ich dann in ihre Richtung und zog die Augenbrauen leicht nach oben. „Und dich lasse ich einfach so in einer verwüsteten Stadt, die immer weiter zerfällt zurück? Ich glaube mein Stamm schafft das auch ohne mich“, erwiderte ich, entspannte anschließend meine Mimik und griff nach ihrer Hand. Zum einen tat ich das, weil ich es gerne wollte. Zum anderen aber auch, um nach links abzubiegen, weil wir dort durch eine mir recht sicher erscheinende Straße kamen. Die Häuser links und rechts waren noch relativ stabil – aktuell standen sie jedenfalls – und ein wenig höher, sodass sie den Wind und den Regen ein wenig abhielten. Dass wir inzwischen schon durchnässt waren, obwohl es gar nicht so sehr regnete, fiel mir überhaupt nicht auf. Machte ja aber auch keinen Unterschied, oder? Wir bewegten uns in die Richtung einer Ecke der Stadt, wo ich bisher erst selten gewesen war. Ein wenig abgeschiedener und fast schon auf der anderen Seite der Stadt – wir waren wohl eine Weile gelaufen. Aber die Gebäude hier waren, wenn sie nicht vollkommen zerstört waren, irgendwie standhafter hatte ich das Gefühl. Jedenfalls kam es mir so vor, als wären hier noch ein paar mehr weniger verwüstete Häuser, aber sehen tat ich es ja nicht. Ich machte es nur am Wind aus und der täuschte mich ja manchmal leider auch.

Was hatte ich denn erwartet? Dass ich freundlich begrüßt werden würde? Selbst der Blick des jungen Mannes sprach für sich. Feindselig bis dorthinaus. Und der Blick des kleinen Mädchens war auch alles andere als fröhlich. Beide hielten sie auch noch ein Messer in der Hand, als würden sie mich sofort abstechen wollen, wenn ich auch nur einen winzigen Schritt nach vorne und in ihre Richtung machen würde. Was mich allerdings auch irgendwie verwirrte, war, dass sie vor der Achak nicht unbedingt Angst zu haben schienen. Deren Angst schien mehr wegen mir zu sein. Fand ich ein wenig seltsam, zumal Achak eindeutig töten mussten um die Seele eines Wesens zu bekommen.. wir Kailasa hingegen mussten nicht unbedingt töten. Wo wir gerade wieder dabei wären.. ich hatte die junge Frau vorhin ja auch getötet, obwohl ich es nicht hätte tun müssen. Andererseits- wenn ich es nicht getan hätte, dann hätte es vielleicht jemand anderes getan. Ich hätte ja nicht einmal aufhören können ihr Schmerz und Leid zuzufügen. Der Rausch hatte mich fest in seinem Griff gehabt. Aber zurück zum Hier und Jetzt. Die Frau war tot und ich konnte sie nicht mehr zurückholen. Fertig. Ich bedachte den jungen Mann mit einem kühlen Blick, bevor mein Blick zu dem kleinen Mädchen wanderte, das er schützend an sich drückte. Vielleicht seine kleine Schwester? Liebend gerne hätte ich ihn gerade ein wenig damit provoziert, das kleine Mädchen ein wenig anzupöbeln. Aber bevor ich das hätte tun können, forderte die junge Brünette schon wieder meine Aufmerksamkeit, weshalb ich meine grünen Augen auf sie richtete. Sie schien wirklich geschockt zu sein, wieder auf mich zu treffen. Gehen würde ich allerdings nicht. Garantiert nicht. In Pandoras Blick lag Panik und Angst. Konnte ich ihr ja auch wirklich nicht verübeln. Ich wusste auch nicht so recht, was ich mir für eine Antwort auf meine Worte erhofft hatte. Erstmal kam ja allerdings gar keine. Eigentlich hatte ich nicht gedacht, dass sie auf den Mund gefallen war. Als ich sie angegriffen hatte, hatte sie mich ja auch mit ihren Worten regelrecht bombardiert, bis ich letztendlich und gerade doch noch rechtzeitig von ihr abgelassen hatte, weil mich ein.. schlechtes Gewissen überkommen hatte. Bis jetzt hatte das auch noch nicht wirklich sonst jemand geschafft. Dann kam allerdings doch eine Antwort und der leichte trotzige Unterton in ihrer Stimme war auch nicht zu überhören. Es ging mich also nichts an? Das sah ich aber eigentlich schon etwas anders. Ich zog eine Augenbraue leicht in die Höhe, beobachtete sie, als sie ihre Hand von ihrem Hals wegnahm und mir dadurch den Blick auf ihren Hals freigab. Auf ihren geschundenen Hals mit den noch deutlich sichtbaren Würgemalen. Tat mir ja doch schon irgendwie leid. Wirklich. Sollte ich mich entschuldigen? Wäre wohl angebracht.. Nur- konnte ich das? Ich war nicht gut darin mich zu öffnen, ich war nicht gut darin mich bei anderen zu entschuldigen. Ich war gut darin zu schauspielern und anderen die Hölle auf Erden zu zeigen. Auch wenn ich anders konnte. Aber vor allen Dingen war ich erst recht nicht gut darin mich zu entschuldigen, wenn drei andere Augenpaare auf mich gerichtet waren. Ich starrte Pandora einen Moment lang mit meinen grünen Augen an und verbot es mir mein Gesicht kurz zu verziehen- dann wurde ich von der Achak aus meinen Gedanken gerissen. Ihre Worte.. oh, sie sollte bloß ihre Zunge hüten! Sonst würde sie das noch bereuen. Egal ob ich noch Hunger verspürte oder nicht. Sie würde es bitter bereuen. Ich provozierte andere auch sehr gerne.. aber genauso gut war ich auch selbst zu provozieren. Leider. „Ich habe das Gefühl, dass du mal kennenlernen möchtest, was richtige Schmerzen sind“ knurrte ich mit rauer Stimme und schaute die weißhaarige Frau mit wütend funkelnden Augen an. Dass ich mich in diesem Moment dann aber auch noch anspannte, konnte ich nicht verhindern. Wer ließ sich schon gerne Muster in die Haut ritzen, hm? Das waren nochmal völlig andere Schmerzen wie ich sie jemandem zufügte. Und würde sie mich weiterhin so provozieren, dann konnte sie sich aber wirklich auf einige höllische Qualen gefasst machen. Das konnte ich ihr versprechen.


Gerade als ich ihr antworten wollte bedeutete sie mir still zu sein, also schwieg ich. Vielleicht hatte ich mir die Stimmen doch nicht eingebildet, viellicht waren da unten tatsächlich mehr Personen als nur der Kailasa. Die Frage war nur ob sie auf Streit aus waren, oder ob sie einfach nur Schutz vor dem Unwetter suchten, so wie wir. Mein Blick glitt immer wieder in Keyas Richtung. Sie schien eher wütend als verunsichert über die weiteren Gäste zu sein. "Lass uns nachsehen gehen..." flüsterte ich und versuchte ihre Selbstsicherheit nachzumachen. Es würde wohl ausreichen müssen, wenn mein Gegenüber glaubte ich hätte keine Angst vor ihm. Und oft half es mir auch, mir das selbst vorzumachen. Ich straffte die Schultern und schlich so leise wie möglich zur Treppe. Dort wartete ich darauf, dass Keya mir folgte. Vorsichtig lugte ich um die Ecke und suchte nach einem günstigen Blickwinkel auf die Anwesenden. Es war den Stimmen nach inzwischen mindestens eine weitere Frau dort in der Eingangshalle. Die Stimme des Mannes klang wütend und seine Drohung bestätigte Keyas Aussage, er sei ein Kailasa. Für mich klang das jedenfalls nicht nach einem Menschen. Es war wohl besser, wenn er uns erstmal nicht bemerkte und wir weiter das Geschen beobachten konnten. Wieder sah ich fragend zu Keya. Vielleicht schätzte sie die Situation ja anders ein. Aber ich glaube keine von uns beiden wollte sich grundlos mit dem Kerl dort unten anlegen. Bei der Frau war ich mir noch nicht sicher, was ich von ihr halten sollte. Aber sie schien es auf jedenfall zu provozieren, dass der Kailasa sie angriff...

Mir war aufgefallen, wie ich die eingeatmete Luft nun anhielt und leicht angespannt auf eine Antwort seinerseits wartete. Als seine Worte jedoch zu mir durchdrangen, während ein lauter Donnergroll die Gegend heimsuchte, atmete ich sichtlich erleichtert wieder aus. Ja, diese Worte bedeuteten mir tatsächlich etwas und ich fühlte mich dadurch doch ein wenig sicherer. Alleine durch die Stadt zu laufen war wirklich keine allzu gute Idee. Gerade, weil ich mögliche Gefahren vielleicht nicht schnell genug wahrnehmen konnte - und besonders gut könnte ich mich nun auch nicht wehren, da ich halt kein Kailasa oder Achak bin und schon gar nicht erst ein Mann mit so viel Kraft. Ich konnte schon behaupten, dass ich in guter Verfassung war, da ich erst vor kurzem genug Männerblut getrunken hatte - es tat mir immer noch schrecklich leid, wenn ich nur daran dachte, wie ich den Kailasa Zasha zugerichtet hatte - und dementsprechend auch ein wenig mehr Kraft besaß als vorher. Apropos Trinken.. Da musste ich doch gleich wieder an den vorherigen Tag denken, wie Elija und ich uns etwas geteilt hatten. Mein Blick huschte für einen Moment zu ihm. So einen netten Achak würde ich vermutlich nie wieder in meinem Leben treffen. Ob er zu jeder Person so aufgeschlossen wäre, die eine Wachi ist?, dachte ich mir dann zweifelnd. Ja, es konnte doch sein, oder? Schließlich war es möglich, dass ich ihn auf irgendeine Weise von meiner Wachiwi-Seite beeinflusst habe, ohne es doch so wirklich beabsichtigt zu haben.. Diese verdammten Zweifel. ''Ach denkst du ich schaffe es nicht, lebendig aus der Stadt zu kommen?'', fragte ich nun grinsend und mit leichter Herausforderung in der Stimme, als die Zweifel doch ein wenig weggezaubert wurden, sobald er nach meiner Hand griff. Es war so fremd, aber irgendwie auch bekannt.. schließlich hatte ich schon einmal seine Hand gehalten. Wenigstens einer, der mich nicht im Stich lassen würde., fügte ich dann noch in Gedanken hinzu. Nicht jeder würde mit mir durch die Stadt laufen, so wie er es tat. Manche wären bei dem Wetter vermutlich auch gar nicht erst in den Wald gekommen, um sich die Mühe zu machen, irgendein fremdes Mädchen zu treffen. Tja, aber er hatte es getan.. Meinen Gedanken hinterhertragend folgte ich ihm ohne zu zögern, da ich einfach mal davon ausging, dass er mich nicht irgendwo an einen gefährlichen Ort bringen würde, wenn er denn so genau wusste, wo er hin wollte - zumindestens schien es so. Die Gasse, in die wir eingebogen sind, schien noch nicht ganz so unsicher zu sein, aber wie konnte er das bloß 'sehen'?

Wow. Mit einer solchen Ignoranz hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Andererseits sollte es mir gerade recht sein, dann konnten wir uns nämlich wieder unentdeckt aus dem Staub machen, denn Zasha und die Weißhaarige – die ich als Achak einschätzte, was die Situation nicht besser machte – schienen sich ebenfalls zu kennen. Der Gute war also mit mehreren aneinander geraten und schien auch gar nicht den Wunsch danach zu haben dies weniger geschehen zu lassen. Nur zu, sollte er sich mit der Frau anlegen und weder mir, noch Jareth und seiner kleiner Schwester weiter Beachtung schenken. Genauso wie die Achak sich einfach auf Zasha konzentrieren sollte. Von mir aus konnten sie sich auch gegenseitig den Gar aus machen, solange sie mir fern blieben. Mir und wie gesagt auch Jareth und der kleinen Zoe. Und ja, ich wollte hier immer noch weg, gleichermaßen war ich mir allerdings bewusst, dass es mir nicht viel bringen würde wieder raus zu gehen. Der Sturm, das Unwetter nahm immer weiter zu und immer größere Ausmaße an, weswegen es Selbstmord wäre wieder hinaus zu gehen und nach einem sichereren Ort zu suchen wie diesem. Andererseits war es vielleicht auch glatter Selbstmord hier zu bleiben. Alleine schon wegen des Kailasa dessen Bekanntschaft ich gemacht hatte. Und dann kam noch die Achak hinzu. Ich war noch nie einer begegnet, aber was ich gehört hatte war nichts Gutes gewesen, eher im Gegenteil. Und wer sagte mir – uns –, dass sich hier nicht noch mehr dieser Sorte herum trieben? Immerhin waren die Beiden auch schon da und dieses Haus, welches nebenbei erwähnt noch immer eine grausige Aura ausstrahlte und mir dazu die Angst noch näher brachte, schien eines der wenigen zu sein die so wirkten, als würden sie beim nächsten Windhauch nicht in sich zusammen fallen. Und sollte ich noch weitere Gründe dafür aufzählen hier zu bleiben, dann war es dieser beißende Regen. Ich war zwar ohnehin schon wieder klatschnass – genauso wie jeder andere hier –, aber deswegen war es hier drin trotzdem trockener wie draußen. Ich musste mich nun allerdings doch zwingen den Blick von dem Kailasa und anschließend der Achak abzuwenden und mich halbwegs Jareth zuzuwenden. „Ich glaube zwar, dass es ebenso Selbstmord ist hier zu bleiben, wie wenn wir wieder raus in den Sturm gehen. Aber wenn wir vielleicht ein Zimmer mit stabiler Tür finden...?“, ich musste den Satz wohl gar nicht erst beenden, damit Jareth ihn verstand. Das schien für mich momentan die einzig logische und halbwegs sichere Lösung für die momentane Situation zu sein. Und jetzt, wo die Beiden halbwegs miteinander beschäftigt waren und uns so weniger Beachtung schenkten wäre meiner Meinung nach ein ganz guter Zeitpunkt um sich um solch eine stabile Tür zu kümmern – sie aufzutreiben und hinter uns zu verschließen. Vielleicht würde es sie nicht abhalten, vielleicht aber auch doch. Konnten wir ja nicht wissen.. Wobei.. wenn ich daran dachte wie der Kailasa in dem Haus in dem Jareth mich gefunden hatte die Tür eingetreten hatte. Ich wäre sowas von Hackfleisch gewesen, wenn Jareth mich nicht von der Tür weggezogen hätte und ich weiter dahinter gestanden wäre.. Aber hey, ein kleines, minimales, winziges Fünkchen an Menschlichkeit schien ja doch noch in Zasha zu stecken, immerhin lebte ich noch.. nicht wahr? Auch wenn ich ihm selbst diese Kleinigkeit nur sehr, sehr ungern zusprach, weil ich ihn einfach... nicht leiden konnte. Aber das war mir wohl kaum zu verübeln. Kurz nach meinen Worten trat ich auch noch einen Schritt in die Eingangshalle hinein, damit Jareth und seine kleine Schwester ebenfalls vollständig eintreten und die Tür hinter ihnen schließen konnten, wobei ich recht.. ungeduldig und nervös mein Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte, versuchte nicht schon wieder in Richtung der beiden Wesen - vor allem dem, mit dem ich miese Erfahrungen gemacht hatte und das mehr als einmal - zu blicken. Sollten sie von mir aus tun was sie wollten, wenn sie mich da raus ließen. Die Pfanne wirkte mir in dem Moment schon auch gar nicht mehr so nützlich, wie sie sich vorhin noch angefühlt hatte. Aber das lag wohl einfach an der Situation gerade..

Wir hatten die Straße schnell erreicht und der Wind wurde etwas schwächer, während wir zwischen den Häusern hindurch liefen. Es wäre wohl Zeit ihre Hand wieder los zu lassen, oder? Aber sie schien es nicht zu stören.. sie hatte ihre Hand ja schließlich meiner nicht entzogen, sondern hielt sie ebenso fest, oder? Also war es wohl okay. Außerdem war es ja auch viel sicherer so, redete ich mir jedenfalls ein. Wenn wir einander schon festhielten und der eine etwas Fallen sah, bevor der andere es sah – oder eben nicht sah, in meinem Fall – wäre es so auf jeden Fall schneller Möglich zu helfen. Ja, doch. War doch so.
Ein Lächeln lag in ihrer Stimme und irgendwie berührte mich das. Wir kamen einfach so miteinander aus, kannten uns kaum und verstanden uns trotzdem… fast schon wie Freunde, obwohl wir doch Fremde waren. Oder waren wir gar keine Fremden mehr? Konnte man sich in so kurzer Zeit schon anfreunden? Ich hatte nie Freunde gehabt, wenn ich so darüber nachdachte. Die anderen Achak waren mehr ein Teil meiner Familie und jedes andere Lebewesen war mehr mein Abendessen. Also konnte ich doch gar nicht beurteilen, was es bedeutete wirklich befreundet zu sein, oder? Es war merkwürdig diesen Gedanken im Kopf zu haben und ich schob ihn vorerst zurück. Irgendwann später würde ich mich näher damit beschäftigen. Wenn ich allein war. Ungestört und sicher vor dem Unwetter. Und hoffentlich mit etwas mehr Klarheit, wie das mit Renesmee und mir weiter gehen soll, ergänzte ich noch, bevor sich mein Blick der jungen Wachi zuwandte und ich ihr Grinsen erwiderte. „Naja, was machst du denn, wenn irgendwo was runter fällt und ich nicht da bin, um dich an mich zu klammern?“, neckte ich sie. Ich spielte darauf an, wie sie eben regelrecht an meine Seite gesprungen war, als ein Stück von uns entfernt ein Ast auf den Boden gefallen war. Dann ging mein Blick wieder nach vorne, der leicht ironische Tonfall blieb. „Nein, also ich glaube es ist schon besser, dass ich da bin.“ Natürlich würde sie es auch alleine schaffen. Vermutlich würde sie ohne mich schneller voran kommen – was nicht hieß, dass ich gerade schlich, aber ich ging auch nicht sehr zügig. Ich brauchte eben ein wenig Zeit, um mit der Umgebung klar zu kommen, vor allem jetzt, wo wir aus der höheren Häuserfront wieder heraustraten und der Wind und Regen uns erneut ins Gesicht schlugen. Ich hörte einen Donner, aber er schien ein klein wenig weiter weg zu sein, als eben noch. Ob das hieß, dass wir langsam vom Gewitter weg kamen? Dann aber nahm die Menge des Regens mit jedem Schritt zu und ich wusste, dass es nicht der Fall war. Wir sollten wohl langsam wirklich einen sicheren Unterschlupf finden – zumindest für die nächsten zwei, drei Stunden, um nicht doch noch von einem Dachziegel oder so erschlagen zu werden.

Ein Lachen brach aus mir hervor, lauter als das vorherige und absolut ehrlich. Es perlte geradezu aus meinem Mund und hinterließ einen leichten Nachhall auf den kahlen Wänden. Vergnügt lächelte ich vor mich hin, während ich meinen Blick absichtlich im Nichts tasten ließ. "Und ich habe ein wenig das Gefühl, dass du, mein Lieber, etwas zu nervös bist, um mir glaubhaft drohen zu können", erwiderte ich dem Kailasa, dessen Wut ich selbst ohne Augen wahrnahm. Seine ganzen Bewegungen, seine Stimme, der leicht beschleunigte Puls. Wie schön, dass er dem Ruf seiner Art so gerecht wurde und sich mit der kleinsten Bemerkung aufs Blut reizen ließ. Ja, ich spielte gerne auf Risiko. In einem Moment meiner Unachtsamkeit könnte er mir schon tatsächlich unangenehmes antun, aber das war ja der Spaß an der Sache. Er war stark - und mir körperlich stark überlegen - und doch hatte ich mehr als nur eine durchschnittliche Chance, gegen ihn zu gewinnen. Nicht umsonst war unserer Art der Ruf der tödlichen Geister und Albtraumgestalten inne. Spätestens wenn die Blitze nachlassen und das Haus so dunkel sein würde, dass sämtliche Wesen ebenso blind wie wir Achaks wären, wäre selbst unser einziger Nachteil verschwunden und hätte sich sogar zu einer Stärke gemausert. Wir waren an die ewige Dunkelheit in unserem Geiste gewöhnt, alle anderen brauchten Licht zur Orientierung. "Pass auf, mit wem du dich anlegst", zischte ich mit kalter Stimme. Ich hatte nicht die geringste Hemmung, irgendjemanden zu töten und ich würde alle hier Anwesenden innerhalb von kürzester Zeit umlegen, wenn es mir von Nutzen wäre. War es aber nicht. Warum sollte ich mich selbst der Langeweile aussetzen, wenn ich jedes andere Wesen ausschaltete, das mit mir hier drinnen während des Sturmes ausharrte?
Ich lauschte den Worten des Menschenmädchens erst regungslos, bevor sich mein Gesicht mit dem starren Blick wieder zu einem sarkastischen Lächeln verzog. Dachte sie ernsthaft eine "stabile Tür" würde mich - oder den Kailasa - von ihnen fernhalten? So naiv konnte selbst sie doch nicht sein. Ich drehte mich zu ihr um. "Wie, möchtet ihr euch unserer Gesellschaft etwa schon entziehen?", fragte ich sie leise und stand innerhalb einiger weniger Sekunden nur noch etwa einen Meter von den dreien entfernt. Ich richtete meinen Blick - dank des Herzschlages der Kleinen - auf das Gesicht des Kindes und sprach weiter. "Ich hatte gehofft, ihr bleibt noch ein Weilchen." Auch wenn ich momentan nicht den geringsten Hunger verspürte, spielte ich gerne mit meiner zukünftigen Nahrung. Gerade dann. Ich war nahezu süchtig nach dem Geräusch ihres panisch klopfenden Herzens und all den anderen kleinen Anzeichen für ihre Angst. Manchmal hätte ich dabei auch gerne ihre Gesichter und Mimik gesehen, aber man konnte ja leider nicht alles haben.

Mein Lieber? Und etwas zu nervös? Oh verdammt, sie sollte ihren Mund halten! Und zwar ein bisschen ganz schnell! Ich verfluchte mich innerlich dafür, dass ich so leicht zu provozieren war. Wirklich. Das haftete wie ein Fluch auf mir- nicht nur auf mir, sondern auch auf jedem anderen Kailasa. Das war fast so ähnlich wie der unerbittliche Rausch, wenn ich jemandem Schmerz und Leid zufügte. Die Flutwellen von Adrenalin in meinem Körper überschütteten mich geradezu. Und sie machten mich nur noch wütender. Wütender auf diese Göre von Achak. Sollte sie doch selber aufpassen, mit wem sie sich anlegt! Ich war doch kein kleiner Junge mehr, dem man alles tausend Mal erklären musste, mit welchen Personen man sich 'unterhalten' konnte und mit welchen nicht! Diese Frau ging mir eindeutig zu viel auf die Nerven. Einen Moment lang presste ich meine Kiefer fest aufeinander, sodass meine Lippen einem schmalen Strich glichen. Mein Blick war finster und finsterer konnte er eigentlich auch schon fast gar nicht mehr sein. Kühl, genervt, abweisend, wütend, fuchsteufelswild.. die Liste davon, wie meine grünen Augen sich in die scheinbar Toten der Achak bohrten, ließe sich eigentlich noch beliebig weiterführen. Unendlich. Mein Körper war bis auf das letzte Nervenende und bis auf die letzte Facette angespannt und wenn sie so weitermachen würde, würde ich ihr ganz sicher wirklich noch an die Gurgel springen. Und wenn sie Pech hatte, dann hatte vielleicht auch noch ihr letztes Stündlein geschlagen..
Was allerdings die junge Brünette zu ihrem Freund flüsterte, konnte ich nicht verstehen. Dazu war meine Konzentration viel zu sehr auf diese Seelenfresserin gerichtet, die mir noch den letzten Nerv rauben würde. Als die Drei sich jedoch in Bewegung setzten und die Achak sich ihnen kurzerhand mehr oder weniger in den Weg stellte, registierte ich erst so richtig, dass sie sich anscheinend aus dem Staub hatten machen wollen. Ich runzelte ein wenig verärgert die Stirn, als sich die Achak einfach von mir abwandte und sich den drei Menschen zuwandte, mir den Rücken kehrte. Machte sie das extra oder was? Mich bis aufs Äußerste provozieren damit sie was zum Spielen hatte? Da hatte sie sich aber gewaltig ins eigene Fleisch geschnitten. Vor allem jetzt, wo sie so töricht war und mir den Rücken zugedreht hatte. Anscheinend wollte sie ins eigene Messer laufen, hm? Von der einen auf die andere Sekunde riss ich mich aus meiner eigenen wuterfüllten Starre heraus und lief mit wenigen langen Schritten zu den Vieren hinüber, stellte mich schräg hinter die Achak und beugte mich leicht zu ihr hin. "Findest du das nicht unhöflich, mir einfach den Rücken zuzudrehen? Ich glaube nämlich, ich habe langsam doch wieder ein wenig Hunger!" brummte ich ihr mit rauer Stimme zu, fixierte allerdings mit meinen Augen die Blauen von Pandora, die sich nicht ganz wohl zu fühlen schien. Konnte ich ihr ja nicht einmal verübeln. Mit einem schelmischen Grinsen fuhr ich mir mit der Zunge über die Unterlippe, dann blickte ich zu dem jungen Mann hinter der jungen Frau und bedachte ihn mit einem eisigen Blick. "Ich glaube diese Seelenfresserin hier hat es auf deine.. Schwester hier abgesehen. Hübsches Mädchen.." murmelte ich, dennoch mit klarer und deutlicher Stimme.

Der Regen nahm zu und es war bereits das zweite Mal, dass ich heute fast komplett durchnässt war. Dieses Wetter hatte einfach mal totale Stimmungsschwankungen, wenn man das denn so nennen konnte. Es war wirklich ätzend, wie meine Hose an mir klebte und auch die Schuhe im Wasser zu stehen scheinen. Meine Jacke hielt das Wetter zum Glück noch aus. Was für ein Glück, dass ich mich heute morgen für eine Regenjacke entschieden hatte. Da fiel mir ein, dass ich ja meinen Rucksack trug, in dem ich notfalls ein paar Dinge hatte, die mir später nützlich sein könnten. Hoffentlich war dieser nicht allzu nass, sodass auch das darin liegende im Wasser schwamm. "Paah!", meinte ich dann lachend auf seine Worte hin. "Ohne mich würdest du doch auch nicht auskommen!", warf ich ihm dann entgegen, um ihn zu ärgern und zog leicht an seiner Hand, ehe ich näher zu ihm wich, sodass sich leicht unsere Schultern berührten. Die Stimmung war locker und es kam mir wirklich so vor, als kenne ich ihn schon länger. Um ehrlich zu sein war ich wirklich froh, dass die Stimmung nicht so angespannt war und wir sogar ein wenig Spaß haben konnten. Dass ich seine Hand immer noch hielt und er meine, war mir erst jetzt so wirklich aufgefallen. Es fühlte sich einfach nicht falsch an, wahrscheinlich auch für ihn nicht. Sonst hätte er doch seine Hand weggezogen, oder? Mein noch leicht grinsend er Blick wich zum Himmel, wo sich gerade ein heller Blitz zu zeigen gab und die recht dunkle Gegend hier ein wenig erhellte. Wir liefen zwischen den Häusern entlang, wobei mein Blick immer suchend umher glitt. Vielleicht fänden wir ja ein sicheres Hüttchen. Ganz danach sah es jedoch nicht aus, weil wirklich immer mehr Häuser zu knarzen begannen und einfach nur unsicher aussahen. Weiter im Regen wollte ich jedoch auch nicht laufen, weshalb ich auf die Unterlippe beißend stark überlegte. Und da fiel mir etwas ins Auge, weshalb ich sofort stehen blieb und leicht an Elijas Hand zog. "Hey, da ist dieses Gebäude...", setzte ich an. Vor uns erstreckte sich ein riesiges Gebäude, welches doch recht stabil aussah. Was war das denn nochmal? War das nicht die Psychiatrie? Leicht fragend schaute ich zu dem Achak. Was er wohl dazu meinen würde?

Ich war ziemlich falsch angezogen für dieses Wetter, das stand fest. Und viel trug ich ja auch nicht bei mir.. oder hatte ich nicht sogar noch diesen einen Vogel vom Vormittag in meinem Rucksack? Ja, doch. Vielleicht konnten Renesmee und ich ja irgendwo in einem Haus ein Feuer anzünden und gemeinsam essen. Nähren musste ich mich nicht, aber ab und an etwas Menschliches zu essen, wie eben so einen gebratenen Vogel, tat auch gut. Es gab eine andere Art von Kraft – viel weniger, fand ich, aber eben doch irgendwie eine innere Befriedigung. Wenn man das so ausdrücken konnte. Vermutlich war er aber auch schon total durchweicht da hinten in meinem alten Rucksack. Wasserabweisend war der sicherlich nicht – ebenso wenig, wie die dunkle Jeans, mein T-Shirt oder der dunkelblaue Pullover, den ich darüber trug. Ich hätte eine Lederjacke im Dorf gehabt und die hätte ich vermutlich anziehen sollen heute morgen, aber wer konnte denn bitte ahnen, dass so ein Sturm aufzog? Niemand, eben. Das Wetter spielte so oft verrückt, dass man generell nicht sagen konnte, was man am besten trug. Immer lieber etwas zu warm und einen Rucksack dabei. Das war jedenfalls so meine Idee zu Kleidung. War mir im Prinzip ja auch eh egal, was ich wirklich an hatte – wie es aussah, wusste ich nicht. Ich entschied mehr nach Bequemlichkeit.
Ich sah wieder auf Renesmee hinab – sie war ja ein Stück kleiner als ich – und grinste weiterhin, wobei es eher zu einem ehrlichen Lächeln wurde. „Vermutlich nicht. Wie gut, dass wir uns gegenseitig haben“, stimmte ich ihrer neckenden Aussage zu und überlegte kurz, ob es passend wäre, wenn ich meine Finger mit ihren verschränken würde, aber ich hatte ein wenig die Befürchtung, dass sie das nicht wollte und dann ganz los ließ. Und sie einfach so an der Hand zu halten war einfach total schön so irgendwie. Ich hoffte einfach, dass das alles nichts mit ihrer Wachi-Ausstrahlung zu tun hatte, weil das wäre wirklich traurig. Ich mochte ihre Nähe, mochte sie. Und wenn das alles nur dadurch kam, dass sie mich – bewusst oder unbewusst – beeinflusste, würde mich das glaube ich schon irgendwie verletzen. So etwas, wie das hier, hatte ich noch nie gehabt und ich wünschte mir einfach, dass es etwas Echtes, Wahrhaftiges war und kein reines Spielchen. Und als entschiedener Optimist – in den meisten Situationen – schloss ich diese Beeinflussungs-Sache einfach mal aus und war guter Dinge, dass die Situation und alles absolut natürlich waren.
Als sie stoppte und mich ebenfalls dazu brachte, spannten sich meine Nerven kurz an, meine Sinne versuchten die Umgebung krampfhaft zu analysieren, aber ich bekam kein ‚Bild’ auf die Reihe. Dieser Sturm irritierte mich einfach irgendwie in allem ein bisschen. Wobei ich auch unter normalen Umständen keine genaue Einschätzung hätte abgeben können, aber manchmal bekam man ja so ein Gefühl von seiner Umwelt, ein gutes oder ein schlechtes, und das fehlte mir im Augenblick noch. „Meinst du, dass es dem Sturm erstmal stand hält?“, fragte ich sie dann, offen meiner Blindheit gegenüber. Wobei es ja mal wieder keine direkte Aussage dazu war, dass ich nichts sehen konnte. Ich blickte Renesmee an, weil ich ja keine Ahnung hatte, welches Gebäude sie meinte. So gut waren meine analytischen Fähigkeiten, wenn man sie so nennen konnte, auch nicht. Aber ich würde ihr vertrauen. Und wenn sie der Meinung war, dass es uns Schutz bieten konnte, würde ich blind mit ihr gehen.

Die beiden Wesen schienen sich wohl auch nicht unbedingt zu lieben. Fand Jareth wirklich alles andere als unpraktisch. Sollten die Beiden sich einfach miteinander beschäftigen und die Drei in Ruhe lassen. Dürfte doch kein Problem sein. Und so wie er das mitbekam, hatte Panda so ziemlich den gleichen Plan wie er. Von hier verschwinden. Er bezweifelte zwar, dass eine Tür die Fremden aufhalten würde, aber war immerhin besser als hier dumm rum zu stehen. „Klingt nach nem guten Plan.“ stimmte der junge Mann schließlich mit leiser Stimme zu. War nur die Frage ob sie sich hier irgendwie unbemerkt davon schleichen konnte. Die Chancen standen dazu wohl eher sehr gering. Und als wäre das ihre einzigste Sorge ... Die weißhaarige Frau war wohl mit einem enorm guten Gehör ausgestattet. Wie unfair. Als sie auf die kleine Menschengruppe zu kam, kniff Jareth leicht die Augen zusammen. Abhauen würde er bestimmt nicht. „Wie kommst du nur darauf? Jetzt wo wir uns doch gerade alle so gut angefreundet haben.“ brachte der junge Mann unter zusammengepressten Lippen hervor. Unsicher ob er nun Angst oder Wut verspüren sollte. Auf jedenfall war ihm seine Ironie treu geblieben, war doch schonmal was. Als die fremde Frau sich dann jedoch seiner Schwester zuwandte, kniff er verärgert die Augen zusammen. „Ein Schritt näher und ich schwör dir, dass das dein Letzter sein wird.“ knurrte er drohend, während er seine Schwester schützend hinter sich schob. Was das anging, verstand er nun wirklich keinen Spaß. Auch wenn er noch nicht wusste, was die Achak für eine Absicht hatte. Ob das der reinen Provokation diente oder eben doch lebensbedrohlich gemeint war. Im Grunde war ihm das auch relativ egal. Sie würde ihre Finger von Zoe lassen, dafür würde er schon sorgen. Er hatte kaum bemerkt, wie der andere Kerl hinter die Frau getreten war, umso verständlicher war es, dass Jareth erstmal kurz erschrocken zusammen zuckte, als er den Kailasa so nah bei sich stehend sah. Kurz sah er sich zu Panda um, wusste nicht was er machen sollte. Sie schien sich sichtbar unwohl zu fühlen. Da ihm nichts besseres einfiel, machte er einfach einen Schritt zur Seite, so dass er nun dicht bei ihr stand. Fühlte sich irgendwie sicherer an. Das kleine Mädchen zwang er weiterhin, hinter ihm versteckt zu bleiben. Als dann auch noch der Kailasa auf Zoe zu sprechen kam, hätte er am liebsten genervt die Augen verdreht. Auch wenn ihn die letzten Worte des Fremden ziemlich trafen. 'Hübsches Mädchen'. Nichts was er gerne aus dem Mund eines Monsters hörte. Und schon gar nicht wenn die Worte an seine Schwester gerichtet waren. Natürlich war Zoe hübsch, immerhin war sie seine Schwester. Aber er war so ziemlich der einzigste der so von ihr sprechen durfte. Und dabei sollte es auch bleiben. „Und ich glaub ich brauch keine Erklärung von einem Menschenfresser, auf was es die liebe Seelenfresserin abgesehen hatte.“ brummte Jareth schließlich. Das ganze überforderte ihn langsam. Er zog es eindeutig vor, die Beiden weit von sich stehend zu sehen. Aber nein, sie mussten ja unbedingt zu Panda, ihm und Zoe kommen. Ob es vielleicht doch besser war, wieder das Haus zu verlassen? Er würde wohl abwarten, was Panda von dem ganzen hielt.

Ich war noch nie mit einer Achak aneinander geraten, hatte zwar so einiges über sie gehört, wusste aber nicht was der Wahrheit entsprach und was nicht. Sie schien aber gut zu hören, was der Gegensatz zu ihren toten, hellen Augen darstellte, wie es schien. Ich kniff meine ein wenig zusammen, als Jareth ihr auch schon eine Antwort auf ihre Worte gab. Naaa, auf gar keinen Fall hatten wir einfach abhauen wollen, phh.. wie kamen die denn auf so einen Mist? Ich musste mir in dem Moment ja verkneifen die Augen zu verdrehen – ob sie das nun sehen konnte oder nicht. Aber ihre Worte nervten mich gerade einfach an. Wieso konnte sie sich nicht weiter auf Zasha konzentrieren und uns in Ruhe lassen? Sie sollten sich gegenseitig auffressen, wenn es sein musste, aber uns einfach fern bleiben. Mir, Jareth und Zoe. Aber auch Zasha schien sich nun wieder mehr auf uns zu konzentrieren und stand kurz darauf hinter der Achak, was ich ebenso wenig wie Jareth erwartet hatte, denn auch ich zuckte etwas perplex zusammen, wobei mein Puls sofort wieder in die Höhe raste. Es tat gut ihn wenig später ein wenig dichter bei mir zu haben. In dem Moment sprach mir das doch ein kleines, winziges Bisschen Sicherheit zu. Wobei ich es schon wieder nicht schaffte Zashas Blick auszuweichen, das war schon vor den paar Tagen schwer gewesen. Obwohl gerade mal wieder die kindliche Trotzigkeit in mir hoch kam, die mir eben auch dort schon das Leben schwer gemacht hatte. Und als er dann auf Zoe zu sprechen kam, auch die Achak dem kleinen Mädchen den Blick zu wandten wurde ich doch ein wenig.. wütender. Jareth logischerweise auch, der der Weißhaarigen auch direkt drohte, eigentlich Beiden. Ich konnte seine Reaktion vollkommen nachvollziehen, sie war immerhin ein kleines Kind. Entgegen Personen die das gleiche Alter hatten war solches Auftreten nochmal etwas vollkommen anderes, wie einem kleinen Mädchen gegenüber. Aber ich wusste ehrlich gesagt auch nichts zu Jareths Worten hinzuzufügen.. zumal ich gerade ohnehin überhaupt nicht einschätzen konnte ob meine Stimme noch zu gebrauchen war. Die Beiden waren mir definitiv viel zu nahe und das machte mich einfach ungemein nervös. Mein Blick wanderte kurz zu Jareth, bevor er wieder auf die beiden, uns gegenüber stehenden, Personen lag, ich mir aufgekratzt auf die Unterlippe biss. Wobei man ihnen ja schon ansehen konnte, wie sehr sie das alles hier amüsierte.. Keine Ahnung wie lächerlich das jetzt rüber kommen musste, aber irgendwie.. keine Ahnung, ich musste mich ja auch einbringen und stumm und still da stehen brachte uns nicht weiter. „Kommt... einfach nicht näher. Wir sind genauso wie ihr nur auf ein Dach über dem Kopf aus bis der Sturm vorbei ist.“, forderte ich auf, während mein Griff um den Griff der Pfanne in meinen Händen sich doch etwas verkrampfte. Nicht mit Absicht, eher unbewusst.. aber die Situation brachte mich einfach total durcheinander und verunsicherte mich ungemein. Erstens weil ich gegen den Kailasa schon mal verloren hatte und ich noch nie einer Achak gegenüber gestanden hatte und mich mit diesen Wesen auch so gar nicht auskannte.

Wie gut, dass wir uns gegenseitig haben.., diese Worte ließen mich leicht auflächeln. Ja, irgendwie war es doch gut. Wir ergänzten uns gegenseitig mit unseren Stärken und Schwächen und das wäre mehr als hilfreich. Was bildest du dir da ein?, fragte wieder meine innere Stimme. Ich sollte mir wirklich weniger Gedanken machen, gerade weil ich das Gefühl hatte, dass Elija meine Gedanken hören konnte, was wirklich absurd war. Was er wohl von der ganzen Situation hielt? Er jedenfalls schien es ziemlich locker zu nehmen, was ich doch nicht gedacht hätte. Und falls er doch ein wenig angespannt war, konnte er sich total gut beherrschen, wie ich es schon einmal mitbekommen hatte. Jedoch wirkte er alles andere als kalt und emotionslos, so wie er anfangs auf mich gewirkt hatte. Kurz betrachtete ich unsere Hände, ehe ich wieder aufblickte und kurz überlegte. Ob ich meine, dass das Haus dem Wetter stand hält? Ich wusste es nicht genau, weshalb ich meinen Blick nochmal geradeaus richtete. Es sah stabil aus. Die Fenster waren teilweise etwas brüchig, aber das sah weiterhin nicht dramatisch aus. "Ich schätze schon.", entschied ich dann nach kurzem Zögern. "Es ist ziemlich groß, meiner Meinung nach eine alte Psychiatrie. Brüchig sieht es nicht aus." Tatsächlich machte das große Gebäude nicht den Eindruck, als würde es im nächsten Moment zusammenbrechen. Wenn ich es jedoch so betrachtete, lief mir ein kleiner Schauer über den Rücken. Es hatte etwas gruseliges an sich. Die großen Fenster, das verwucherte und nicht gerade schöne Gelände. Aber wahrscheinlich hatte es nur diese Wirkung auf mich, weil das alles so groß war. Nach einigen Sekunden schaute ich also wieder zu Elija hinauf. Vielleicht spürte er ja meinen fragenden Blick, den ich ihm zuwarf. Ich suchte nach Reaktionen in seinem Gesicht und musterte die markanten Züge, seine roten Lippen, die stahlgrauen Augen.. stundenlang könnte ich dieses Wesen beobachten. Und zugegeben.. er sah wirklich nicht schlecht aus, auch wenn er das wahrscheinlich nicht wusste und auch nie gesagt bekommen hatte, weil er ja hauptsächlich nur mit Leuten aus seinem Stamm zu tun hatte, die ebenfalls blind waren. Oder gab es auch Achak, die noch ein wenig Seekraft besaßen? Vielleicht konnte Elija ja auch einige Schatten sehen.. Ich konnte das einfach nicht so gut einschätzen, weil er so selbstsicher rüber kam und mich auch immer direkt anblickte. Während ich ihn betrachtete, legte ich meine andere, freie Hand, die ich vorher in meiner Jackentasche hatte, auf unsere beiden Hände, da seine, sowie meine Hand, doch ein wenig kühl geworden waren. Seine Hand umschließend zog ich diese ein wenig höher. "Du hast kalte Hände.", stellte ich dann grinsend fest. Mir fiel auf, dass er ganz schön blasse Haut hatte. Das war vielleicht auch der Grund, warum Achak oftmals als Geister bezeichnet wurden - zumindestens hörte ich das früher einmal in Geschichten über diese Wesen.

Eine alte Psychiatrie? Ich fragte mich kurz, ob da wohl ein Türschild hing oder ob diese Art von Gebäude einfach eine spezielle Form und Bauweise hatte – war doch durchaus möglich, oder? Vielleicht waren sie ja mit besonderen Fenstern oder einer speziellen Farbe ausgestattet. Keine Ahnung, eigentlich war es mir auch egal, aber das Grinsen kam wieder auf meine Lippen. „Eine Psychiatrie? Das klingt auf jeden Fall irgendwie spannend. Vielleicht finden wir ja eine verlorene Seele da drinnen“, meinte ich und wollte es als Spaß ausdrücken, nicht ernst gemeint oder so, aber im Nachhinein fiel mir auf, dass es in Anbetracht meiner Person ein wenig makaber war. Immerhin wurden wir Achak ja auch Seelenfresser genannt und meine Aussage war dann doch etwas.. naja, gemein. Jedenfalls nicht so, wie ich es beabsichtigt hatte, aber gesagt war gesagt und Renesmee würde es mir doch nicht böse nehmen, oder? Ich hoffte mal nicht.
Wir standen immer noch im Regen einige Schritte von dem unheimlichen Gebäude entfernt, als ich eine warme Hand wahrnahm, die unsere gehaltenen Hände umschloss. Es war Renesmees Hand, die unsere beiden dann auch ein wenig anhob. Mir war nicht aufgefallen, dass meine Hand kalt war. Kälte fiel mir generell selten auf und auch die zweite Hand hatte ich an der Luft gehalten – demnach war sie vermutlich nicht sonderlich viel wärmer, als die eine. Ich blickte auf die junge Wachi neben mir und runzelte ein wenig die Stirn. Dann erwiderte ich ihr Grinsen mit einem Lächeln. „Stell dir vor, die hast du auch. Ich glaube das hängt ein wenig mit dem Wetter zusammen“, sagte ich mit recht offensichtlicher Ironie. Klar, sie war eher wärmer, als ich, aber das war auch nicht sonderlich schwer. Ich hatte eigentlich immer kalte Hände – und Füße! – bei manchem Wetter war das zum Schlafen eine Qual, aber sobald es draußen warm wurde – wenn es denn mal warm war – war es sehr angenehm. Man konnte sich so gesehen selbst ein wenig eine Erfrischung verschaffen, weil Teile des Körpers der Wärme trotzten. Ich wusste nicht, ob das bei mir etwas Besonderes war oder ob es allen Achak so ging, ich hatte mich damit nie wirklich beschäftigt, aber irgendwie fand ich es schön, dass sie auf so eine Kleinigkeit achtete… wobei.. bei dem Wetter war es halt wirklich normal, wenn man nicht gerade Handschuhe trug oder die Hände in den Taschen vergrub. Und meine Hosentaschen waren da sicherlich nicht die Richtigen für. Das machte ich meistens eher aus Bequemlichkeit. Wohin auch mit den Händen, wenn man einfach gerade stand? Verschränken wirkte schnell abweisend, die Hände verschränkt irgendwie merkwürdig – vor allem, wenn man es hinter dem Rücken tat.. wobei vorne ebenso – und einfach schlaff herunter hängen lassen fand ich immer irgendwie beteiligungslos. Es drückte eben immer etwas aus. Bestimmte Gefühle wurden versprüht, die ich wahr nehmen konnte und so die Menschen in meinem Umfeld analysierte, um selbst zu verstehen, wie ich mich verhalten sollte, um die richtigen Gefühle rüber zu bringen. Eigentlich war ich nämlich nicht so der Typ, der solche Dinge einfach aussprach oder total deutlich zeigte. Ich wusste ja kaum, wie es wirklich richtig wirkte oder welche Auswirkungen Mimik und Gestik tatsächlich hatten. Es waren die eigenen Menschenkenntnisse, die ich mir eben angeeignet hatte und an denen ich mich orientierte. Und bevor meine Gedanken noch weiter abschweifen konnten, ertönte ein weiterer Donner und ich war gedanklich wieder ganz bei Renesmee.

Ich zuckte weder zusammen, als der Kailasa hinter mir auftauchte - seine schweren Schritte hatten ihn verraten -, noch war ich überrascht oder drehte mich gar um. Ich ließ meinen Blick einfach dort, wo er war, auf das Kind gerichtet, während ich den Worten hinter mir lauschte. "Na los, dann versuche doch deinen Hunger zu stillen. Darauf bin ich wirklich gespannt", erwiderte ich ihm ruhig, obwohl mir doch ein kleiner Schauer über den Rücken gefahren war. Die Situation fing an, spannend zu werden. Ich liebte es. Kailasa waren einfach die beste Unterhaltung mit ihrem eitlen Temperament. Obwohl es auch ganz lustig war, das Mädchen zu beobachten, wie auch sie auf die Worte des Kailasa reagierte, auch wenn mich das ein wenig verwirrte. Ihr Puls schnellte in die Höhe und sie holte stockend Luft, als wären die Worte an sie und nicht an mich gerichtet. Ich grübelte einen Moment dadrüber nach, bis mir die Begegnung der beiden vorhin wieder einfiel, sie war ja vermutlich ein Opfer von ihm gewesen. Vielleicht hatte er ja seinen Blick auf sie gerichtet oder ähnliches. Vielleicht waren die Worte auch ein kleiner Insider. Wer wusste es. Und dann sprang er auch noch auf den Zug auf und drohte auch noch dem kleinen Mädchen. Ein vergnügtes Lächeln schlich mich auf meine Lippen. Sicher wirkte das ein wenig armselig auf die Menschen, dass wir uns das wehrlose Kind als erstes vorzuknöpfen schienen, aber es diente ja in erster Linie der Provokation der beiden Jugendlichen.
Auf die Worte des Jungen, dass mein nächster Schritt mein letzter sein würde, konnte ich ein kurzes, schallendes Gelächter nicht verkneifen, es verstummte genauso schnell wie es aufgetaucht war. Ja, meine Gefühlsausbrüche waren merkwürdig, aber mich störte es nicht. Sollte es die anderen stören, hatten sie Pech. "Achja? Soll ich es mal ausprobieren?", erwiderte ich nur kalt. Sollte er versuchen, mich aufzuhalten, bei was auch immer, würde er etwas schneller verlieren, als er gucken konnte. Wie sein Leben zum Beispiel. Die Bemerkung des Kailasas über seine Schwester kommentierte er nur mit Und ich glaub ich brauch keine Erklärung von einem Menschenfresser, auf was es die liebe Seelenfresserin abgesehen hatte. "Da muss ich dich leider korrigieren. Er hier frisst keine Menschen. Er quält sie zu Tode oder Schlimmerem, um sich an ihrem Leid zu sättigen, aber er frisst euch nicht. Die Sorge kann ich dir nehmen", sagte ich mit süffisanter Stimme. Das Gespräch wurde ja immer besser, irgendwann würde es zwar eskalieren - da war ich mir sicher - aber selbst dann wäre ich auf keinen Fall hoffnungslos unterlegen.
Kommt... einfach nicht näher. Wir sind genauso wie ihr nur auf ein Dach über dem Kopf aus bis der Sturm vorbei ist. Überrascht wandte ich dem Mädchen mein Gesicht zu - auch wenn es nichts brachte. Dass ein Mensch versuchen würde, auf Diplomatie zu setzen, das war interessant. Es war, als ob ein Lemming versuchen, die Klippe vor sich und seinesgleichen zu verschieben. "Und auch wenn dir das nicht klar sein sollte", antwortete ich ihr ehrlich und ausnahmsweise ohne die geringste Ironie oder Arroganz. "Wie du selbst gesagt hast, wir sind hier eingesperrt - wir alle - während des Sturms und wir brauchen etwas euch meist lebenswichtiges, um uns zu ernähren - auch wenn der hinter mir eher aus anderen Gründen tötet - und wenn der Sturm allzu lange dauert, habt ihr eh die schlechtesten Karten." Mein Gesicht verzog sich wieder zu einem spöttischen Lächeln. "Außerdem seid ihr Menschen einfach zu faszinierend, wenn ihr Angst habt, da komm ich gar nicht drum, das ein wenig auszunutzen."

![]() 0 Mitglieder und 5 Gäste sind Online Wir begrüßen unser neuestes Mitglied: † Nifano van Borken † Besucherzähler Heute waren 5 Gäste online. |
![]()
Das Forum hat 33
Themen
und
5063
Beiträge.
Heute waren 0 Mitglieder Online: |
![]() | Einfach ein eigenes Xobor Forum erstellen |