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#601

RE: START

in 19.03.2015 20:39
von Elija Amar • 299 Beiträge

Leise seufzte ich. Die andere Achak machte keinerlei Anstalten umzukehren oder auch nur etwas zu erwidern. Ich wusste, dass es falsch war und dass ich hinter ihr her sollte – sie war schließlich von meinem Stamm. Aber diesen Stamm gab es nicht mehr und das musste ich verkraften. Vielleicht hatte es ja auch Vorteile? So wie die Tatsache, dass mir niemand mehr vorschrieb, dass ich mich von anderen Wesen fernhalten musste, so wie Renesmee eines war. Ich konnte frei entscheiden und schuldete niemandem Rechenschaft über das, was ich wollte, was ich tat und wen ich eben traf. Aber so leicht war es leider nicht. Ich wünschte mir, dass ich es so einfach haben konnte, aber ich schaffte es nicht los zu lassen – ich brauchte meine Familie und die bestand im Augenblick leider nur aus dieser einen verbliebenen Achak, die sich soeben alleine in einen Raum zurückgezogen hatte. Ein weiteres mal seufzte ich leise, dann versuchte ich immerhin eine Frau in meinem Umfeld nicht wütend zu machen und wegzustoßen. „Scheinbar nicht, nein“, hauchte ich der Wachiwi zu und erfasste sie erneut mit meinem toten Blick. Ich wollte nicht, dass sie auch noch verschwand und mich alleine ließ und ich ging nicht davon aus, dass sie sonderlich begeistert sein würde, wenn ich jetzt der anderen Achak hinterher ging.. aber was sollte ich denn tun? Ich war definitiv überfordert und ein wenig verzweifelt. Verdammter Sturm! , fluchte ich in Gedanken. Wäre dieser Sturm nicht gekommen, hätte ich einfach am Abend zurück zu meinem Volk gehen können und alles wäre wie immer gewesen. Meine größte Sorge wären die geheimen Treffen mit Renesmee und alles wäre gut. Aber nein, so klappte das natürlich nicht – wieso sollte auch mal irgendwas einfach sein? So ein Glück schien ich wohl nicht zu haben.
Noch immer lag mein Blick auf der Wachi und meine Hände umfassten ihre. Es tat gut, ihre Wärme zu spüren… irgendwie machte das sie realer für mich. Es zeigte mir, dass sie tatsächlich da war und ich nicht allein. „Lass uns ein freies Zimmer suchen. Ich werde später mit der Achak sprechen, alleine.. jetzt sollten wir erstmal irgendwo ein Feuer anzünden und aus diesem Eingangsbereich verschwinden. Kommst du mit mir?“, fragte ich sie dann leise. Irgendwie war ich mir nicht ganz sicher, ob sie nun ja sagen würde. Was war denn, wenn sie mich jetzt zurück wies? Wenn sie mich tatsächlich auch noch alleine ließ? Ich glaube das würde ich gerade nur ziemlich schwer verkraften.. und vermutlich würde ich dann doch die andere Achak suchen, einfach nur, um nicht alleine zu sein – auch, wenn das hieß, dass ich mir Vorwürfe machen ließ von eben dieser. Und in der Stimmung dafür war ich im Moment auch nicht, obwohl die Achak schon irgendwie ein Recht dazu hatte. Ach, alles viel zu kompliziert.

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#602

RE: START

in 19.03.2015 21:33
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Irgendwie hatte ich jetzt erwartet, dass Elija der Achak in den Raum folgte, in welchem sie sich zurückgezogen hatte. Allein deswegen, weil sie ihm so wichtig zu sein schien, da sie ja die einzige seines Stammes ist, die er vermutlich noch treffen könnte. Wo die anderen hin waren, konnte ich nur vermuten und seiner Worte entsprechend schien irgendwas mit dem Stamm passiert zu sein. Vielleicht aufgelöst? Oder aber die Umgebung war zerstört, weil das Unwetter immer doller zu toben schien, dass es mir schon beinahe Angst machte. Allein der Gedanke, dass es sich vermutlich länger hin ziehen konnte. Wer weiß was alles noch passierte. Wozu der liebe Wettermann in Stande war, wusste man heutzutage nicht mehr. Aber gut.. Elija schien ihr nicht zu folgen. Ob ich das als gut oder schlecht empfand, konnte ich nicht beurteilen. Es versetzte mir schon einen Stich ins Herz, wenn ich ihn da so sah, wie er ihr zweifelnd und hin und her gerissen hinterher blickte, also wolle er doch jetzt sofort zu ihr gehen. Dann aber wandte er sich wieder an mich, schlug vor, ein leeres Plätzchen zu suchen, sodass er erst später zu ihr gehen würde. Alleine. Ja, das war vermutlich eine gute Idee. Ich hatte keine Lust ihm dann hinterher zu dackeln und wieder irgendwelche Sprüche entgegen geworfen zu bekommen, wie gerade eben. Und es würde auch nicht schaden, wenn sie sich mal zu zweit über die Achak Sachen, bei denen ich natürlich mit mitreden konnte, sprechen würden. Da wollte ich nicht unnütz dabei sein und stören. Ja so höflich war ich auch noch. Ich ließ einige Sekunden verstreifen, als er leicht meine Hände drückte. Schließlich stahl sich aber ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Er klang so unsicher, dass es doch wieder süß war. Warum genau er jetzt so war, wusste ich nicht. "Liebend gerne.", antwortete ich dann aber mit leichter Erleichterung in der Stimme, weil es wirklich nicht gerade schön war, hier im Eingang zu stehen und sich die Kälte Brise entgegen wehen zu lassen, wenn die Tür ein weiteres mal auf ging. Ohne zu überlegen zog ich Elija schon gleich in eine Richtung. Wohin wir gehen sollten, wusste ich nicht. Hauptsache erstmal etwas weiter weg, weshalb ich gleich auf einen Gang zusteuerte.

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#603

RE: START

in 20.03.2015 08:07
von Pandora Delilah Peacock • 1.164 Beiträge

`Ja, ich ließ Jareth einfach stehen. Aber das... war mir gerade egal. Er konnte sich ja auch bewegen und einfach mitkommen, aber ich wollte hier gerade weg. Ich wollte einfach weg aus diesem Eingangsbereich, in dem sich mittlerweile einfach viel zu viele Gestalten tummelten. Egal ob Mensch, Kailasa, Wachi oder Achak. Das spielte gerade überhaupt gar keine Rolle in meinen Augen, mir wurde das alles einfach zu viel. Und dann hatte ich auch schon einen Raum gefunden, dessen Türe für mich halbwegs Stabil aussah und in dem ich die Umrisse der darin vorhandenen Dinge bei jedem Blitz der draußen die Landschaft erhellte sehen konnte. Nicht stockduster, das hätte dann doch zu... zu viel Angst geführt. Leise hatte ich den Raum betreten und begonnen mich umzusehen, wobei ich den Schrank der mit geschlossenen Türen dastand ignorierte. Ich wollte ihn einerseits nicht öffnen, andererseits wollte ich auch keine böse Überraschung erleben. Es war eine Zwickmühle. Allerdings wurde mir die Entscheidung was ich tun würde schon bald – fürs erste zumindest – abgenommen. Die Tür war aufgegangen, das verriet ein leises Knacken. Jareths Stimme ließ mich im ersten Moment auch zusammen zucken, kurz darauf war ich aber auch einfach schon wieder wahnsinnig erleichtert. Er war die einzige Person in diesem Haus, die ich gerne in meiner Nähe hatte. Zumindest kannte ich ihn besser wie die anderen und wussten von ihm, dass ich ihm vertrauen konnte, das hoffte ich zumindest. Ich entspannte mich also relativ schnell wieder größtenteils – wer war in diesem Haus schon gänzlich entspannt? – und schloss einen kurzen Moment die Augen, bevor Jareth auch schon direkt vor mir stand. „Alles okay..“, antwortete ich leise. Ich wollte ihm die Gegenfrage stellen, da teilte er mir aber auch schon mit, dass wir reden mussten. Reden? Wieso reden? Und worüber reden? Nervös wartete ich ab ob er weiter sprach, was er dann auch tat. Eigentlich hatte ich so etwas nun wirklich nicht erwartet. Andererseits erklärte das vorhin aber auch sein seltsames Verhalten. Was er wohl glaubte? Das ich irgendeine andere Beziehung zu dem Kerl hatte? Bestimmt nicht. Ich wusste doch selbst nicht, wieso er sich mir gegenüber so verhielt, wie er sich verhielt. Ich wunderte mich selbst, aber es war nun mal so.. ich konnte da nichts dafür, ich konnte ihn schließlich nicht kontrollieren. Wobei mir die Frage im Endeffekt auch einfach wahnsinnig unangenehm war. Mehr als das. Dabei hatte ich ja nichts zu verheimlichen, wirklich nicht. Da war nichts zwischen uns Beiden. Zumindest nichts, von dem ich wusste. Ich konnte mich nur daran erinnern, wie er mich letztlich bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte – dann war ich in dem Haus aufgewacht in dem Jareth mich auch mehr oder weniger gefunden hatte. Gerade als ich zu einer Antwort ansetzen wollte ging die Tür zu diesem Zimmer erneut auf, was mir einerseits ganz gelegen kam, damit ich nicht darüber sprechen musste und andererseits echt nervenaufreibend war, weil man immer mit dem schlimmsten rechnete und selbst hier nicht einmal eine einzige Sekunde seine Ruhe haben konnte, wie es schien. Àugenblicklich versteifte sich meine Haltung wieder vollkommen, ich konnte die Person im Türrahmen, die langsam in den Raum hinein trat, noch nicht identifizieren. Dazu war es gerade zu dunkel, ich erkannte lediglich ihre Umrisse. Allerdings brauchte ich das auch nicht, hier war niemand den ich kannte oder kennen könnte – abgesehen von Jareth. Alles stellte eine potentielle Gefahr da, auch diese Gestalt, die sich kurz darauf allerdings schon für ihr ‚Eindringen‘ entschuldigte. Ohne auf ihre Worte einzugehen musterte ich sie einen Moment: „Wer bist du?“, hakte ich nach, als erneut ein Blitz den Raum erhellte, woraufhin ich auch – neben der Stimme, die hatte es einem ja ohnehin schon gesagt – die feminine, zierliche Figur und die dunklen Haare erkennen konnte. Sie hatte keine bedrohliche Haltung eingenommen und dennoch schaffte ich es nicht den Griff um meine Bratpfanne zu lockern. Sicher war sicher, man konnte nie wissen. Vielleicht lullte sie auch gleich Jareth ein. Was würde ich denn tun, wenn der sich gegen mich stellte? Ihm auch eine abziehen? Im Notfall... vermutlich dennoch nicht. Oder? Ich wusste es ehrlich gesagt nicht, ich konnte es wirklich nicht sagen. Und dann hätte ich ihm gerade doch lieber eine Antwort gegeben, wie mir über solche Dinge den Kopf zerbrechen zu müssen.. sehr viel lieber, aber in Gesellschaft einer fremden Person kam das ganz und gar nicht in Frage!

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#604

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in 20.03.2015 16:21
von Elija Amar • 299 Beiträge

Es war eine ziemliche Erleichterung, als Renesmee mir zustimmte und mit mir kommen wollte – wobei ich anschließend eher mit ihr kam, da sie mich hinter sich her zog, bevor ich es überhaupt richtig realisiert hatte. Auch kein Problem, ich wollte nur nicht noch mehr Stress haben und dieser Eingangsbereich war ja gerade zu prädestiniert dafür. Mit meinen geschärften Sinnen achtete ich genau auf den Kailasa und die andere Wachi und machte mir ein Bild davon, was sie jetzt taten. Es war mir relativ egal, ob sie sich angriffen oder unterhielten oder ob jeder von ihnen sich auch einen eigenen Platz suchte – sie sollten Renesmee und mir nur bloß nicht zu nahe kommen. Und uns aufhalten am besten auch nicht, ich wollte jetzt ein wenig Ruhe haben. Also konzentrierte ich mich nur noch einen Moment auf die beiden und dann auf den Weg vor uns. Renesmee zog mich mühelos in einen freien Gang von dem einige Zimmer abgingen. Wieder fragte ich mich, was das hier für ein Gebäude gewesen sein musste. Hinter den Wänden spürte ich so viele kleinere und größere Räume – vielleicht eine Art Hotel oder so? Auf jeden Fall hatten viele Menschen hier rein gepasst und es war für uns Wesen gut möglich sich jeweils ein eigenes kleines Zimmer zu suchen. Allein und ungestört von weiteren Wesen. Also war es doch auch egal, was genau das hier mal gewesen war – wir hatten Platz und Raum und das war die Hauptsache. Als ich die Atmung der Wesen im Eingang kaum noch wahrnehmen konnte, zog ich Renesmee sanft auf eine der Türen zu. Ich konnte dahinter keine Geräusche wahrnehmen, also ging ich davon aus, dass dieses Zimmer uns Privatsphäre bieten würde. Ich umfasste den kalten, metallenen Türgriff und drückte die Holztür auf. Sie roch alt, ein wenig mitgenommen von der ganzen Zeit – sie war alt, keine Frage. Genauso alt, wie das gesamte Gebäude es zu sein schien. Dann drückte ich die Tür ganz auf und trat in den Raum. Ich roch etwas Staub, der durch unsere Bewegungen aufgewirbelt wurde. Genau einschätzen, wie groß oder voll der Raum an Gegenständen war, konnte ich nicht sagen. Dafür würde ich wohl etwas Zeit brauchen und wieder kam dieses leicht unangenehme Gefühl in mir auf. Renesmee war sicherlich schon lange klar geworden, dass ich absolut blind war und rein gar nichts wahrnehmen konnte, aber es war mir ihr gegenüber dennoch ein wenig ungewohnt. Ich wollte irgendwie nicht, dass sie meine Schwäche wahrnahm, wobei es ja für einen Achak keine richtige Schwäche war – unsere anderen Sinne waren viel ausgeprägter und geschärfter. Wir brauchten das Augenlicht in den seltensten Fällen und ich konnte mir auch nicht vorstellen, wie es sein musste, wenn man sich meistens nur auf die Augen verließ. Aber es war mir unangenehm, dass ich nun mit einer sehenden Wachi in einem Zimmer war und sie es so viel schneller um einiges besser erfassen konnte, als ich selbst. Zunächst einmal schloss ich allerdings die Tür hinter uns und stellte durch den leichten Wind, der im Zimmer zirkulierte fest, dass es wohl einen Kamin gab. Also stellte das kein Problem dar.

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#605

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in 20.03.2015 17:39
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Vorsichtig ließ ich mich von Elija in eine Richtung leiten, und zwar direkt auf eine der Türen im Gang auf der rechten Seite. Für mich sahen alle Türen gleich aus, weswegen es mir eigentlich auch recht egal war, in welchen der Räume wir nun gingen. Hauptsache er bot uns Schutz und war nicht allzu verdreckt und unangenehm. Aber wie ich nach dem Öffnen der Tür vernahm, war dieser Raum ganz angemessen. Neugierig spähte ich hinein, verschaffte mir einen Überblick. Wir waren im einem recht großen Raum ohne Fenster, was mich doch ein wenig wunderte. Aber so schlimm fand ich das im Moment nicht. Wenigstens könnte nicht urplötzlich ein Ast hindurch fallen und uns erschlagen. Als nächstes fiel mir ein kleiner, tiefer Tisch im Raum auf, welcher von einer Eckcoutch umzingelt war. Und dann war da noch ein Kamin, der ziemlich alt aussah, aber doch was Schönes an sich hatte, weil er mich doch eben an einen typischen Ausgang für einen im Kamin rutschenden Weihnachtsmann erinnerte. So hieß der bärtige Mann, an den Menschen glaubten, soweit ich mich erinnern konnte. Von meiner Ziehmutter hatte ich viele solche Geschichten gehört, über Menschen und ihre Gestalten, an welche sie glaubten, was sie dann feierten. Man könnte sogar sagen, dass ich halb damit aufgewachsen bin. Sonst gab es hier nichts, was meine Aufmerksamkeit erregte. Hier war ja kaum etwas, außer eine Lampe in der Ecke des Raumes, die jedoch nicht mehr zu funktionieren schien. Und ein altes Regal an der Wand, welches mit einigen Heftern und Büchern bestellt war. Was das wohl für ein Raum war? Wahrscheinlich etwas wie ein Besprechungszimmer der etwas gemütlicheren Art. Und in einer Psychiatrie war sowieso alles schlicht und einfach gehalten. Waffen durfte es in solchen Räumen ebenfalls nicht geben, immerhin handelte es sich um vielleicht etwas kranke Leute, die ebenso kranke Sachen im Kopf haben könnten.
Nachdem Elija die Tür hinter uns geschlossen hatte, fühlte ich mich schon gleich sicherer und nicht mehr bedrückt vor all den Leuten, all den Konflikten die entstehen könnten oder entstanden sind. "Du hast aber einen schönen Raum ausgesucht.", meinte ich, während ich mich immer noch umschaute. Ja, man konnte es durchaus als gemütlich zählen. Zwar war alles etwas staubig und abgeranzt, aber immernoch akzeptabel. Was sollte man von so einem alten Ort auch erwarten? "Schau mal,da ist sogar noch Holz im Kamin..", fügte ich hinzu und wies in diese Richtung. Das war mir erst gerade eben aufgefallen und kam uns nur allzu praktisch. Dann könnten wir eventuell auch ein Feuer entfachen. Letztendlich lockte meine Neugier mich doch zu dem Regal mit den vielen Ordnern, sodass ich mich von Elijas Hand löste und dorthin schritt, sogleich nach einem schwarzen, ziemlich breiten Heftern griff und über den staubigen Band strich. "Ich frag mich, ob es hier auch sowas wie Geister gibt.", meinte ich, obwohl es eher so aus Spaß und absolut nicht ernst gemeint war. Das kam mir gerade so in den Kopf, als ich den Namen einer jungen Frau las. Ein Foto, welches beigelegt war.. Man sah die gruselig aus, das könnt ihr mir glauben. "Amelie Saunters.", las ich laut vor.

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#606

RE: START

in 23.03.2015 14:36
von Elija Amar • 299 Beiträge

Ein leichtes Lächeln umspielte kurz meine Lippen – einen schönen Raum hatte ich also ausgesucht. Na das war doch immerhin etwas. Und das Feuerholz kam uns mehr als nur gelegen. Es war inzwischen doch ziemlich kalt und die nasse Kleidung, die noch immer an meinem Körper klebte, schien auch nicht einfach so zu trocknen. Als Renesmee dann meine Hand los ließ und in die eine Richtung ging – keine Ahnung, was da war – wandte ich mich zu dem Kamin und dem Holz. Ich hatte gelernt ein Feuer zu entzünden, mit einem dünneren Ast und einem dickeren Ast, der eine kleine Kuhle hatte. Dann ganz schnell an dem Ast reiben und es entstand mit etwas Glück und Geschick ein Funke, der das Holz zum Brennen brachte. Vorausgesetzt, dass das Holz trocken war und als ich meine Finger so darüber streichen ließ, stellte ich fest, dass es das war. Vermutlich lag es schon eine ganze Weile in diesem Kamin und ganz offensichtlich kam kein Wasser hier rein – wäre für einen Kamin ja aber irgendwie unpraktisch, wenn er undicht war.
Meine Aufmerksamkeit wandte ich von dem alten Kamin ab, als Renesmee etwas sagte. „Geister? Ganz bestimmt. Vielleicht kommen sie ja gleich und überfallen uns – wer weiß schon, ob sie allerlei Wesen in ihrer Heimat gutheißen“, erwiderte ich mit ironischem Unterton. Ich glaubte an Geister, so war es ja nicht. Aber ich glaubte nicht an Geister, die in einem Haus blieben und die Besucher ängstigten. Da war meine Vorstellung für den Ablauf nach dem Tod doch irgendwie zu genau. Man starb, verweilte einen Moment als Geist auf der Erde – und blieb länger, wenn man noch mit etwas abschließen musste – bevor der Tod, der Sensemann, einen durchs Licht führte. Ja, das klang etwas kitschig, aber was sollte es. Irgendwie war das Teil meiner Vorstellung. Und dann brachte der Tod einen in den Limbus, eine Ebene zwischen Leben und Tod, ein wenig wie das Paradies, der Garten Eden, den die Menschen mit Gott verbanden. Meiner Ansicht nach konnte man dort verweilen, wenn man wollte oder über die Brücke des Lebens in ein neues Leben starten – einfach noch mal von vorne anfangen, als ein anderes Lebewesen oder vielleicht auch wieder als ein menschliches Wesen. So etwas hing ja irgendwie vom Karma ab und so, aber damit hatte ich mich noch nicht auseinander gesetzt. Ich hatte ja nicht vor diesen Garten so bald zu betreten..
Ich merkte, dass ich mit meinen Gedanken abgeschweift war und räusperte mich kurz. „Was?“, fragte ich dann, weil ich die Worte der Wachi nicht verstanden hatte, besser gesagt nicht wirklich zuordnen konnte. Durch meinen Gedankengang hatte ich ihre sanften Bewegungen nicht nachvollziehen können und so irgendwie verpasst, dass sie einen Ordner genommen und begonnen hatte in diesem zu lesen.

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#607

RE: START

in 23.03.2015 17:12
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Während sich Elija kurz dem Kamin in diesem Raume zuwandte, war ich immer noch ganz vertieft in die Inschriften dieses Ordners, sodass ich auch bei seinen nächsten Worten nicht aufblickte, aber trotzdem wachsam zuhörte. ''Oh jaa..'', bestätigte ich leicht lachend. Diese Vorstellung war einfach nur zu komisch. Ich glaubte an Geister, aber irgendwie nicht daran, dass man sie auch wahrnehmen konnte. Sicherlich spürte man dann eine gewisse Aura, die in dem Moment vielleicht in der Luft hing, aber sonst konnte man unmöglich diese transzendenten Wesen wahrnehmen. So dachte ich zu mindestens. ''Und wenn sie uns überfallen bin ich abermals auf deine kriegerischen Fähigkeiten angewiesen.'', beschwichtigte ich, während ich kurz aufblickte. Kurz danach fragte er auch schon Was?, als hätte er meine Worte nicht wahrgenommen. Oder war es Erstaunen, Ungläubigkeit? Ich wusste es im Moment nicht so ganz. ''Amelie Saunters..'', wiederholte ich dann, als mein Blick wieder auf das schon leicht vergilbte Papier mit dem schwarz-weiß-Foto fiel. Die junge Frau hatte streng nach hinten gesteckte Haare, sah ein wenig wie eine Verbrecherin aus, weil sie absolut keine Emotionen zeigte und generell wie versteinert aussah. Zugegeben.. ihr Gesicht sah sogar ein wenig verrückt aus. große Augen, ein merkwürdiges Funkeln in den Augen. ''..16 Jahre alt. Litt unter eine komplexen Persöhnlichkeitsstörung, die jedoch nie komplett erforscht werden konnte.'', murmelte ich vor mich hin. ''Ach du meine Güte. Die scheint echt krank zu sein.'' Bei den nächsten Worten lief mir ein kleiner Schauer über den Rücken. ''Ertränkte ihre kleine Schwester in der Badewanne. Anzeichen von Schnittstellen, litt unter häuslicher Gewalt und brachte diese dann mit in die Psychatrie, was so viel heißt wie, dass sie auf andere Personen los ging. Sie versuchte sogar eine Frau mit einer scharfen Kante einer zersplitterten Vase zu töten... und brachte sich anhand dieser Scherbe um, indem sie diese verschluckte.'' Ich zog eine leicht angewiderte Grimasse und schaute zu Elija hinauf. Hier schienen anscheinend Akten einiger Patienten untergebracht worden zu sein. Ich erkannte auch, dass dieses Regal einmal Sicherrungsschlösse hatte. Diese schienen jedoch teilweise herausgesprungen oder kaputt gegangen worden zu sein.

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#608

RE: START

in 24.03.2015 21:58
von Elija Amar • 299 Beiträge

Ich war aufgestanden und ein paar Schritte auf Renesmee zugelaufen. Ich würde ihr nicht über die Schulter schauen und mitlesen – ging ja eh nicht, aber irgendwie faszinierte mich das, was sie vorlas. Faszinierte mich auf eine überraschte und leicht angewiderte Art. Geisteskrankheit im Generellen fand ich irgendwie faszinierend, einfach, weil man die Menschen nicht einschätzen konnte. Weil sie immer etwas Unerwartetes tun konnten, was in ihren Augen aber normal war – oder merkte man selbst, dass man vollkommen anders war? Dass man krank war? Ich würde es lieber nicht selbst heraus finden wollen und die Schilderungen zu dieser Frau waren doch schon etwas beängstigend. „Sie hat diese Scherbe einfach so geschluckt?“, fragte ich etwas ungläubig und erwischte mich selbst, wie ich nun doch ganz nah an Renesmee heran getreten war, als wollte ich mit ihr gemeinsam lesen. Oder besser: die Zeilen erneut lesen, um sie besser zu erfassen, zu verstehen, dass jemand so etwas tatsächlich getan hatte. Das mussten ja unglaubliche Schmerzen sein und eigentlich wollte ich mir das gar nicht vorstellen. Ein wenig Räusperte ich mich, weil sich das Gefühl einer stumpfen Scherbe in meinem Hals ausbreitete – also hatte ich es mir unbewusst doch vorgestellt. War ja mal wieder ganz typisch für mich.
„Was denkst du, wie viele solcher Leute hier untergebracht wurden? Ich meine.. das Gebäude scheint ja wirklich groß zu sein“, überlegte ich und versuchte es in etwa abzuschätzen. Wenn in jedem Raum, hinter jeder einzelnen Tür, die ich wahrgenommen hatte, eine geisteskranke Person gesessen hatte, waren das doch schon einige. Wir waren ja auch nur im Eingangsbereich gewesen und dann einen der Gänge entlang gelaufen. Während meine toten Augen auf der Brünetten lagen, griff ich mit der Hand halb nach der Akte. Ich nahm sie aber nicht und berührte sie auch kaum. Meine Finger lagen auf dem obersten Blatt, während mein Daumen einmal sanft an der Seite entlang strich. Es schien nur die Akte der einen Frau zu sein – vermutlich standen wir also vor noch viel mehr Papieren, die andere Patienten erfassten, denn diese Akte hier war zu dünn, um viele zu beschreiben. Meine Hand glitt zurück und ich trat auch einen Schritt zurück. Ich sollte Feuer machen. Es sollte langsam etwas wärmer werden hier, damit wir wirklich trocknen konnten. „Hast du Hunger? Ich glaube ich habe noch etwas Fleisch dabei“, fragte ich die Wachi dann und wandte mich wieder von ihr ab, dem Kamin zu. Ich kniete nieder und suchte mit den Fingern einen schmalen Ast und einen dickeren Baumstamm und begann mit dem Reiben, um ein Feuer zu entfachen.

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#609

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in 24.03.2015 22:14
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Elija schien die ganze Sache genauso zu faszninieren wie mich selbst. Die Sache an sich war nicht gerade angenehm, aber das Verhalten einiger Personen, die Psyche.. Wie konnte in Mensch so sehr von den normalen Wahrnehmungen und Verhaltensweisen abweichen? Solche Fragen interessierten mich schon immer. Psychologie. Ein sehr interessantes Fachgebiet. Um diese Menschen mit Geisteskrankheiten verstehen zu können, warum sie da taten was sie eben taten, musste man weit in die Gedanken dieser eingreifen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, was das für ein langer Lernweg sein musste, um endlich die vollkommene Ausbildung zu besitzen, um anderen Menschen auch wirklich helfen zu können. Man muss sich in sie hineinversetzen, jeden einzelnen ihrer nachvollziehen können und versuchen zu verstehen, warum sie so handelten. ''Ja, ich glaube sie hat sie einfach so geschluckt.'', gab ich dann zu. Ich wusste es natürlich nicht genau, aber wenn es hier in dieser Akte stand, warum sollte es nicht stimmen? Auch mir ließ der Gedanke an das Schlucken einer Scherbe ein komisches Gefühl im Hals aufsteigen. ''Eigentlich wird ja alles, was zur Verletzung dienen kann, weggeschlossen, weswegen es wohl eine Scherbe tun musste.'', deutete ich die Lage. Elija trat auf mich zu, stand nun ganz nah bei mir, während er nach dem Band der Akte griff und darüber strich. Bei seiner Frage blickte ich auf. Das war eine gute Frage. Ich überlegte einige Sekunden. ''Ich schätze sehr viele. Jedoch nahm die Zahl der Patienten bestimmt immer wieder ab und zu. Und dann muss man auch noch zwischen den Menschen mit verschieden starker Störung unterscheiden.. Einige sind einfach nur depressiv, während andere'', ich deutete kurz auf das Bild, obwohl er das ja nicht sehen konnte, ''wirklich schwerwiegendere Probleme haben. Wahrscheinlich hat das alles einen weitgreifenden Hintergrund.. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mensch von einen auf den anderen Tag krank werden kann..'' In meiner Stimme klang leichte Trübseligkeit. Das war schon traurig. Seufzend wandte ich mich nun von er Mappe ab, steckte diese wieder zwischen die vielen anderen Hefte. So sorgfältig, als wäre die Mappe selbst ein wertvolles Leben mit geschichtlicher Bedeutung. Jedes Leben war wichtig und wertvoll.
''Ja - ja gern.'', antwortete ich auf seine Frage. Zwar hatte ich vor Kurzem gegessen, doch ein kleiner Snack schadete nie. Ich schaute Elija dabei zu, wie er geschickt ein Feuer zu entfachen versuchte.

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#610

RE: START

in 24.03.2015 22:59
von Elija Amar • 299 Beiträge

Mal mehr, mal weniger – ja, so in etwa stellte ich mir das auch vor. Vielleicht gab es ja auch unterschiedliche Phasen der Gesellschaft, wo ein Individuum an sich dann schneller von solchen Krankheiten betroffen war, als zu anderen Zeiten. Oder Zeiten, wo es einfach anders betrachtet wurde – wer konnte denn schon wahre Geisteskrankheit definieren? Es lag irgendwo immer im Auge des Betrachters und so war es sicherlich auch schon vorgekommen, dass Menschen, die unter anderen Umständen normal mit ihren kleineren oder größeren Fehlern gelebt hätten, in so ein Haus hier eingeliefert wurden. Weil ein Einzelner beschlossen hatte, dass die individuellen Fehler und Eigenheiten als Krankheit zu definieren waren. Als Krankheit, die in so einer Einrichtung kuriert werden konnte oder eben zu gefährlich für die normale Gesellschaft war – wenn man denn überhaupt jemanden normal nennen konnte.
Zwischen meinen Fingern entsprang ein erster Funke und so entzündete sich bald eine kleine Flamme, die sich dann auf dem trockenen Holz ausbreitete und behutsam zu einem ansehnlichen, wärmenden Feuer wuchs. Ich stand wieder auf und trat von dem Kamin weg. Ich konnte die Hitze ohne Probleme spüren, merkte direkt, wie sie mich wärmte und trocknete, aber ich konnte sie mir einfach nicht vorstellen. Wie musste etwas aussehen, dass so eine Ausstrahlung hatte? Wie sieht überhaupt etwas aus , ergänzte ich die Frage etwas sarkastisch in Gedanken und verwarf sie dann direkt wieder. Ich würde es doch eh niemals sehen können. Und es brachte mir auch nichts mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Es war nur irgendwie so anders im Moment.. ich versuchte mir vorzustellen, wie Renesmee die Welt um sich herum wohl wahr nahm. Was wirkte anders auf sie durch ihre Augen? Was war aber doch gleich mit der meinen Wahrnehmung? Es war absolut neu für mich, weil ich nur mit Meinesgleichen aufgewachsen war. Blinden oder beinahe blinden Achak und jetzt stand diese Wachi vor mir und veränderte wieder alles. Ich … ich verwarf irgendwie Stück für Stück alle meine Vorsätze, all meine scheinbar abgeschlossenen Gedankengänge wurden wieder neu aufgerollt und das alles irritierte mich ungemein – nur konnte ich nicht viel dagegen tun. Sie berührte mich, tief in mir und ich mochte das Gefühl, ganz egal, welche Verwirrung sie gleichermaßen auslöste.
Ich zog meinen Rucksack von den Schultern und öffnete ihn, um den toten Vogel heraus zu holen. Ich konnte ihm die Federn entfernen und ihn essfertig machen, aber ich war mir auch hier unsicher, wie es aussah. Wie brutal oder widerwärtig konnte so etwas schon sein? Es ging immerhin doch eigentlich nur um etwas, dass eh schon tot war und zum Essen bestimmt. Aber dennoch hielt ich das Tier Renesmee entgegen. „Wärst du so lieb?“, fragte ich einfach nur und ging mal davon aus, dass sie keine Probleme damit hatte – ein bisschen menschliche Nahrung nahmen ja eigentlich alle Wesen noch zu sich.

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#611

RE: START

in 24.03.2015 23:35
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Kurz nachdem Elija es nun geschafft hatte, ein Feuer zu entfachen -zugegeben sehr geschickt, so hätte ich es nicht hinbekommen- begann er schon einen toten Vogel aus dem Rucksack zu holen. Wann hatte er denn geschafft ihn noch zu erlegen? Einfach faszinierend. Wie hatte er diesen Vogel überhaupt gefangen? Ich konnte es mir nur anhand von Pfeil und Bogen vorstellen. Was für eine Technik er aber hatte, konnte ich mir nicht erschließen. Pfeil und Bogen schien er jedenfalls nicht benutzt zu haben, da er dies gar nicht dabei hatte. Still schaute ich zu, wie die bunten Federn des Vogels zu Boden fielen und dieser immer kühler wurde. Bald sah er fast nur noch wie ein zerrupftes Hühnchen aus, was mir beinahe schon leid tat. Ja, man könnte mich durchaus als tierfreundlich bezeichnen - sehr tierfreundlich. Ich dachte ungern daran, dass ich diese Nahrung eigentlich nicht benötigte und sie somit.. verschwendet war. Ein Leben geopfert, obwohl das nicht nötig gewesen wäre. Aber es kam ja nicht das erste mal vor, dass ich Fleisch aß. Meistens setzte ich jedoch auf Brot, Obst oder Beeren.
Elija reichte mir das Tier und ich nahm dieses ohne zu zögern entgegen. "Klar.", antwortete ich freundlich. Dann machte ich mich schon daran, die restlichen kleinen Federn zu entfernen. Mit essen wollte ich sie nur ungern, würde wahrscheinlich nicht so schmecken. Währenddessen überlegte ich, wie wir das Fleisch denn am besten zubereiten konnten. Auf Kräuter und Salz mussten wir wohl verzichten. Mein Blick wanderte durch den Raum. Fast nichts nützliches, was man gebrauchen könnte. Mir blieb wohl nichts anderes übrig als zu improvisieren. Mit einer flinken Bewegung zog ich meinen Dolch aus der gewohnten Stelle, legte den Vogel kurz ab und trennte den Kopf mit einem gezielten Schnitt ab. Ich schaute dem Tier beim Essen nicht so gern im die toten Augen. Dann spießte ich den Körper längst auf den langen Dolch. Er wurde nicht verbrennen, war aus Stahl. Kurz darauf legte ich das Messer so ab, dass es schräg in die Flamme gehalten wurde und das Fleisch somit auch nach nicht allzu langer Zeit fertig war.
Die Hände abklopfend erhob ich mich. Mir wurde schon etwas wärmer und die Kleidung begann auch zu trocknen. Ich versuchte mein wirres Haar irgendwie mit den Fingern zu entknoten. "Sag mal.. wie stellst du dir eigentlich Dinge vor?", fragte ich Elija dann ganz direkt aber trotzdem mit eine vorsichtigen Unterton in der Stimme. Das hatte mich schon immer interessiert. Wie stellten sich Blinde Dinge vor, die sie nicht kannten? Hatten sie gewisse Formen oder Farben im Kopf? Fühlten sie irgendwas? Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es nichts gab. Da muss doch etwas sein.. klar kann man sich als Sehende schlecht In solche Situationen hineinversetzen.. Neugierig blickte ich in die grauen Augen des Achak. "Du hast übrigens ganz schöne Augen.", meinte ich dann leicht verschmitzt und warf mein Haar zurück.

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#612

RE: START

in 25.03.2015 12:07
von Elija Amar • 299 Beiträge

Sie wusste es also. Natürlich wusste sie es – so schwierig war es vermutlich ja auch nicht raus zu bekommen. Vor allem, weil die meisten Mythen über mein Volk – nein, meine Rasse, es gab mein Volk ja nicht mehr – davon sprachen. Wir waren zu einem großen Teil erblindet und dennoch galten wir also besonders gefährlich, unbesiegbar nannten es manche. Das war natürlich absoluter Quatsch – kein Achak war unsterblich oder so. Wir waren geübt in unserem Handwerk und konnten uns gut verteidigen. Deshalb empfanden wir dennoch Schmerz und es würde sich wohl keiner wieder zusammen nähen lassen, wenn man einmal den Kopf abgeschlagen hatte – das war doch etwas zu unrealistisch. Aber um diese Tatsache ging es ihr überhaupt nicht. Es ging rein um meine Augen, die nicht funktionierten, wie sie sollten. Und die Art, wie sich mir Dinge präsentierten.
Zunächst wusste ich keine Antwort auf die Frage und blieb einen Moment still, nahm ihre zweite Aussage mit einem Lächeln hin und schwieg ein paar Sekunden weiter. Was sollte ich ihr groß sagen? Wie konnte ich etwas beschreiben, was für mich selbst schwer zu begreifen war und ich gar nicht wirklich mit Begriffen des Sehenden umschreiben konnte? Dann fiel mir eine Sache ein, die ihr vielleicht all das ein wenig verständlich machen würde und vielleicht würde ich dann auch bessere Worte dafür finden. Ich trat also einen behutsamen, lautlosen Schritt auf sie zu. Dann einen weiteren und noch einen, bis ich ganz knapp vor der jungen Wachi stand. Ich hob die Hände, ein wenig unsicher zugegeben, aber sie hatte ja gefragt. Meine blinden Augen waren irgendwie mal wieder auf ihre sehenden Augen fixiert und langsam umschloss ich mit meinen Händen ihre Wangen, ihr Gesicht. „Ich .. habe keine wirkliche Vorstellung, kein Bild im Kopf“, wisperte ich dann und ließ meiner Stimme einen Hauch Sarkasmus beiklingen, als ich zweite Phrase sprach, „aber Berührungen helfen mir. Ich nehme Menschen und Dinge durch sie als Selbst wahr, wenn das irgendwie Sinn ergibt. Wenn… nein… als ich dich das erste Mal getroffen habe, mit Nerea am Waldrand – du erinnerst dich ja bestimmt – konnte ich dich allein durch deine Ausstrahlung als Wachi wahrnehmen. Deine Schritte, die Kraft mit der du auftrittst und das Gefühl, was in jedem einzelnen davon liegt, identifizieren dich als Frau. Der Wind, der dir durch die Haare weht, an deinem Körper abprallt und vorbei weht – das alles gibt mir ein Gefühl dafür, wie groß du bist. Wie schlank oder dick ein Mensch ist und auch ein wenig verrät es etwas über deine Haltung. Haltung wieder rum ist für mich ein Zeichen für das Alter, die Kraft und den Mut einer Person.“ Meine Hände sanken langsam von ihren Wangen herab, hatten sie zuvor leicht gestreichelt und umfassten jetzt ihre Hände. „Und natürlich ist da noch deine Stimme. Die Art, wie du etwas betonst, die Worte, die du wählst – auch das gibt mir eine Vorstellung des Menschen, der vor mir steht, obwohl ich niemals in der Lage sein werde dich zu sehen. Und trotzdem kann ich sagen, dass du wunderschön bist – von innen heraus“, mit diesen geflüsterten Worten endete ich und lächelte leicht. Ich war mir nicht sicher, ob sie dadurch eine Vorstellung meines Sehens bekommen hatte, aber so genau hatte ich es glaube ich noch nie jemandem beschrieben. Es hatte aber nie jemand danach gefragt, da es ja bei uns selbstverständlich war. Gerne würde ich fragen, wie es war zu sehen, aber ich wusste selbst, dass es mir keine Möglichkeit geben würde tatsächlich eine Vorstellung davon zu bekommen. Ich konnte es nicht begreifen und es würde mich wohl nur deprimieren noch mehr darüber zu erfahren.

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#613

RE: START

in 25.03.2015 14:49
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Er kam einige Schritte auf mich zu, bis er mir wieder total nahe stand. Ich hatte beinahe das Gefühl, als würde er sogar mein Herz schlagen hören, obwohl ich doch gar nicht so verkrampft und nervös war, wenn er denn in meiner Nähe ist. Bei manchen Wesen ist es eben viel einfacher, sich wirklich fallen zu lassen und so zu zeigen, wie man wirklich ist. Ich mochte generell noch nie diese Art, sich verstellen zu müssen. Oder eben Personen, die sich verstellten, aus was für einem Grund auch immer. Elija zählte doch eindeutig zu den Wesen, denen ich mein wahres Ich präsentieren konnte - und das ohne Probleme und Scheu.
Mich faszinierte wieder einmal diese Art, wie er alles so grandios meisterte. Man konnte kaum glauben, dass er wirklich blind war. Nur wenn man eine etwas längere Zeit in seiner Gegenwart ist, erkennt man die leichten körperlichen Züge eines jemanden, der kein Augenlicht besitzt. Beinahe automatisch legte er auch seine Hände an meine Wangen, als wüsste er, wo ich stehe. Wo mein Gesicht ist, wie groß ich bin.. Er erklärte mir, er habe kein Bild im Kopf, konnte aber alles anhand des Windes erkennen. Die Proportionen eines Menschen, wenn der Wind sich an dessen Körper entlangschlingelte. Oder die Ausstrahlung.. Ja, er spürte wahrscheinlich deutlich mehr Ausstrahlung, weil er eben nichts sah. Immerhin musste er sich auf seine anderen Sinne konzentrieren - und diese waren auch deutlich besser als einer.. Wachi wie mir zum Beispiel. Und durch Berührungen nahm er Menschen wahr. Seine Worte faszinierten mich immer mehr. Wie konnte mich ein Achak denn so mit seinen Worten in den Bann ziehen? Ich war doch die Wachi hier! Aber es geschah nunmal so. Automatisch schloss ich die Augen, während er weiter zu erzählen begann. Ich versuchte tatsächlich, mich in Elijas Situation hineinzuversetzen. Als jemand, der nicht sehen konnte und sich auf die anderen Sinne verlassen musste. Zu gegeben: Es gelang mir ganz gut. Vielleicht verstand ich jetzt nun viel besser, wie es sich anfühlen musste. Irgendwie handelte es sich dabei um eine ganz andere Art des Sehens. Man sah nicht mit den Augen, nahm alles andere viel besser wahr. Und seine Stimme hatte nun auch einen ganz anderen Klang, wenn ich meine Augen schloss. Er legte eine kleine Pause ein, ließ die Hände sinken und nahm stattdessen meine Hände. Das brachte mich dazu, wieder die Augen zu öffnen und ihn mit meinen braunen Augen anzuschauen. Mir wurde schon einige Male gesagt, dass ich eine außergewöhnliche Stimme hatte. Ich selbst konnte das natürlich schlecht beurteilen und wahrnehmen, doch seine Worte ließen mich da doch ein wenig sicherer sein. Mein Gott er überschüttete mich beinahe mit Komplimenten, was ich so noch gar nicht gewohnt war. Und trotzdem kann ich sagen, dass du wunderschön bist – von innen heraus.. Ein Lächeln huschte über meine Lippen und ich wusste beinahe nicht was ich sagen sollte. All diese Worte... sie hatten so schön und intensiv geklungen und mir einen besseren Überblick verschafft. Echt faszinierend. Ich entzog meine rechte Hand der seinen und führte diese dann an sein Gesicht. Zuerst strich ich ihm mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken, dann ließ ich meine Hand an seiner Wange verweilen. ''Wow.'', brachte ich vorerst nur heraus. ''Ich meine.. danke. Danke, dass du es mich so in deine Sicht des Sehens eingeweiht hast. Ja, man könnte tatsächlich sagen, dass du siehst. Nur anders eben. Nicht mit deinen Augen, mit deinem Inneren. Habe nur selten Menschen kennengelernt, die so tiefgründig sein können wie du.'', meinte ich schmunzelnd. ''Und ich muss sagen.. du bist innerlich genauso schön wie äußerlich.'', brachte ich leise flüsternd und zu gleich locker hervor.

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#614

RE: START

in 25.03.2015 15:11
von Elija Amar • 299 Beiträge

Während ich sprach, konnte ich ihren ruhigen Herzschlag wahrnehmen. Es hatte erst schneller gepocht, als ich auf sie zugetreten war, doch im Laufe meiner Worte wurde sie ruhiger. Sie entspannte sich und schien tatsächlich zu verstehen. Vielleicht hätte ich es ihr noch mehr erklären können – auf Gerüche und andere Geräusche eingehen, aber das brauchte ich wohl gar nicht. Als sie dann eine meiner Hände los ließ und stattdessen mein Gesicht berührte, blieb ich still stehen. Jetzt war mein Herz an der Reihe ein wenig schneller zu schlagen. Ein Lächeln lag auf meinen tiefroten, trockenen Lippen und ich sog ihre Berührung gerade zu in mich auf. Es war schön, angenehm und irgendwie ein Stück weit elektrisierend. Die andere Achak lag vollkommen falsch – es gab für mich keinen Grund mich von diesem Wesen, diesem anderen Wesen, fernzuhalten. Sie berührte mich, mehr als es jemals ein Wesen meinesgleichen geschafft hatte. Was sollte also daran falsch sein, wenn wir Zeit miteinander verbrachten? Was sollte falsch daran sein, wenn es sich doch so unglaublich richtig anfühlte?
Unbewusst war ich noch ein Stück auf sie zugetreten und legte meine freie Hand auf ihre an meiner Wange. Ich nahm mit all meinen funktionierenden Sinnen die Wachi in mir auf. Ich spürte sie tief in mir und es ein bisschen, als würde sie einen Funken in mir zum Leuchten bringen – so kitschig das auch klingen mochte. Ich wollte noch etwas sagen, aber es fiel mir einfach kein einziges Wort ein. Sie war so unglaublich und ich… ich wollte sie küssen, aber ich wagte es nicht. Was, wenn sie mich zurück wies? Klar, sie hatte mir soeben auch ein Kompliment gemacht – eines, das ich selbst nicht beurteilen konnte ohne meinen Sehsinn. Aber sie meinte es gut und das wusste ich. Ich schien ihr ja immerhin auch wichtig zu sein, sonst würde sie diese Nähe doch gar nicht zulassen. „Du bist der wundervollste Mensch, den ich kenne“, hörte ich meine eigene Stimme hauchen, ohne es zuvor bemerkt zu haben. Es war einfach so gekommen und absolut ehrlich. Mein rechter Daumen strich ihr sanft über den Handrücken, während mein Körper sich noch mal näher an sie heran neigte. Es waren nur noch wenige Zentimeter zwischen uns und dieses Gefühl beflügelte mich irgendwie. Also überbrückte ich auch diesen letzten kleinen Abstand Luft und legte meine Lippen auf ihre. Meine linke Hand löste sich von ihrer und umfasste stattdessen ihre Hüfte, um sie wirklich zu spüren. Wirklich bei mir zu haben. Meine rechte Hand hingegen sank wieder nach unten, zog ihre Hand mit und verschränkte sich kurz mit dieser.
Der Augenblick, da meine rauen Lippen auf ihre sanften, weichen Lippen getroffen waren, war wie eine kleine Explosion in mir drinnen – es war unglaublich. Und endlich verstand ich auch, warum sich Menschen immer zusammen taten. Warum man einen Partner suchte und nicht allein bleiben wollte. Immerzu hatte mich der Wald erfüllt, die Freiheit, die er mir bot und natürlich der Zusammenhalt innerhalb meines Stammes. Aber jetzt, da schien es mir irgendwie so, als hätte ich gar nicht richtig gelebt. Als hätte ich so vieles verpasst in der Vergangenheit und so genoss ich den zarten Kuss umso mehr. Ich konnte nur hoffen, dass sie ihn wirklich zuließ und mich nicht noch zurück stieß, denn ich glaube, dass ich so langsam anfing mich tatsächlich in die Wachi zu verlieben.

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#615

RE: START

in 25.03.2015 15:36
von Renesmee Lucy Delevingne • 603 Beiträge

Die nächsten Sekunden hüllten mich irgendwie in eine Art.. Aura, die alles andere um mich herum verschwommen wirken ließ. Ich hatte das Gefühl, auf einem ganz anderen Planeten zu schwirren. Die Umgebung um mich herum war schon gar nicht mehr in meinem Blickwinkel, da ich nur noch Elija im Auge hatte und zugegeben auch gar nicht wegschauen wollte. Meine ganzen Sorgen, dass zum Beispiel jemand im nächsten Moment hier rein stürmen und uns überrumpeln konnte oder genau in diesem Augenblick ein riesiger Baumstamm auf das Dach des Gebäudes fiel, waren wie weggeblasen. Nein ich hatte in diesem Moment sogar vergessen, wo ich war, warum ich mich hier befand. Alles andere.. benebelt eben.
Elija kam noch ein weiteres Stück näher, sodass ich beinahe das Gefühl hatte, unsere Herzen waren sich jetzt so nahe, dass sie in jedem Moment gegeneinander schlugen oder vielleicht sogar den gleichen Rythmus annahmen. War das nicht so? Menschen, die füreinander geschaffen sind hatten sozusagen den gleichen Tackt. Das Herz schlug gleich, als wäre es eines.. Wenn ich vor einigen Wochen gewusst hätte, was für kitschige und romantische Gedanken ich denn in mir tragen konnte, würde ich nur lachen und ungläubig abwinken. Ich war nunmal eine Wachi und hatte mich darauf eingestellt, den Rest meines Lebens alleine zu sein. Männer braucht ich nur zum Überleben. Ja, ich war wirklich fest davon ausgegangen, niemanden wie Elija zu treffen. An die wahre Liebe glaubte ich nie. Ich konnte auch nicht behaupten, dass das hier, was sich gerade zwischen uns entwickelte, auch genau das Richtige war, aber man durfte doch wohl mal in seiner kleinen, glücklichen Welt schweben..?
Wiedereinmal huschte ein ungewolltes Lächeln über meine Lippen. Wer hat mir jemals diese Worte entgegengebracht? Niemand. Es klang vermutlich ganz schön schnulzig, aber für mich war es in diesem Moment genau perfekt. Es überraschte mich trotzdem, dass er so schnell so etwas zu mir sagen konnte. Wir kannten uns gerade mal.. einige Tage. Aber gut, zur Zeit war mir das wirklich egal, denn am liebsten hätte ich ihm genau das gleiche entgegengebracht, was ich schließlich auch tat. ''Du bist der wundervollste Mensch, den ich kenne.'', wiederholte ich seine Worte dann, was aber eher bedeutete, dass ich sie erwiderte. Konnte ich behaupten, dass er für mich der wundervollste Mensch ist? Ja, im Moment schon. Ich kannte nie viele Leute, hatte nie wirklich jemanden gehabt, der mir so dermaßen wichtig war. Und ich kannte schon gar niemanden, der meine Gefühle so durcheinander gebracht hatte - und das auch noch in so kurzer Zeit. Unglaublich. Ich ertappte mich dabei, wie es doch tatsächlich in Versuchung, ihn zu küssen, geraten war. Doch meine schüchterne Seite hatte wieder mal dazwischen gefunkt. Ich war mir einfach unsicher gewesen. Und irgendwie hatte ich auch das Gefühl, als wäre er sich dabei unsicher. Hatte er den gleichen Gedanken? Diese Frage klärte sich bald wie von selbst, als er sich zu mir hinunterbeugte - da fiel mir wieder mal auf, wie groß er war - und sanft seine Lippen auf meine legte. Seine tiefroten Lippen.. normalerweise waren ja die Frauen die jenigen mit dunklen Lippen. Dieser Gedanke ließ mich ein wenig schmunzeln. Mein kleiner, geheimer Wunsch, der vermutlich schon die ganze Zeit in mir gewesen war, erfüllte sich nun. Vorsichtig ließ ich mich von ihm heran ziehen, während ich die freie Hand von seiner Schulter an seinen Nacken wandern ließ. Es war ganz anders als alle Küsse, die ich jemals erlebt hatte. Nun ja, bisher waren sie auch alle eher unbedeutend gewesen. Entweder Spiel oder Pflicht, wenn ich jemanden verführte. Hierbei hatte ich jedoch ganz andere Absichten. Verführen wollte ich ihn schon gar nicht. Zu mindestens nicht in diesem Sinne, dass ich ihn dann als Nahrung haben wollte... Nein, sein Blut war doch eindeutig zu kostbar. Ich vertiefte den Kuss und ließ meine Augen geschlossen, weil ich in diesem Moment wirklich nichts dagegen hatte, einmal blind zu sein.

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