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Es war wunderschön. Und als sie unseren Kuss noch vertiefte, schloss ich meine Augen. Ich wusste selbst nicht genau wieso, für mich machte es keinen Unterschied, aber es war einfach passiert, rein aus dem Gefühl heraus und es fühlte sich richtig an. Da war kein Zweifel mir in mir, ich fühlte mich nicht benutzt oder gebraucht, sondern einfach nur richtig gut. Der sanfte Druck ihrer Lippen beflügelte mich erneut und ich verstärkte zart den Druck meiner Hand an ihrer Hüfte, die inzwischen eher ihren Rücken umfasste. Es war mir egal, dass ich ein ganzes Stück größer war und dass wir eigentlich so verschieden waren.. ich genoss einfach nur den Moment. Vor allem aber war es mir vollkommen egal, dass wir einander erst vor wenigen Tagen getroffen hatten. Es konnte keiner sagen, ob wir diesen Sturm hier überleben würden oder ob vielleicht gleich ein Baum direkt auf uns stürzte – wozu also warten in einer Zeit, die so wechselhaft und unberechenbar war. Ich wollte Renesmee bei mir haben. Und das reichte mir.
Langsam löste ich meine Lippen wieder von ihren, öffnete auch die blinden Augen wieder, und ließ sie ein wenig lockerer. Ein glückliches Lächeln lag auf meinen Lippen und mein Herz schien beinahe zu explodieren in meiner Brust – nur gut, dass ich hören konnte, wie ihres sich ebenfalls ziemlich abmühte. Irgendwie beruhigte mich das wieder rum, und dazu die Tatsache, dass sie meinen Herzschlag wohl weniger einfach hören konnte. „Wow“, hauchte ich leise. Viel mehr gab es für mich nicht zu sagen. Ich könnte sie sofort wieder küssen, aber ich ließ es bleiben. Wir sollten vermutlich trotz allem noch ein wenig aufmerksam bleiben und im Augenblick lag meine Konzentration zu mehr als 100 Prozent bei der Wachi. Ich hatte weder das andauernde Knistern der Flammen wahrgenommen noch auf irgendwelche Bewegungen im Flur oder gar bei uns im Raum geachtet. Es war dumm von uns, da wir ja wussten, dass hier noch viele andere Wesen im Haus waren und uns nicht mehr als eine einfache Holztür von ihnen trennte – aber das war mir egal. Sie war gerade das Wichtigste und nur wegen meiner leichten Paranoia würde ich diesen Moment nicht zerstören. Ich wollte einfach nicht, ich wollte sie immer weiter spüren und mich von ihr in ihren Bann ziehen lassen – dabei war ich mir ziemlich sicher, dass sie mich nicht irgendwie durch ihre Wachi-Kräfte beeinflusste. Das konnte einfach nicht sein und ich schloss es aus. So viel Vertrauen musste ich einfach in sie haben und hatte ich auch.
Ich hätte mir wirklich wünschen können, dass es nicht endet. Ich wusste auch nicht, wie lange wir da gestanden hatten und uns einfach nur geküsst hatten. Meiner Meinung nach viel zu kurze Zeit, aber als Elija sich von mir löste und ein leises Wow hauchte, war ich genauso glücklich wie zuvor auch. Allein seine Anwesenheit reichte mir. Wann hatte ich mich zuletzt so wohl gefühlt.. und so vollkommen? Die ganze Stimmung war echt romantisch gewesen. Ich wollte sie nur ungern wieder ändern, aber ein kleines Lachen konnte ich nicht verkneifen. ''Ja, du sagst es..'', flüsterte ich dann, während ich meine Hand sinken ließ und seine zweite umschloss. ''Hätte ich doch gewusst, dass du so gut küssen kannst..'', fügte ich dann locker hinzu, während ich seine Hand ein wenig drückte. Aber es war nunmal so. Dann hätte ich dich schon früher geküsst., beendete ich den Satz ganz still und heimlich in meinen Gedanken. Ich weiß auch nicht was mit mir los war. Im Moment hatte ich einfach absolut keine Probleme damit, ganz locker und offen zu sein, als hätte dieser Kuss irgendwie alle Zweifel weggeweht. Na klar kamen ab und zu noch diese Fragen auf, ob das alles denn richtig war, ob es für Elija und sein Volk okay war.. Manchmal fürchtete ich mich auch einfach davor, irgendwann wieder loslassen zu müssen oder zurückgelassen zu werden. Von Menschen, die mir doch so viel bedeuten. Das müsste ich wenn dann nicht das erste Mal erleben. Ich hatte mich wirklich wieder daran gewöhnt, allein zu sein. Fast rund um die Uhr. Und jetzt kam Elija und ich hatte das Gefühl, meine ganzen Vorsätze in Luft auflösen zu können.
Erleichtert seufzend schaute ich immer noch tief in seine Augen, als mir doch das Knistern des Feuers zu Ohren kam. Ich wandte meinen Blick um und blickte in die zügelnden, warmen Flammen des Kamins. ''Oh je..'', stellte ich fest und zog Elija dann nun in diese Richtung. Irgendwie hatten wir ganz vergessen, dass wir doch den Vogel ans Feuer gelegt hatten. Wie ich jedoch feststellte, als ich meinen Dolch aus der Flamme zog, waren wir genau zum richtigen Moment wieder darauf aufmerksam geworden. Hätten wir es weiterhin in den lodernden Flammen gelassen, wäre das Fleisch jetzt sicher viel zu trocken als dass es noch schmecken könnte.
Dem Tonfall der offensichtlich weiblichen Person konnte ich nicht entnehmen, ob sie sehr gestört war, von meinem Auftreten, doch aufgrund der Tatsache, dass sie mich nach meiner Identität fragte und nicht einfach ignorierte, dachte und hoffte ich, dass ich nicht ein allzu wichtiges Gespräch unterbrochen hatte.
Ihre Frage nach meiner Identität war ebenfalls interessant. Egal wie ich antworten würde, es würde nichts aussagen. Ein Name sagte schließlich nicht, ob ich Mensch oder irgendein anderes Individuum war. Trotzdem beantwortete ich der jungen Frau ihre Frage:“ Meron.“ Ich beließ es bei dieser einsilbigen Antwort.
Als erneut ein Blitz den Raum erleuchtet sah ich auf den ersten Blick zwei Personen, doch es könnten auch drei sein, da war ich mir nicht sicher!
„Und wer bist du? Beziehungsweise, wer seid ihr?“ Zwar war ich mir nicht sicher, doch ich glaubte in der Hand der jungen Frau eine Bratpfanne gesehen zu haben. Normalerweise hinterfragte ich nur wenig Persönliches einer Person, doch dies war doch sehr ungewöhnlich, denn sie sah nicht so aus, als würde sie damit kochen wollen.
Diese Situation war mir nicht sonderlich behaglich. Ich stand zwei, drei Personen gegenüber, eine davon mit einer Bratpfanne bewaffnet. Zwar glaubte und hoffte ich nicht, dass sie mich angreifen würden, doch das konnte man heutzutage nicht mehr wissen. Zudem konnte ich nicht nicht ganz so ausmachen, welches Wesen diese zwei jeweils waren, denn das konnte ich weder im Namen noch von der ersten Erscheinung ausmachen. Vor allem nicht, wenn das erste Bild sich auf eine nur kurze Belichtung durch das Licht beschränkte. Am liebsten würde ich dieses Zimmer wieder verlassen und diesem ungleichen Kräfteverhältnis entkommen, doch da das Leben leider kein Wunschkonzert war blieb ich ruhig stehen und wartete auf eine Antwort der jungen Frau.
Ein Lächeln lag auf meinen Lippen, als sie diesen einen Satz sagte. Tja, hätte ich gewusst, wie schön es war sie zu küssen, hätte ich das vielleicht auch etwas früher gemacht. Wobei.. es war mir ja jetzt schon schwer gefallen den Mut dazu zu finden, also war es so vielleicht doch ganz gut gelaufen. Generell schien im Augenblick alles so gut zu sein. Naja, zumindest in diesem Bereich meines Lebens. Einen anderen gab es ja nicht mehr, wie die andere Achak mir gesagt hatte. Mein Stamm existierte nicht mehr und mit Erschrecken stellte ich fest, dass ich mich schon jetzt so ziemlich damit abgefunden hatte. Ich akzeptierte es – hieß es deshalb ja aber nicht gut. Es war eben so und würde sich vorerst nicht ändern. Vielleicht, wenn der Sturm aufhörte und einzelne Achak ins Dorf zurück kehrten. In das, was davon noch übrig geblieben war, denn sehr sicher war keines unserer Häuser gewesen und die meisten waren durch den Wind und das Unwetter sicherlich inzwischen total zerstört. Ein kleiner Kloß bildete sich in meinem Hals. Scheinbar hatte ich es doch noch nicht ganz so akzeptiert, wie ich zuvor gedacht hatte – aber wie sollte ich auch einfach so innerhalb kurzer Zeit mein ganzes Leben, meine bisherige gesamte Existenz hinter mir lassen? Dass mir das ein wenig schwer fiel, war doch eigentlich nachvollziehbar. Das Lächeln war ein wenig verblasst, wobei ich es weiterhin halbwegs aufrecht erhielt, um den Moment zumindest für Renesmee nicht zu zerstören. Wenn ich schon mit diesen miesen Gedanken kämpfte, obwohl ich doch gerade noch so unglaublich sorglos und glücklich gewesen war, konnte wenigstens sie sich weiter daran erfreuen. Und ich sollte das auch tun, redete ich mir selbst ein. Es war so zauberhaft und irgendwie unwirklich – aber wunderschön – gewesen die junge, wundervolle Wachi zu küssen, dass ich es nicht direkt wieder versauen wollte. Ich atmete tief durch und verdrängte damit die schlechten Gedanken. Wenn ich mich nachher schlafen legte, würden sie meinen Kopf so oder so wieder füllen und deshalb sollte ich mich im Augenblick besser auf Renesmee konzentrieren. Auf das uns, was vielleicht eben gerade entstanden war. Denn ich war nicht allein, musste mich nicht einsam fühlen.. ich hatte sie. Die unglaubliche Frau, die direkt vor mir stand, meine Hände hielt und ebenso glücklich über den Kuss war, wie ich selbst.
Bei ihrem Oh je wurde ich wieder vollends aus meinen wirren Gedanken gerissen und auf das Geschehen im Raum aufmerksam. Wehrlos ließ ich mich die wenigen Schritte zum Feuer mitziehen und verstand dann, als sie nach ihrem Dolch griff, worauf sie hinaus wollte. Der Vogel hatte die ganze Zeit am Feuer gelegen und wir hatten ihn beide vergessen. Als ich allerdings den Duft des knusprigen Vogels in die Nase bekam, war mir klar, dass er nicht verbrannt war, sondern eigentlich so ziemlich auf den Punkt genau fertig. „Das nenne ich mal Timing“, murmelte ich grinsend. Da vergaßen wir schon beide absolut die Zeit und alles andere um uns herum und trotzdem waren wir genau in der Zeit.
''Oh ja, ein richtig gutes Timing.'', bestätigte ich seine gemurmelten Worte dann, während ich versuchte, das Vögelchen vom Dolch zu ziehen, was mir jedoch nicht ganz so gut gelang, da es einfach viel zu heiß war. Also ließ ich es erstmal einige Sekunden abkühlen, um mir nicht die Finger daran zu verbrennen. Darauf hatte ich nun wirklich keine Lust. Ich versuchte das warme Fleisch ein wenig kalt zu pusten, während mein Blick durchs Zimmer glitt. Meinen Rucksack hatte ich bei der Ankunft gleich neben die Couch in die Nähe des Feuers geschmissen, damit dieser auch recht schnell trocken wurde. Hoffentlich waren die Sachen innen drinne nicht total durchnässt.
Ein lautes Donnern trat an meine Ohren, woraufhin ich leicht zusammenzuckte. Es hatte sich so angehört, als wäre es genau über uns gewesen, als hätte es die Wände zum Zittern gebracht. Und dann folgte schon der Blitz. Je kleiner der Zeitabstand zwischen Donner und Blitz, desto näher war das Gewitter. Na super. Gute Vorraussetzungen. Das Wetter schien aber auch nicht nachzulassen, als hätte es kein Erbarmen und als wolle es die Menschen nun für all die Schandtaten bestrafen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten. ''Hoffentlich geht die Welt heute nicht unter..'', murmelte ich dann an Elija gewandt, während mein Blick auf die große Tür, durch die wir gekommen waren, gerichtet war. Jetzt, wo ich wieder aufmerksamer war, hatte ich auch wieder viel mehr Verdacht, dass jeden Moment jemand hereinplatzen und die ruhige Stimmung stören könnte. Darauf hätte ich absolut keine Lust. Der Zusammentreff mit allen möglichen Wesen im Eingangsbereich hatte mir da schon gereicht, wenn ich ehrlich bin. Kurz betastete ich das Fleisch und als ich merkte, dass es nur noch lauwarm zu sein schien, zog ich es vom Messer. Während ich es in der Linken hielt, schnitt ich den Vogel mit der Rechten genau in der Mitte am Bauch durch. ''Essen fertig..'', verkündete ich Elija dann glücklich die Nachricht. Im nächsten Moment ließ ich mich schon mit gewissem Abstand zum Feuer nieder. Elija hielt ich die eine Hälfte des gut riechenden Fleisches entgegen.
Meron. Meron. Das brachte mich nicht weiter. Genauso wenig wie es Jareth oder irgendjemand anderen weiter bringen würde. Und wer sie waren? Das würde.. Meron genauso wenig weiter bringen. Angespannt blieb ich stehen, den Griff der Bratpfanne schon wieder krampfhaft umfasst. Wobei das schon geschehen war, als die Tür geöffnet worden war. Reflex, würde ich zu behaupten wagen. Bis jetzt hatte sie mir gute und treue Arbeit geleistet. Auch wenn der tote Kailasa und auch Zasha das wohl kaum so sehen würden. Aber das war deren Problem und nicht meines. Sie hätten mich ja nicht angreifen oder mir allgemein zu nahe kommen brauchen. Ich hatte sie sogar vorgewarnt. Naja, Zasha zumindest, den anderen Kailasa nicht, aber der hatte mir keine Möglichkeit gelassen ihn vorzuwarnen. Der zählte also nicht. Ich ging auf ihre Gegenfrage nicht ein, hängte stattdessen hinter meine Frage noch ein: „Und was bist du?“ an, das fast ein wenig ungeduldig klang. Als hätte sie sich nicht denken können, dass ich eigentlich darauf abgezielt hatte. Wir waren in der Überzahl und wenn sie nicht gerade eine Männerbeschwörende Wachiwi war, würde sie auch in der Unterzahl bleiben. Ich konnte mir also das Recht heraus nehmen ihr erst einmal keine Antwort zu liefern, nicht, solange ich mir nicht sicher war wer oder was sie war und damit entspannen konnte oder eben nicht. Ich hätte wirklich darauf achten sollen die Türe richtig zu schließen. Aber nun war es auch zu spät. Nun war sie hier und im Notfall würden wir eben auch wieder gehen, so einfach war das. Oder sie verscheuchen, das war besser.. mein Blut konnte sie immerhin nicht stärken. Genau genommen sogar schwächen, falls sie eine Wachi war – denn eine Achak war sie ganz definitiv nicht und auch Kailasa stand nicht zur Debatte. Mensch oder Wachi. Mehr blieb einfach nicht über und es war schon mal deutlich einfacher damit zu leben, dass sie mir nicht mehr anhaben konnte wie eine Menschenfrau. Ich ihr allerdings deutlich mehr, sobald sie zumindest mit meinem Blut in Berührung kam, oder es gar trank. Aber noch war ja nichts geklärt. Noch war sie ein... Niemand. Noch nicht bestimmt, wenn man so wollte. Doch das würde sich hoffentlich gleich ändern und wir würden erfahren um was oder wen es sich bei ihr handelte. Natürlich konnte sie auch ebenso gut lügen. Aber wir mussten dann wohl einfach auf unser Gefühl vertrauen. Mehr blieb uns gar nicht übrig.
Mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze liefich durch den prasselnden Regen, der mir meine Haare ins Gesicht hängen lassen würden, so hätte ich nichts, was ich mir über den Kopf ziehen könnte. Lange würde der Stoff meiner Kapuze aber auch nicht mehr dem miesen Regen standhalten können. Ich hatte schon so schlechte Laune und da musste jetzt auch noch das Wetter einen auf Racheakt tun und uns allen die Laune vermiesen. Hier draußen war keine Menschenseele zu sehen. Kein Wunder. Wer wagt es auch schon bei diesem Wetter, wo du jede Sekunde von einem Blitz getroffen werden könntest, rauszugehen? Nein, da verkrochen sich lieber alle in ihren Häusern - Aussicht auf Beute, weil ich unendlichen Hunger versprüte, war also auch fehlgeschlagen, dachte ich jedenfalls. Wie durch ein Wunder erblickte ich in der Ferne eine Gestalt, als ein Blitz die dunkle Gegend, weil alles von den schwarzen Wolken überzogen war, erhellte. Reflexartig blieb ich stehen, fixierte sie. Ja, es war eindeutig eine Frau. Dunkles Haar, recht zierlich, also eine umso schwächere Beute für mich. Kam mir gerade recht. Sie hatte mich noch nicht erkannt, kam bald von rechts über meinen Weg gelaufen. Diese Chance sollte ich natürlich gleich nutzen. Schnell huschte ich an die Wand eines Hauses, um abzuwarten, bis sie endlich an mir vorbei war. Nach einigen Schritten stieß ich mich auch schon aus dem Schatten des Gebäudes, folgte ihr auf leisen Sohlen über den Asphalt. Sie schien mich erst bemerkt zu haben, als ich den letzten großen Schritt, der uns voneinander trennte, vollbrachte und sie am Oberarm unsanft heranzog, ihre schmalen Handgelenke mit einer Hand umfasste und die andere an ihren Hals drückte. Im Schock versuchte sie sich mit Händen und Füßen irgendwie zu wehren und als sie mich auch noch beinahe in die ungünstige Stelle getroffen hatte, riss ich mein Knie hoch und rammte ihr dieses in den Magen. Das war wirklich nicht schwer, weil ich sie um einiges überragte. Keuchend krümmte sie sich, sackte förmlich in sich zusammen, doch das war mir gerade recht. Durch diesen Tritt spürte ich, wie das Verlangen nach mehr Schmerz und Leid dieser Frau immer größer wurde. Grob verfestigte ich den Griff beider Hände um ihren Hals, während ich sie an die nächst beste Hauswand drückte, sodass sie auch keinen Halt mehr unter den Füßen hatte. Sie versuchte zu schreien, etwas zu sagen und starrte mich aus tränenden Augen an. Ein wohltuendes Grinsen trat über meine Lippen, doch als sie versuchte, mich mit ihren Nägeln zu kratzen, wechselte mein Gesichtsausdruck zum blanken Zorn. ''Sei still, Kleine.'', zischte ich, als ich sie näher an mich heran zog und sie aus finsteren Augen anstarrte. Ihr Strampeln und ihre hilfesuchenden Worte brachten nichts, führten nur dazu, dass es mir immer besser ging. Dieses Adrenalin.. So lange hatte ich nach etwas Leid und Schmerz gesucht. Jetzt hatte ich es gefunden und entgehen lassen würde ich es mir nicht. Einige Sekunden verstrichen, als ich es laut knacken hörte. Ich hatte ihr Genick erfolgreich gebrochen. Eigentlich müsste dieser Anblick des schiefen Kopfes und dieses Geräusch jeden erschaudern lassen, doch ich zog es förmlich in mich auf, hielt den Griff genauso fest, bis sie komplett unter mir zusammenfiel und nun nicht mehr als ein Haufen Tod war. So schnell ging das. Diese Energie, die von ihr ausging, war aber ausreichend. Sie hatte etwas anderes an sich gehabt.. war vermutlich kein Mensch. Umso schneller wurde mein Hunger gesättigt. Mit verächtlichem Blick ließ ich sie fallen. Eine wunderschöne Frau, aber tja. Das war nun ihr Ende und um ehrlich zu sein war mir das egal. Mich ließ das ziemlich kalt, weswegen ich ihr keinen letzten Blick würdigte, als ich mich von ihr abwandte und meinen Weg bei diesem Unwetter fortsetzte.
Meine Stimmung war jetzt auch wieder viel aufmerksamer und angespannter. Schon ein bisschen merkwürdig, wie schnell alles umschlagen konnte – mein Herz war wohl scheinbar das einzige, was sich nicht wieder beruhigt hatte, denn es schlug noch immer ein weniger zu schnell, um es als ganz normal durchgehen zu lassen.. und wenn ich mich ein wenig konzentrierte, konnte ich ihre Lippen auch noch auf meinen spüren, der sanfte Nachklang der wundervollen Berührung lag auf ihnen und würde dort hoffentlich noch eine Weile verweilen. Und wenn nicht – dann würde ich es eben wieder auffrischen. Ich war mir eh nicht ganz sicher, was das alles nun für uns bedeutete. Vielleicht sollte ich mir den Kopf aber auch nicht zu sehr darüber zerbrechen, sondern es einfach auf mich zukommen lassen. Einfach mal sehen, wie es so wird und die schönen Momente genießen. Es konnte ja keiner sagen, wie viele solcher Augenblicke es überhaupt für uns geben würde. Die größten Sorgen machte ich mir allerdings um den Sturm. Was war denn, wenn er noch ein paar Tage so wütete oder der Eingang am Ende blockiert war und wir hier fest saßen? Es waren nun ja auch keine hundert Leute im Gebäude und spätestens in ein paar Tagen würde der erste mit der Jagd beginnen. Irgendwann würden wir uns alle wieder nähren müssen und ich fürchtete mich ein wenig davor was passieren würde, wenn die ersten die Kontrolle verloren vor Hunger. Ich wusste ja nicht genau, wie das bei den anderen Wesen war, aber neben der Schwäche, die sich bei uns einstellte, kam auch Wut auf und der Drang zu töten. Wenn man es so nennen wollte – wir Achak brauchten Seelen und daran konnten wir leider nichts ändern. Ich wollte nur nicht, dass ich zu einem der Monster aus den Mythen um unser Volk wurde… ich wollte nicht, dass ich nachher noch Renesmee weh tat.
Als der Geruch des warmes Fleisches intensiver wurde und ich Renesmees Worte wahr nahm, tauchte ich aus meinen Gedanken auf. Im Augenblick war alles gut und ich sollte es besser genießen und mich entspannen – ich würde weiter sehen, wenn es wirklich zu solchen schlimmen Ausmaßen kommen würde. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich das Fleisch entgegen nahm. „Dankeschön – und guten Appetit“, sagte ich, bevor ich mich auf die alte, staubige Couch setzte und einen Bissen nahm. Kräuter oder Soßen hatten wir keine und so war das Fleisch natürlich ungewürzt, was mich aber nicht weiter störte. In meinem Stamm hatten wir nie viel dran getan, ein paar natürliche Kräuter, die wir im Wald gefunden hatten vielleicht, aber sonst? Es ging doch um den Geschmack des Fleisches an sich und nicht um das übertünchte Etwas, was mit hundert Soßen daraus wurde. „Ich hoffe mal, dass diese Mauern wirklich stark sind. So wie es immer noch wütet, scheint mir der Sturm noch eine Weile zu dauern.“
Meine Augen formten sich zu Schlitzen, ich trat einen Schritt zurück und meine Haltung veränderte sich. Sie beantwortete meine Frage nicht, sondern schien sie zu ignorieren. Es gefiel mir nicht, dass ich ihr alles beantworten musste, bevor sie meine Frage beantwortete. Sonderlich viel hätte mir diese Antwort zwar nicht gebracht, da es nur ein Name war, doch mir ging es hier ums Prinzip.
Das Gefühl, allein in diesem Raum zu stehen verbesserte meine Stimmung nicht sonderlich, doch immerhin stand ich näher an der Tür. Ein kleiner Vorteil, denn ich besaß. Aber gut, was würde ich verlieren, wenn ich ihre Frage beantwortete?
Ihre ungeduldigen Tonfall überhörte ich geflissentlich, dann sagte ich:“ Mensch.“, und nun hoffte ich, dass sie das Prinzip Antwort-für-Antwort kannte, denn ich wartete nun ihrerseits auf Antworten!
Im Gegensatz zu ihr verzichtete ich auf einen ungeduldigen Tonfall, obwohl ich nicht weniger ungeduldig war, zu wissen, wer da in diesem Raum stand und in wessen Gespräch ich geplatzt war. „Du hast mir meine Frage nicht beantwortet.“ stellte ich schlicht fest und als ich meine Frage wiederholte, wiederholte ich auch ihre Frage:“ Wer und was seid ihr?“
Manchmal vermisste ich diese alten Höflichkeitsfloskeln, dass man sich zur Begrüßung die Hand gab oder das Misstrauen nicht ganz so offensichtlich gezeigt wurde, doch in der heutigen Zeit konnte man dies von niemandem mehr erwarten. Und was brachte es, höflich zu sein, wenn man in einem dunklen Raum stand und jeden Moment von seinem gegenüber fertig gemacht werden konnte?!Nichts.
Der Gesprächsverlauf gefiel mir nicht. Sie hatte mir nur Fragen gestellt und meine Fragen ignoriert. Nun konnte ich nur auf eine Antwort ihrerseits warten oder ich würde mich auf der Ferse umdrehen, die Beiden wieder ihrem Gespräch überlassen und mir ein anderes Zimmer suchen. Oder ich würde sehen, ob das Unwetter abgeflaut war und ich dieses Haus wieder verlassen konnte. Mir standen demnach ziemlich viele Optionen offen, trotzdem wollte ich doch gerne wissen, wem ich gerade meinen Namen genannt hatte.
''Danke, wünsche ich dir auch.'', entgegnete ich lächelnd, ehe ich schon etwas vom Fleisch probierte. Schmeckte eigentlich ganz gut, auch ohne Kräuter oder irgendetwas dazu. War ja auch nicht unbedingt notwendig, dass man es irgendwie würzte. Auf seine nächste Aussage hin nickte ich, wobei ein leicht zweifelnder Ausdruck über mein Gesicht huschte. Darüber hatte ich mir tatsächlich auch schon ganz schöne Gedanken gemacht. ''Das hoffe ich aber auch..'' Dabei verschwieg ich den Gedanken, dass es weitaus schlimmer werden konnte als beim Zusammentreffen im Eingangsbereich. Was war, wenn alle Hunger bekamen und auf Jagd gingen? Ich selbst konnte mich noch ziemlich lange ohne Blut herumdrücken, doch irgendwann war auch ich bestimmt an dem Punkt angelangt, wo ich totalen Heißhunger verspürte. Dabei wollte ich ungerne wieder Zasha oder sogar Elija um den Hals fallen. Nein, also Zasha würde ich es nicht nochmal an tun wollen. Irgendein Skandal war jedoch nicht auszuschließen, wenn man tatsächlich hier eingesperrt war. Wohlmöglich gab es hier irgendein Fenster, welches man einschlagen und aus dem man fliehen konnte, aber die sicherste Variante schien das natürlich auch nicht zu sein. Aber was war schon sicher in dieser Welt? Nichts. Die Menschen, das Umfeld, ja sogar das Wetter war nicht immer so, wie man es sich erhoffte - wie man sieht. Jetzt versucht es auch noch uns alle umzubringen. Genau in dem Moment, als ich total in Gedanken versunken war, ertönte ein lauter Knall. Schien von draußen gekommen zu sein, direkt neben uns.. Na hoffentlich war das kein Baum. Ich wollte ungern irgendwann im Laufe der Zeit merken, wie die Wand auf uns hinab bröckelte. ''Sag mal.. Inwiefern meintest du vorhin, dass dein Stamm nicht mehr existiert?'', fragte ich dann vorsichtig nach. Schließlich hatte ich von dem Geflüster kaum etwas mitbekommen. Ich konnte mir ebenso wenig vorstellen, wie ein großer Stamm von einem auf den anderen Moment nicht mehr existieren konnte. Und Sorgen um Elija machte ich mir auch.. Es gab immer wieder einen Bruchteil von Sekunden, in denen er einfach wie in sich gekehrt wirkte, als liege ihm etwas am Herzen.
Ihr schien es nicht zu passen, dass ich ihr keine Antwort auf die Gegenfrage gab, die sowohl mich selbst und auch meinem Gegenüber nicht weiter bringen würde. Natürlich nicht, was sollte man auch mit dem Namen anfangen können? Viel wichtiger war es zu wissen, was die Person war. Aber ob das Gegenüber bei dieser ausgesprochenen Frage die Wahrheit sagte, das wusste man wohl auch nicht. Konnte man nur vermuten und Vermutungen waren zu dieser Zeit alles andere als ungefährlich. Doch ich wollte ihr einmal glauben, wäre sie eine Wachi, hätte sie wohl sicherlich schon die Chance genutzt und Einfluss auf Jareth genommen, der aber noch ganz ‚normal‘ hinter/neben mir zu stehen schien. Zumindest kam es mir so vor, nachdem ich einen kurzen, prüfenden Seitenblick auf den jungen Mann und ihren derzeitigen Begleiter geworfen hatte.
Sie war also ganz offensichtlich ein Mensch. Genauso wie auch ich einer war, Jareth einer war und genauso auch seine kleine Schwester, die ihren Körper fest gegen den ihres Bruders drückte. Das ließ mich doch gleich wieder ein wenig ruhiger und entspannter werden. Natürlich würde auch ein Mensch mir gefährlich werden können, aber weitaus weniger wie ein anderes Wesen. Eine Wachi könnte immerhin mit ihren Fähigkeiten letztlich Jareth gegen mich aufhetzen, aber das tat sie nicht – konnte sie ja auch nicht tun, wenn sie mir nicht eine astreine Lüge aufgetischt hatte.
Und dann kam auch schon wieder ihre Gegenfrage an mich – oder uns, wie auch immer, das spielte ja keine Rolle. Und nun sollte sie sie auch erhalten. So war es ja nicht. „Ebenfalls Menschen. Ich bin Pandora.“, teilte ich der Dunkelhaarigen mit – so viel hatte ich bei dem fahlen Licht ausmachen können. Allzu viel mehr konnte ich nicht ausmachen, nur die zierliche Statur, viel mehr ließ die Situation momentan allerdings auch nicht zu. Jareth sollte sich und seine Schwester selbst vorstellen, wenn er der Meinung war sie würde deren Namen erfahren können oder sollen. Wenn nicht, dann eben nicht. Das war nicht meine Entscheidung. Da hatte ich nichts zu entscheiden und da würde ich auch nichts weiter entscheiden. Es handelte sich zwar nur um Namen, aber auch diese waren persönlich. Sie brachten der jungen Frau uns gegenüber zwar nichts, aber das hieß ja noch lange nicht, dass man sie gerne preisgeben musste.
Weg war sie und ich stand hier alleine rum. Hatte nicht mal was zu tun. Wo zum Teufel waren eigentlich meine verfluchten Kailasa-Brüder, hm? Einmal wenn man sie brauchte, waren sie nicht da. Typisch. Hoffentlich würden sie alle mal vom Blitz getroffen werden, damit sie ihren Arsch hierher bewegen würden. Von Achak, Wachiwi und Menschen wimmelte es hier nur so und ich war der einzige Vertreter meiner Spezies hier in diesem Irrenhaus. Aber war jetzt auch egal. Irgendwann würde dieses bescheuerte Unwetter schon vorbei sein. Und vielleicht konnte ich Pandora ja doch nochmal abpassen. Keine Ahnung warum ich das so unbedingt wollte, aber irgendwie zog mich die junge Frau fast wie ein Magnet an. In ihrer Nähe fühlte ich mich irgendwie.. anders als sonst.
Ich schüttelte kurz den Kopf, um die Gedanken loszuwerden, dann beschloss ich kurzerhand mich hier in dem Gebäude ein wenig umzusehen. Konnte ja nicht schaden, wer wusste schon wie lange das Unwetter noch toben würde und wie lange wir hier alle auf einem Haufen zusammenstecken würden. Da war es sicherlich nicht verkehrt, wenn man sich hier ein wenig auskannte. Außerdem hatte ich auch echt keine Lust, mir mit irgendwem ein Zimmer zu teilen. Schon gar nicht mit dieser Achak, die mir ja echt gehörig auf die Nerven ging. Sowas Vorlautes hatte ich echt noch nie gesehen. Provozierte, provozierte und provozierte. Mich würde es ja nicht wundern, wenn sie mir irgendwann mal ein Messer in den Rücken rammen würde. Umso mehr ein Grund, jetzt die Psychiatrie zu begutachten und nach einem einigermaßen geschützten und abgelegenen Zimmer zu durchsuchen.
Ich lief eine ganze Weile umher, allerdings auch erst noch im vorderen Teil des Gebäudes nahe bei der Eingangshalle. Da würde ich mir zwar kein Zimmer suchen, aber vielleicht war ja irgendwo in irgendeinem Zimmer noch was brauchbares aufzufinden. Als ich in das nächste Zimmer eintrat, mussten sich meine Augen erst einmal an die Dunkelheit, die hier drin herrschte, gewöhnen, weshalb ich auch kurz im Türrahmen stehenblieb. Himmel, hätte ich mal lieber ein anderes Zimmer einer Begutachtung unterzogen. Da war sie. Schon wieder. Ihre weißen Haare schienen geradezu in der Dunkelheit zu leuchten. War die denn überall? Warum musste ich der jedes einzelne beschissene Mal begegnen, hm? Warum nicht Pandora? Die war wesentlich angenehmer und freundlicher. Auch wenn sie mir eine Bratpfanne über den Kopf gezogen hatte, aber gut, darüber konnte ich hinwegsehen. Bis auf eine kleine Beule und Kopfschmerzen war ja glücklicherweise nichts passiert. Ich überlegte schon fast, ob ich wieder umdrehen sollte und rausgehen sollte, aber die Achak würde mich eh gehört haben. Sie war blind, aber dafür war ihr Hörvermögen umso geschärfter. Leider. Ich gab ein leises Grummeln von mir, spannte mich unwillkürlich etwas an. „Du schon wieder..“ brummte ich und richtete meinen Blick durch die Dunkelheit auf die frauliche Gestalt am Boden in einer Ecke des Zimmers.
Ein klein wenig zuckte ich zusammen, als mit einem Mal schwere Schritte sich der Tür näherten und diese laut knarrte. Im ersten Moment dachte ich, dass der andere Achak wiedergekommen wäre und sich vielleicht doch entschuldigen wollte oder etwas vergleichbares. Aber nein, die dumpfen Schritte mussten dem Kailasa gehören und spätestens sein raues Grummeln und seine Stimmer verrieten ihn. Du schon wieder. Ich schnaubte. War das sein Ernst? Er stampfte in den Raum und klagte mich jetzt an, als ob ich ihm meine Gesellschaft aufzwingen wollte? Als ob ich jetzt überhaupt den Nerv hätte, ihm den seinen zu rauben. Natürlich hatte ich ihn vorhin aufs Finsterste provoziert, aber - das hatte ich halt so ergeben. Und es hatte Spaß gemacht, zumindest mir. Und es hatte mich doch tatsächlich schön abgelenkt von all meinen Problemen. Mit einer geschmeidigen Bewegung stand ich auf. "Du schon wieder", gab ich ihm seine Begrüßung mit vor Spott triefender Stimme zurück. Im Prinzip kam mir der Kailasa gerade recht. So hatte ich nicht ganz so viel Gelegenheit, in Melancholie zu versinken. "Traust du dich tatsächlich allein in einen Raum mit mir? Hast du keine Angst vor neuen Muster in deiner Haut?", fragte ich ihn bitter. Ob er die Veränderung in meiner Stimme zu vorhin oder gar vor ein paar Tagen wahrnahm? Ich konnte es nicht einschätzen. "Was kann so schlimm gewesen sein, dass du mich dem vorziehst und nicht gleich die Tür wieder zuschlägst?" Das fragte ich mich wirklich. Immerhin war der große, starke Kailasa letztens auch vor mir geflohen wie ein kleines Kind. Der Gedanke daran heiterte mich tatsächlich leicht auf und ein feines Lächeln erschien auf meinem Gesicht. Ob er es sah oder nicht oder gar, wie es auf ihn wirkte, wusste ich nicht. Ich wusste ja nicht einmal, ob er überhaupt etwas sehen konnte. Ich war noch nie gut darin gewesen, die Sehkraft oder Lichtverhältnisse einzuschätzen. Ich konnte mich in sehende Leute nicht reinversetzen, auch wenn ich mir doch ganz sicher war, dass er zumindest ein wenig sehen können müsste, sonst hätte er mich hier gar nicht entdeckt. Ich wandte mich zu der Tür um und lauschte den Geräuschen des alten Hauses und der Herzen von mir und meinem Gegenüber. Plötzlich knallte ein Donnerschlag über uns hinweg und ließ mich kurz, aber heftig zusammenzucken. Dieses Unwetter verwirrte meine Sinne selbst, wenn ich in einem recht robusten Haus wie diesem war. Der Regen prasselte heftig wie Steinschlag gegen das Fenster an der gegenüberliegenden Seite, auch wenn es seltsam dumpf klang. War das Fenster mit irgendetwas abgedeckt? Es klang, wie durch Holzbretter oder sehr dicken Stoff hindurch. Und wenn das Fenster so verschlossen war, lag das Zimmer sehr wahrscheinlich zum größten Teil im Dunkeln, denn - so weit ich das wusste - konnte hier das einzige Licht durch das Fenster kommen, ein Feuer gab es hier ja nicht. Von daher hatte ich wahrscheinlich einen großen Vorteil diesem sehenden Kailasa gegenüber, sollte es zu einem Kampf kommen. Sehr unwahrscheinlich war das nicht. Vor allem, da auch meine Geduld allmählich geschwächt war durch all die Gedanken, die ich mir über alles machte, allem vorran natürlich der andere Achak - ich musste wirklich bald mal seinen Namen herausfinden - und seine Wachiwi. Wieder gab es dem Rest meines Achakstolzes einen gewaltigen Stich, dass er sie mir so schnell vorgezogen hatte. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich wusste es einfach nicht. Ich sollte am besten für den Moment einfach nicht daran denken. Mühsam richtete ich meine Konzentration wieder auf den Kailasa, der immer noch in der Tür stand. Ja, vielleicht sollte ich tatsächlich einen Kampf anzetteln. Der würde mich doch tatsächlich auf andere Gedanken bringen.
Wie lange ich schon durch dieses Unwetter lief? Ich wusste es nicht. Aber mir war kalt, mein ganzer Körper war durchnässt und ich zitterte. Ich hätte doch einfach in der kleinen Hütte bleiben sollen.. aber die hatte wirklich unheimlich geknarzt und vermutlich hätte sie dem starken, orkanartigen Wind und dem starken Regen nicht mehr lange trotzen könne. Ich hatte heraus gemusst, es war mir doch gar nichts anderes mehr übrig geblieben. Familie hatte ich keine mehr, mit der ich mir hätte einen Unterschlupf suchen können. Ich musste auf eigenen Beinen stehen, völlig egal was war oder was kommen würde. Also.. ich wusste nicht, ob meine Eltern noch am Leben waren, aber ich vermutete es fast nicht. Ich war vielleicht dreizehn gewesen, sie hatten mich in unserem damaligen Unterschlupf zurückgelassen, da sie etwas zum Essen besorgen wollten. Aber sie waren nie mehr zurückgekehrt. Seitdem schlug ich mich alleine durch, ging anderen Wesen möglichst aus dem Weg. Auch anderen Menschen, es gab heutzutage immerhin genügend, die einen wegen einem Krümel Brot umbringen würden. Und eigentlich wollte ich schon noch ganz gerne eine Weile am Leben bleiben. Natürlich war es alleine nicht einfach und oft genug hatte ich Angst und musste um mein Leben bangen. Nur das alles war jetzt wohl auch eher nebensächlich, ich wollte jetzt unbedingt ein Dach über dem Kopf haben, etwas zum Essen, wärmende und trockene Kleidung und vielleicht ein kleines Feuer. Meine blonden langen Haare klebten wir zum Teil im Gesicht, aber so oft ich sie auch wieder zurückstrich- der Wind wehte sie mir immer wieder vor die Augen. Ich hätte mir vorhin wirklich meine Haare zusammenbinden sollen.. aber jetzt war es auch zu spät. Einen zerfledderten Haargummi hatte ich, aber der war in meinem Rucksack und in dem waren auch noch meine anderes Hab und Gut und ein paar halbwegs trockene Klamotten. Sicherlich würde ich mich in diesem Regenguss jetzt nicht hinstellen und den Rucksack aufmachen, um darin nach meinem Haargummi zu wühlen. Echt nicht. Zumal ich- zwar noch ein ganzes Stück entfernt, aber immerhin- ein recht großes und stabil wirkendes Gebäude durch den starken Regen und die Dunkelheit, die dieser mit sich brachte, wahrnahm. Vielleicht konnte das Haus mir da vorne ja ein wenig Schutz bieten. Wenigstens für diesen restlichen Tag. Als ich irgendwo hinter mir einen angsterfüllten Schrei hörte, der mir echt durch Mark und Bein ging, schreckte ich auf und ließ meinen Blick erschrocken schweifen, weshalb ich die Wurzel eines Baumes vor mir nicht bemerkte. Ich blieb hängen, verkniff mir ein Quietschen und fand mich wenige Sekunden später auf dem matschigen Waldboden wieder. Na toll.. Sofort rappelte ich mich wieder auf, aus Angst der Verursacher des Schreis von zuvor könnte sich hier irgendwo herumschleichen und auf Beute aus sein.. Und die Beute wollte ich sicherlich nicht sein. Darauf konnte ich ja echt tunlichst verzichten. Ich wischte mir den Dreck schnell von den Händen, schüttelte meine Haare zurück und rannte los. Rannte in Richtung des Hauses, das nun immer näher und näher kam. Hoffentlich war da noch niemand drin.. Bitte nicht. Ich wollte mich nur ein wenig ausruhen und mich aufwärmen.. Mein Atem ging stoßweise, meine Beine fühlten sich von dem vielen Laufen schon allmählich ein wenig taub und schwer an und Gott.. dieses bescheuerte Wetter! Nach einigen Minuten stand ich dann endlich vor dem Haus, das sich auf einem rostigen Schild am Zaun als Psychiatrie entpuppte.. Na herzlichen Glückwunsch, Zaira. Hoffentlich hatten nicht schon andere die Idee gehabt, hier reinzugehen. Ich schlüpfte durch das verrostete Tor, lief zielstrebig und dennoch aufmerksam auf die Eingangstür zu, die ich schließlich langsam und versucht lautlos aufdrückte, bevor ich vorsichtig hineinlugte und nach einem prüfenden Blick in das Gebäude eintrat. Zumindest stand schon einmal niemand im Eingangsbereich herum, weshalb ich die Tür hinter mir wieder schloss und meinen Blick kurz schweifen ließ. Links und rechts von mir erstreckten sich lange, leere und weite Gänge, die schier endlos in dem Gebäude lagen. Ich kaute mir einen Moment lang unsicher auf der Unterlippe herum, dann ging ich einfach nach rechts, in der Hoffnung dort würde sich ein geschütztes Plätzchen verbergen, wo mich im Falle der Fälle niemand so schnell auffinden würde. Vielleicht war ja doch schon jemand hier drin, auch wenn ich gerade niemanden sah. Aber möglich war ja alles.. Ich lief eine ganze Weile durch den Gang, dann bog ich einmal ab und fand eine Reihe von Türen vor mir. Hinter der ersten verbarg sich gar nichts, der Raum war leer. Auch hinter den nächsten Beiden fand ich nichts besonderes, als ich dann aber die vierte öffnete.. Die Dunkelheit darin war grauenhaft und meine Augen hatten sich nicht schnell genug daran gewöhnt. Die drei- oder eher vier, ein kleines Mädchen war auch noch hier- hatte ich viel zu spät bemerkt und gehört, da außerdem plötzlich ein lauter Donner über den schwarzen Himmel draußen gegrollt war. Ohje! Ich gab einen erschrockenen Laut von mir, traute mich aber nicht etwas zu sagen. Mein Herz hämmerte schnell gegen meine Brust, schien vor Panik einfach weglaufen zu wollen und ich konnte mich vor Schreck keinen Zentimeter mehr vorwärts und rückwärts bewegen. Die Person die mir am nächsten stand war eindeutig ein Mann, in dem spärlichen Licht konnte ich aber auch nicht mehr erkennen. Außerdem waren außer dem kleinen Mädchen bei dem Mann noch zwei weitere Frauen in dem Raum. Oh Gott.. in was war ich da wieder nur rein geraten? Ich hatte mir fest vorgenommen gehabt, mögliche Begegnungen zu vermeiden und jetzt war ich plötzlich auf vier.. Menschen, Wachi, Kailasa oder Achak gestoßen? Na herzlichen Glückwunsch.. Achak schloss ich zwar ziemlich schnell wieder aus, weil ich keine weißen Haare erkennen konnte- und ehrlich gesagt wollte ich auch niemals einem oder einer von dieser Spezies begegnen, darüber kannte ich richtig schauderhafte Schaudermärchen- aber die anderen drei Spezies konnten durchaus vertreten sein. Wobei mir Wachi und Menschen ja noch am liebsten waren. Wachi tranken soweit ich wusste kein Blut von Frauen, aber Kailasa.. oh nein, ich wollte sicherlich nicht mit Todesqualen sterben.
Er war überhaupt nicht über den neuen Besuch in dem Zimmer erfreut. Da war er endlich mal mit Panda allein gewesen und hatte das Mädchen zur Rede gestellt und dann kam einfach irgendjemand dahergelaufen und zerstörte seine ganzen Pläne. Missmutig schenkte er schlussendlich der Fremen seine Aufmerksamkeit, was blieb dem jungen Mann auch anderes übrig. Einfach so tun als wäre sie nicht da und trotzdem auf Pandas Antwort bestehen? Wohl eher nicht, vor allem schien die junge Frau doch regelrecht froh darüber zu sein seiner Frage nochmal entkommen zu sein. Wirklich toll. Aber gut, die Brünette die gerade ins Zimmer geplatzt war konnte ja nichts dafür. Es wäre nicht fair seine Wut an dem Mädchen auszulassen, also beschloss Jareth einfach zu schweigen. Die beiden Frauen würden das schon klären. Er behielt den Eindringling einfach weiter im Auge, auch wenn sie recht friedlich aussah. War trotzdem besser wachsam zu bleiben.
Jareth begann sich erst in das Gespräch einzubinden, als die Frage nach ihren Namen gefallen war. Natürlich erst nachdem Meron meinte sie wäre ein Mensch – Was blieb ihnen anderes übrig als ihr zu glauben? Und bis jetzt hatte der junge Mann noch nichts verspürt was darauf geschlossen hätte, dass Meron eine Wachi war. Lief also alles prima. Solang hier jeder nur ein Mensch war...Und er hätte definitiv die besseren Karten, bzw. Panda und er hätte die besseren Karten falls die Neue beschließen sollte anzugreifen. War also alles recht ungefährlich. Nachdem die Brünette neben ihm dann ihren Namen sagte, blieb dem jungen Mann nicht viel übrig außer sich selbst vorzustellen. „Jareth.“ meinte er daraufhin nur knapp, sein Blick weiterhin auf den Eindringling gerichtet. Zoes Namen würde er ihr nicht sagen, spielte auch keine Rolle. Außerdem wollte er das kleine Mädchen hier nicht mit reinziehen, am besten sollte jeder sie einfach ignorieren. Oh ja, das wäre wirklich super.
Und als wäre das ganze hier noch nicht genug ging kurze Zeit später schon wieder die Tür auf und erneut trat eine fremde Gestalt herein. Warum mussten sich denn alle genau dieses Zimmer aussuchen? War ja nicht so das es in dem Gang gefühlte tausend andere gab. Aber gut, darüber wollte er sich nun auch nicht den Kopf zerbrechen. Erstmal schenkte er der Blondinen seine Aufmerksamkeit, die gerade einen etwas erschrockenen Laut von sich gab. Noch ein Mensch? Schien so, sonst würde sie nicht so panisch reagieren. Trotzdem drückte er Zoe unbewusst noch mehr an sich, auch wenn das inzwischen kaum mehr möglich war. Je mehr Menschen hier waren desto gefährlicher wurde es nunmal. Aber gut, solang kein anderes Wesen kam oder irgendjemand der stärker als Jareth war – Und ja, der junge Mann nahm einfach mal an das die Frauen ihn nicht so leicht überrumpeln konnten. Wenn doch, dann....würde er sich wirklich Sorgen machen. Aber so richtig. Aber auch die Blondine schien nicht wirklich angriffslustig zu sein, weswegen er dem Mädchen schlichtweg ein schwaches Lächeln schenkte. Zur Beruhigung? Sicher, klappte bestimmt prima. Langsam kam er sich hier vor wie ein Idiot. „Und wer genau bist du? Oder sollte ich lieber fragen was genau du bist? Wachis sind hier unerwünscht, falls du eine sein solltest.“ erklärte er dem Mädchen mit leiser Stimme. Als ob die junge Frau einfach gehen würde wenn sie kein Mensch war, das wärs. Also hoffentlich lag Jareth mit seiner Vermutung richtig, dass sie eben normal war, denn dann konnte das Mädchen ihm nichts anhaben und somit auch Panda und Zoe nichts. Klang doch wirklich gut. Abwartend lies er also seinen Blick ruhen, während er dem Kind vor sich sanft über das glatte Haar strich. Wohl eher um sich selbst zu beruhigen, als andersherum.
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