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Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich selbst auch erst einmal für ein paar Stunden niederzulassen. Vielleicht einen meiner Kailasa-Brüder aufsuchen und schauen, was bei denen so anstand. Immerhin verging so gut wie nie ein einziger Tag, ohne dass irgendwas Spannendes passiert war. Und selbst wenn es nur eine Prügelei unter uns Kailasa war, langweilig wurde es bei uns eigentlich so gut wie nie. Aber dennoch zog es mich aus für mich noch momentan unerklärlicher Weise genau in die andere Richtung. Nicht in die Richtung, in der eigentlich die meisten Kailasa zu finden und anzutreffen waren, sondern in die Richtung des Waldes. Allzu oft hielt ich mich im Wald eigentlich nicht auf, meistens war ich auch wo ganz woanders anzutreffen. Die Tiefen des Waldes interessierten mich normalerweise nicht sonderlich- erstens Mal deshalb, weil dort so gut wie nie Menschen anzutreffen waren und zweitens weil dort die Achak lebten. War zwar nicht so als ob ich mich vor ihnen fürchten würde- nein, ganz im Gegenteil- aber wie jeder andere auch hielt ich mich doch lieber in meiner etwas.. gewohnteren Umgebung auf und irrte nicht einfach mal so aus Lust an der Laune heraus mehrere Stunden im Dickicht herum. War nicht so meines ehrlich gesagt. Klar, auf Abenteuer, Risiko und Spaß stand ich durchaus und vermutlich war der Drang nach einem Abenteuer und Risiko genau der springende Punkt, weshalb ich mich gerade von meinem eigentlich mehr oder weniger vorgenommenen Weg abwandte und dafür den anderen in Richtung des dichten, stark bewachsenen und wuchernden Waldes einschlug. Während ich mich also den dicht aneinander gereihten Laub- und Nadelbäumen näherte, huschten meine grünen Augen aufmerksam in der Gegend umher, nahmen so gut wie jedes einzelne Detail wahr. Von einem umgestürzten Baum bis hin zu einer verfallenen, verwesenden Hütte, die vor ein paar Jahren sicherlich noch recht ansehnlich war. Jetzt war sie allerdings nichts weiter als ein Haufen vor sich hinmorschender Bretter und von Moos überzogenen Grundmauern. Ein paar Ziegeln lagen da und dort im hohen Gras vor dem Waldrand verstreut, zerschlagen vom Herunterfallen vom Dach oder zertreten von den hier lebenden Wesen. Ich lief durch die Überreste der Hütte, blieb sogar einmal im Hauptteil der alten Hütte stehen und schaute mich um. Aber irgendetwas Interessantes gab es hier nicht zu finden, weshalb ich mich nach einigen Minuten doch weiter auf meinen Weg machte, wovon ich nicht wusste, wo er mich letztendlich hinführen würde. War mir in dem Moment eigentlich auch egal und ob ich da von meinen Instinkten geleitet wurde wusste ich auch nicht. Vielleicht waren es auch das Problem- und das Risikoliebende in mir, was mich schlussendlich immer weiter in den Wald hineinzog. Ich hatte mir auch wieder die Kapuze meines schwarzen Kapuzenpullis ins Gesicht gezogen, bewegte mich mehr oder weniger lautlos über herabgefallene Äste, über aus dem Boden herausstehenden Wurzeln und über kleine Gräben, die frisches, klares Wasser mit sich führten. Mit jedem ruhig gehenden Atemzug sog ich den Duft des Waldes in mich auf, den Geruch von Nadeln, Moos und all dem anderen Zeug, was man eben so in einem Wald fand. Obwohl ich schon einige Minuten tiefer und weiter in den Wald hineinlief, wusste ich noch immer, wo ich war und wie ich letztendlich auch wieder zurück und hier herauskam. Es war wie als ob ich eine innere Uhr, einen inneren Kompass hätte, der mich leitete. Und ob mir das was Gutes oder was Schlechtes bringen würde, würde ich auch erst sehen, wenn ich wieder zurück in meiner gewohnteren Umgebung und in der mehr oder weniger verlassenen und heruntergekommenen Siedlung war. Tja, oder eben auch nicht. Denn lange dauerte es nicht und nachdem ich eine ganze Weile einem kleinen Fluss- oder Bachlauf gefolgt war, sah ich einige Meter vor mir zwei Personen stehen. Zwei Wesen. Für einen Moment blieb ich stehen, kniff die Augen zusammen und versuchte in der leichten Dämmerung auszumachen, wer das denn sein könnte. Die eine Person konnte ich sogar relativ schnell identifizieren. Längeres, weißes Haar, blasse Haut, rote Lippen. War eindeutig eine Achak. Die andere Person konnte ich aber nicht unbedingt ausmachen, sie stand mit dem Rücken zu mir, auch wenn ich wusste, dass es ein Kerl war. Ein Achak konnte es aber auch nicht sein, sonst hätte er ja weiße Haare. Eine Wachi konnte es schon gleich gar nicht sein, denn die waren ja ausschließlich Frauen, nicht Männer. Und die Kailasa kannte ich so gut wie alle und außerdem litt ich ja nicht unter Gedächtnisschwund oder sowas. Ich konnte mich sehr gut an die Gesichter erinnern, die ich schon einmal gesehen hatte und obwohl der Mann mit dem Rücken zu mir regungslos dastand, konnte ich doch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass er einer von uns Kailasa war. Und letzten Endes blieb dann ja auch nur noch die Möglichkeit übrig, dass er ein Mensch war. Was mich ja auch gerade etwas irritierte, denn normalerweise wagten die sich nicht so tief in den Wald vor. Es war wirklich selten, dass man Menschen im Wald antraf. Außer sie wurden von den Wachiwi oder den Achak verschleppt. Bei uns Kailasa war es eigentlich nicht.. üblich, dass wir unsere Opfer in den Wald schleppten und zerrten. Meine Hand glitt lautlos in meine Hosentasche- mein Messer war noch da. Wer weiß was da vorne abging, aber ich konnte auch nicht bestreiten, dass ich da jetzt sofort näher hingehen wollte, um mir das aus nächster Nähe anzusehen. Und vielleicht auch selbst ein wenig mitmischen zu können. Das Risiko war doch etwas Schönes.. etwas, das ich nicht missen wollte. Dann setzte ich mich wieder in Bewegung, lief so leise wie möglich zwischen den Bäumen hindurch und weiter auf die beiden Gestalten zu, bis ich vielleicht kaum noch fünf Meter entfernt war. Und dann lehnte ich mich in eben diesem Abstand hinter dem Kerl seitlich gegen einen Baum, setzte ein amüsiertes Grinsen auf und beobachtete Beide. Die Achak hatte mich sicherlich schon bemerkt, ob der Mensch mich schon gehört hatte würde ich ja gleich sehen. Schien auf jeden Fall nicht mit der Achak in den Wald geschleppt worden zu sein, sonst sähe er jetzt schon wesentlich.. zerfledderter aus.
Lächelnd schaute ich den Beiden zu. Mika versuchte es nach zu machen , was ihr auch gut gelang, so wie ich fand. Sie hatte sich nun auch auf den Boden gesetzt und flechtete einfach irgendwo Zöpfe in ihr Haar. Ich erwiederte keya's Lächeln leicht und schaute sie an. Ja doch, sie war sehr schön, das musste ich zu geben.
Ich verdrängte den Gadanken schnell wieder und sah weg. Da es hier drin nicht mehr so kalt war, zog ich meine lederjacke aus und warf sie kurzerhand auf einen Stuhl. Mika hatte zwar das prinzip verstanden, aber trotzdem schaute sie jetzt aus wie ein Zottel. Die geflochtenen Zöpfe waren unordentlich und der recht ihrer Haare war zerwühlt und wuschlig. Trotzdem strahlte sie übers ganze Gesich und schaute mich dann an. ,, Das solltest du auch mal lernen!'', kicherte sie lächelnd und betrachtete glücklich die Zöpfchen.
|| Sorry das das jetzt sooo wenig ist, mir fällt gerade kaum was ein :/
Sehr viel bekam ich ja nicht entgegen gebracht. Weder ein Geräusch, noch eine andere Situation. Sie sah mich nur an.. Aus welchen Gründen auch immer sie das tat. Vielleicht hatte sie noch nie nen Kerl gesehen - was ich bezweifelte. Ich kannte die Geschichten und Legenden der Achak und ich schenkte ihnen Größtenteils auch meinen Glauben. Ich wusste durchaus was ich als richtig und was ich als falsch einstufen konnte. Ruhig blieb auch ich stehen, bewegte mich nicht weiter. Ich wusste, dass sie vermutlich blind war und mich nicht sehen konnte, ebenso wie ich wusste, dass sie vermutlich besser hörte wie ich, bessere Sinne im Allgemeinen hatte. Mir gehörte aber der Sehsinn und das würde und musste ich mir im Ernstfall eben wirklich zum Vorteil machen. Auf Grund der Situation und dessen, dass ich aufmerksam war, meine Sinne geschärft waren, weil ich nun mal nicht vor hatte zu sterben sollte ich angegriffen werden, vernahm ich auch das leise Knacken einiger Blätter und Äste hinter mir. Noch ein Achak? Wenn ich mich jetzt umdrehte, würde die Kleine mich vielleicht angreifen. Tat ich es nicht, würde ihr eventueller Komplize dies vielleicht tun. "Willst du dich mir nicht zeigen?" Meine Stimme klang neutral, ruhig und weder nach Angst, noch nach Anspannung. Auch das war ich gelehrt worden. Sie würde mich nur lähmen und zu was das führte musste ich wohl niemandem mitteilen. Hatte ich auch nur den Hauch von Angst gezeigt, hatte mich das mindestens einen schmerzhaften Angriff meines Vaters gekostet. Alles was falsch gewesen war hatte Konsequenzen gehabt und wäre es nicht so gewesen, dann wäre ich heute nicht in der Lage der zu sein der ich war. Ich wäre nicht in der Lage hier zu stehen, in diesem Moment zwischen Achak und.. vermutlich einem weiteren Achak. Ich wäre nicht in der Lage ruhig zu bleiben, einen kühlen Kopf zu bewahren und den Dolch zu halten der ruhig und locker in meiner Hand lag und keinerlei Bewegung von meinem Körper an die Umgebung weiter gab. Nicht das kleinste Zittern, wie man es vielleicht erwartet hätte. Natürlich machte ich mir meine Gedanken, natürlich wollte ich nicht sterben, natürlich wusste ich, dass ich in Gefahr war, egal welchem Wesen ich gegenüber stand. Aber ich konnte auch in Gefahr sein wenn ich eine Menschen, einem Wolf, einem Hirsch oder sonst irgendetwas gegenüber stand. Und viele dieser Wesen hatten einen Vorteil: Sie konnten die Angst riechen, konnten sie nutzen. Das durfte und das würde mich nicht passieren. Zumindest nicht gerade und in diesem Augenblick. Ich war schlicht weg nicht bereit dazu und konnte sogar fast die Stimme meines Vaters in meinen Gedanken widerhallen hören. Und wenn es das Letzte ist was du tust.. stirb in Würde, ohne Angst in den Augen. Zeig niemals was in die vorgeht, es könnte alles gegen dich verwendet werden.. Du bist ein Jäger und du stirbst auch wie ein Jäger. Ist das klar!? Er war wie einer gestorben, so wie er es mir immerzu gelehrt hatte und ich hatte nicht vor es anders zu tun. Allerdings gewiss noch nicht jetzt.
Klar hatte das männliche Wesen von Mensch mich schon gehört, anschleichen war nicht so mein Ding und außerdem hatte ich mich ja mehr oder weniger gar nicht so richtig angeschlichen. Ich hatte zwar aufgepasst, wo ich hingetreten war, aber mehr war da auch nicht gewesen. Die Achak hatte mich garantiert sowieso schon zehn Meter gegen den Wind erschnüffelt, auch wenn ich ja wohl alles andere als ungewaschen herumlief. Sie waren blind, hatten daher einfach einen wahnsinnig gut ausgeprägten Geruchssinn. Genauso wie ihr Gehör noch deutlich besser ausgeprägt war wie das einer Wachi, eines Menschen oder eines Kailasa wie mir. Irgendwo mussten sie ja auch ihre Blindheit wieder wett machen können. Die Stimme des Mannes überraschte mich ehrlich gesagt dann doch etwas, denn sie war weder ängstlich, noch klang sie in irgendeiner Art und Weise beunruhigt und dem Ausreißen nahe. Wobei der Inhalt seiner Worte mich doch.. amüsiert auflachen ließ. Wenn auch leise, aber ich konnte mir gerade wirklich nur zu gut vorstellen, in welcher.. Zwickmühle er sich befand. Immerhin war vor ihm eine Achak, in der Hand einen Dolch. Der Mann allerdings war auch nicht unbewaffnet, nur hinter ihm und in seinem Rücken stand eben ich. Ich konnte ihn jetzt gut und gerne angreifen- wenn er sich zu mir umdrehen würde, dann hätte die Achak ihre Chance, ihn anzugreifen. Letzten Endes hatte er doch immer einen von uns Beiden im Rücken kleben und im Nacken sitzen. „Gerne. Du musst dich nur umdrehen..“ erwiderte ich nach einigen Sekunden auf seine Frage hin, ob ich mich ihm denn nicht zeigen wollte mit rauer, leicht spottender Stimme. Wirklich, ich hatte überhaupt kein Problem damit mich ihm zu zeigen. Aber wenn er jetzt glaubte, dass ich extra auch noch um ihn herumwatscheln würde und mich ihm vor ihm auf dem Präsentierteller präsentieren würde, dann hatte er da aber sehr falsch gedacht. Für den Moment war jetzt auch schon wieder die junge Frau Pandora vergessen, die ich vorhin in die Bewusstlosigkeit gewürgt hatte. Gerade befand ich doch diese.. Situation hier als sehr viel interessanter und spannender, als dass ich mich jetzt stundenlang mit meinen Gedanken an Pandora beschäftigen würde. Ob es Zufall oder doch eher Instinkt war, dass ich hierher gelaufen war, konnte ich dennoch immer noch nicht sagen. Auf jeden Fall bereute ich es nicht, einfach immer einen Fuß vor den anderen gesetzt zu haben und mich hierher führen gelassen zu haben. Ich liebte das Risiko, ich liebte Abenteuer und sowas wie hier gerade zog mich doch irgendwie geradezu magisch an. Für Probleme jeglicher Art war ich doch so gut wie immer zu haben. Für einen Moment musterte ich die weißhaarige Achak- ich konnte mir gerade nicht wirklich vorstellen, dass sie mich angreifen würde. Außer natürlich sie dachte ich würde ihr gerade ihr Abendessen streitig machen. Was ich allerdings nicht unbedingt und direkt vorhatte, mein Hunger nach Leid und Schmerz war vorerst ja mal gestillt worden, auch wenn ich letztendlich nichts dagegen hatte, den Kerl ein wenig leiden zu lassen, sollte er doch tatsächlich auf die Idee kommen mich irgendwie angehen zu wollen.
Fast hätte ich aufgelacht. Das wurde ja immer besser. Erst dieser Mensch, dann auch noch ein Kailasa, der sich einmischte. Was versprach er sich davon. Er schien nicht hungrig zu sein. Denn ansonsten wäre er angespannter gewesen und nervöser, nicht so … entspannt wie er es jetzt war. Warum mischte er sich dann in meine Angelegenheiten ein? Ich würde erst einmal abwarten, wie die beiden reagierten. Und ob sie mich währenddessen vergessen würden. Die Chance würde ich nutzen.
Aber nicht nur der Kailasa verwirrte mich. Auch dass das Menschlein keinerlei Angst in der Stimme hatte, irritierte mich stark. Selbst sein Geruch verriet nicht die geringste Verunsicherung. Wo war denn der ganze Spaß geblieben, wenn das Opfer nicht verängstigt war?
Ich lachte und sagte zu Mika:" Dann braucht dein Bruder aber längere Haare, als die paar Zosseln auf dem Kopf" Ich beachte Zacharas mit einem gespielt mitleidigem Blick und fügte hinzu:" Oder künstliche Haare... " Ich musste grinsen und wand mich wieder an das kleine, blonde Mädchen. " Du musst das einfach üben, dann klappt das schon." Ich lächelte leicht und merkte erst jetzt, als meine Finger anfingen unangenehm zu kribbeln, wie kalt mir wirklich gewesen war. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und sah rüber zu Zacharas. Der Kailasa wirkte total anders in der Gegenwart seiner Schwester. Offener,freundlicher und nicht mehr so anweisend und kalt. Ich musste auch ganz anders wirken. Ebenfalls nicht mehr so kalt, abweisend und einsam. Ich war einsam und jetzt, wo ich daran dachte wieder weiter allein umher zu ziehen, wurde irgendwas in mir traurig. Aber nur ein bisschen. Ich presste die Lippen zusammen und richtete mich auf, während Mikaela das gar nicht mitbekam, denn sie flocht sich immer noch selber Zöpfe. Ich beschloss, dass mehr Strähnen wann anders dran kamen. Fall ich sie nochmal treffen würde.
In der Hütte war es zwar warm, aber es roch auch alt und moderig. Irgendwie ein wenig nach Schimmel, alten Sachen und nassem Stein. Ich mochte diese winzige Hütte irgendwie. Große Häuser mit riesigen Gärten und gepflegten Pflanzen waren nicht so mein Fall. Lieber so kleine Hütten mitten im Wald, wo man seine Ruhe hatte. Ruhe und Frieden und zwischendurch einen Wanderer als Snack. Das war genau mein Fall. Ich liebte es mit den Männern zu spielen und mich mit ihnen zu unterhalten. Und ja, ich mochte ihre Komplimente. Vielleicht sollte ich mich schlecht fühlen, weil sie ja meiner Art einfach unterlagen, aber trotzdem schmeichelte es mir und meine Laune wurde besser. Kein Mann wehrte sich und insgesamt waren sie einfach das schwache Geschlecht, wenn man es aus der Sicht der Wachi anschaute. Da merkte man, wie sehr Menschen Schönheit unterlagen. Ich riss mich aus meinen Gedanken, als ich merkte, dass ich Zacharas gedankenverloren ansah. Schnell biss ich mir auf die Lippe und wand mich wieder an Mika.
Skeptisch hob ich eine Augenbraue. ,, Niemals.'' Das war wohl eine eindeutige Antwort. Langsam und gemütlich erhob ich mich und streckte mich kurz.
Es war etwas anders, da nun noch jemand hier war. Ich fand es sehr ungewohnt. Normaler weise wusste nie jemand, wo wir uns gerade befanden. Wir zogen immer etwas weiter, das hier war auch nur eine Unterkunft auf kurze Zeit.
Gedankenverloren sah ich Mika mit schief gelegtem Kopf an. ich würde nur zu gern wissen, was sie wirklich von all dem hielt. Wie sie wirklich mit dem Tot unserer Eltern klar kam. Mir erzählte sie ja nur immer, das alles gut war, wie es ist und das es ihr gut ging, doch wirklich glauben konnte ich das nicht...
Ich presste die Lippen auf ein ander und schüttelte kaum merkbar, den Kopf. Als Mika mich kurz an schuate, setzte ich wieder ein Lächeln auf. Sie war eh zu klein, um zu merken, ob es echt oder nicht war. Als Mika weiter ihre Zöpfte flechtete, schaute ich rüber zu keya und sah sie einfach nur eine zeit lang an. Ich glaube, es tat Mika gut. Kurz lächelte ich ehrlich.
Ich konnte wirklich nicht einschätzen wie lange mich diese Dunkelheit gefangen hielt und ich konnte auch nicht sagen ob ich gerne für immer von dieser Dunkelheit umgeben wäre oder nicht. Die Angst vor dem wiederkehrenden Schmerz war vorhanden, andererseits war auch diese drückende, öde Dunkelheit angsteinflößend. Ebenso wie sie auch erleichternd war. Sie nahm einem jegliches Gefühl für den eigenen Körper, sie lullte einen regelrecht ein und sorgte für ein leichtes, unnahbares Gefühl das man gar nicht beschreiben konnte. Und dann war es urplötzlich vorbei. Ein unangenehmes Gefühl von Schmerzen durchzuckte meinen Körper von meiner Brust aus, durch den Hals in den Kopf, meine Handgelenke schmerzten, mir war übel und jeder Atemzug fühlte sich an, als würde man mir mit tausenden, kleinen Nadeln in die Lungen stechen. Ein leises, beinahe schon jämmerliches, Stöhnen kam über meine Lippen, bevor ich mir an die gekühlte Stirn griff, die Augen weiterhin geschlossen. Ich spürte einen kühlen, nassen Stofffetzen auf meiner Stirn unter meinen Fingern, zuckte davor zurück und riss augenblicklich die Augen auf, um mich mit einem erschrockenen, leisen Schnaufen – das mir nur noch mehr Probleme mit meiner Lunge bescherte – aufzusetzen und perplex etwas zur Seite zu rücken. Allerdings ging das nicht sonderlich weit, das Sofa war klein, die Lehnen waren mir im Weg und im Endeffekt war das auch gut so, weil ich sonst vermutlich den Boden geküsst hätte. Der feuchte Lappen war mir von der Stirn auf den Schoß gefallen, ich hatte im ersten Moment mein Gesicht leicht verzogen und hatte mir mit der linken Hand an die Kehle gegriffen. Noch immer konnte ich die Hand des jungen Mannes, Zasha, an ihr spüren.. wie sie langsam zudrückte. Dabei war es wohl nur die Panik, die mir die Kehle zuschnürte. Da war keine Hand und dennoch fühlte es sich so an, dennoch schien es so, als würde sie noch da sein. Ich konnte seine warmen, ruhigen Finger spüren, wie er mit dem Daumen langsam und ganz sanft über die selbe Stelle strich, über die er tatsächlich vor.. einigen Stunden? – ich wusste es nicht – gestrichen hatte. Ich bezweifelte gerade auch schwer, dass ich einen Ton hinaus bekam. Meine Kehle fühlte sich trocken an, kaputt, sie brannte. Ich konnte es gar nicht beschreiben. Wobei ich recht schnell realisierte, dass zumindest Zasha nicht hier war. Die junge Frau kannte ich zwar nicht, aber sie war nicht Zasha und – oho – das beruhigte mich direkt wieder ein klein wenig. War auch besser so, damit sich mein Atem wieder einfing und meine Lunge sich nicht weiter überanstrengen musste.. die war vermutlich sowieso schon komplett malträtiert.. war nicht gut, auf gar keinen Fall. „Wa-“, krächzte sich, gab es aber ziemlich schnell wieder auf. Erstens, weil es kaum verständlich war und zweitens, weil das Kratzen in meinem Hals mir die Sprache sofort wieder verschlug. Und überhaupt.. was tat ich hier, wie war ich hier her gekommen und... wo war ich? Noch immer lag die linke Hand an meiner Kehle, sie zitterte leicht, während ich es gar nicht wagte an mir hinab zu sehen, mir meine schmerzenden Handgelenke anzusehen.. ich wollte nicht wissen wie mein malträtierter Rücken aussah und ich wollte auch nicht wissen wie mein Hals aussah.. ich wollte doch tatsächlich wieder diese beruhigende Dunkelheit zurück. So beängstigend sie auch war, sie war mir definitiv lieber.. sehr viel lieber.
Samira
Sie erwachte, aber erst nachdem ich das Tuch gute 5-6mal neu nass gemacht hatte. Sie fasste sie zitternd an den Hals. Die arme hatte sicher etwas schreckliches durchgemacht. Sie begann zu sprechen, was aber nicht so ganz funktionierte. Ich deutete ihr den Mund zu halten und reichte ihr die Schüssel mit dem Wasser "Hier trink das, dann wird es dir besser gehen" meinte ich und nickte sie freundlich und aufmunternd an. Ich hatte neben dem Sofa gesessen und stand nun auf. Ich drehte sie, damit sie wieder gut lag und legte ihren Kopf etwas höher. Dann nahm ich die Schale und hielt sie ihr an den Mund. Es würde ihr bestimmt besser gehen, wenn sie etwas getrunken hatte. Sie war schließlich ziemlich lange bewusstlos gewesen. Nachdem sie etwas getrunken hatte, legte ich ihr das Tuch vorsichtig auf die Stirn. "Du brauchst ruhe... ich werde dir etwas zu Essen besorgen" sagte ich zu ihr, stellte die Schüssel wieder neben das Sofa und verließ das Zimmer und die Hütte. Am besten wäre etwas warmes. Gebratenes Fleisch wäre sicher gut. Ich müsste nur irgendein Tier finden. Oder meine Waffe zuerst einmal holen. Ok es würde doch schwerer werden etwas zu essen zu finden. Aber gut, ich musste schnell meine Waffen holen. Zum Glück lag mein Versteck nicht allzu weit entfernt. Mit meinem Bogen und den Pfeilen schoss ich einen kleinen Vogel herunter. Er müsste für den Anfang reichen. Ich kam mit ihm zurück und sammelte gleich etwas Holz ein. Wieder bei dem Mädchen angekommen machte ich im Dachlosen Nebenzimmer ein Feuerchen, wo ich den gerupften Vogel briet. Das dauerte etwas und inzwischen hatte sie wieder das Bewusstsein verloren. Ich wechselte ihr Tuch nochmals, als der Vogel essfertig war und weckte sie. "He Mädchen" sagte meine zarte Wachi stimme. "Wach auf, du musst etwas essen". Ich hatte den gebratenen Vogel in meiner Hand und sah sie ermutigend an.
Mir fehlte komplett die Kraft um mich gegen ihre - wohl freundlich gemeinte - Hilfe zu stemmen. Ich wollte nicht hin liegen. Genauso wenig wie ich die Schalte an den Mund gehalten bekommen wollte wie ein kleines Kind oder.. irgendjemand altes, der eben nicht mehr dazu in der Lage war. Damit fühlt eich mich noch macht- und schutzloser wie ich es sowieso schon war oder tat. "Ich.." weiter kam ich gar nicht. Entweder sie hörte mich nicht oder sie ignorierte mich. Konnte ehrlich gesagt beides der Fall sein. Ich hatte etwas zu Essen in meinem Rucksack.. Brot, Käse. Das was ich schon vor meinem Zusammentreffen mit dem Kailasa gegessen hatte. Wobei ich nicht einmal Hunger hatte. Ehrlich gesagt drehte es mir ja so schon fast den Magen um, wenn ich nur an Essen dachte wurde es gewiss nicht besser. Ganz und gar nicht. Aber das lag wohl einfach nur an den Schmerzen, denn sonderlich viel hatte ich schon lange nicht mehr in den Magen bekommen. Wie sollte es aber auch anderes sein bei diesen Umständen? Aber sie war dann wie gesagt auch schon aus dem Raum und schließlich wohl dem Häuschen verschwunden. Wo auch immer sie nun etwas zu Essen her bekommen wollte. Ich hievte mich derweil wieder in eine Sitzende Position, bevor ich mir das feuchte, kalte Tuch von der Stirn nahm und mich mit einem leisen.. Keuchen nach meinem Rucksack bückte, den ich mit einem flüchtigen Blick durch den Raum neben dem Sofa auf dem ich aufgewacht war und nun noch immer saß, vorfand. Noch immer mit zitternden Händen griff ich nach besagtem Rucksack, um ihn nach zwei Anläufen dann auch endlich auf zu bekommen. Mir fehlte die Kraft in den Fingern. Wobei mein Blick dabei wohl auch unwillkürlich auf meine Handgelenke fiel. Noch war nicht.. allzu viel zu sehen. Sie waren ziemlich gerötet, an den Ellenbogen - die wohl besonders gegen den Zaun gedrückt worden waren -, konnte man rote Striemen des dünnen Drahtes sehen - so ähnlich würde wohl auch mein Rücken aussehen.. ansonsten war aber alles noch recht passabel.. wobei ich meinen Hals ja nicht ansehen konnte. Das war mir aber wirklich ganz recht. Die Handgelenke würden zwar sicherlich auch noch blau werden, aber.. naja, ich wollte mal nicht vom schlimmsten ausgehen. Ich sollte froh sein überlebt zu haben und hoffen, dass ich keinerlei bleibende Schäden davon getragen hatte, denn so wie meine Lunge sich gerade anfühlte, wäre es kein Wunder, wenn sie jeden Moment kollabieren würde.. demnach konnte ich gewiss auch erst mal keine Sprints hinlegen, mich verteidigen oder sonst irgendetwas tun das mich anstrengen würde. Vielleicht doch.. aber nicht ohne es schlimmer zu machen. Ich ging mittlerweile davon aus, dass die junge Frau mich gefunden und irgendwie hier her gebracht hatte, dafür würde ich ihr definitiv noch danken.. Ich lehnte mich vorsichtig - den Rucksack neben mir - zurück gegen die kaputte Lehne des Sofas, schloss die Augen wieder, weil die Lieder schon wieder so schwer wurden. Es war nicht so, dass ich einschlief oder wieder das Bewusstsein verlor, ich dämmerte mehr ein wenig weg, während ich bemüht war so langsam, vorsichtig und gleichmäßig zu atmen wie es mir möglich war. Ich realisierte zwar, dass die junge Frau irgendwann zurück kam, etwas tat - aber was genau wusste ich auch nicht. War mir aber egal, solange sie nicht den Kailasa mit brachte, der sein misslungenes Werk mich zu töten vollenden wollte. Ob er damit rechnete, dass ich überlebt hatte? Keine Ahnung, ich wollte es auch wirklich nicht wissen. Erst als die junge Frau zu mir zurück kehrte öffnete ich meine Augen wieder, blickte auf den Vogel und schüttelte kurz den Kopf. Ich wusste, dass es gut gemeint war und sie vermutlich sogar recht hatte, aber wenn ich bedachte, dass sogar bei Wasser meine Kehle brannte wie Feuer wurde mich schon wieder ganz übel davon. Und um diesbezüglich erst gar keine Diskussion zu erfassen versuchte ich mich nochmal an meiner Stimme, die zwar immer noch eher rau und kratzig klang aber zumindest nicht direkt wieder brach - auch wenn es einiges an Beherrschung forderte wegen der Schmerzen nicht direkt wieder zu verstummen: "Ich danke dir für deine.. Hilfe.", wisperte ich leise. Lauter war nämlich so oder so unmöglich, aber sie würde mich wohl verstehen. "Wo sind wir hier?"
Samira
Irgendwie war es verständlich, dass sie nichts essen wollte. Ihr Hals sah grauenvoll aus und auch ihre Arme waren zerkratzt wie mir auffiel. Ich legte die Mahlzeit zur Seite. Vielleicht würde sie sie später wollen oder ich aß sie. "Ist kein Problem" zugegeben, wäre sie männlich, hätte ich sie umgebracht. Aber das Blut von Frauen war wie Gift, also warum sollte ich ihr dann nicht helfen. "Wir befinde uns im südöstlichen Teil des Waldes" erklärte ich ihr. "Aber was zum Teufel ist mit dir passiert? " Das interessierte mich brennend und sollte ein Mann daran schuld sein, so freute ich mich schon ihn zu treffen. Er würde eine tolle Mahlzeit abgeben. Bei dem Gedanken strich ich mit meiner Zunge über meine Lippen. Sie tat mir wirklich leid. "Willst du dich mehr aufsetzen?" fragte ich sie und stapelte die Kissen höher, sodass sie fast aufrecht sitzen konnte. Ich nahm vorsichtig ihre zerkratzte Hand "Du brauchst dringend Medizin oder Kräuter, die die Wunden desinfizieren." läuterte ich fachlich. Man musste die Wunden waschen und dann mit Salben, Cremen oder Kräutern abdecken und behandeln. Vielleicht fand ich etwas Spitzwegerich. Der würde die Schwellung nehmen und hätte eine desinfizierende Wirkung. Aber zuerst musste sie aufstehen und mit mir zur Lichtung gehen um in dem sauberen Wasser zu baden. "Ich bin übrigens Samira" stelle ich mich vor.
Noch hinzu kam, dass ich gar kein Fleisch aß. So lächerlich das in der heutigen Zeit und mit dem knappen Essen auch klang, ich weigerte mich das Fleisch eines anderen Lebewesens zu kosten. Das tat ich schon seit ich denken konnte nicht und ich hatte auch nicht vor dies zu ändern. Aber das behielt ich für mich. Ich ging nicht davon aus, dass sie hier bei mir blieb, wieso auch? Wir kannten uns gar nicht, ich war jetzt wach, ich war genau genommen eine Last. Ich würde auch alleine zurecht kommen und sie könnte.. tun was auch immer sie sonst eben tat. Ja, ich war miserabel darin Hilfe anzunehmen. Sehr miserabel sogar. Sie war wirklich sehr nett, das komplette Gegenteil von Zasha, wie es schien. Zasha. Der Name hatte sich wirklich in mein Gedächtnis gegraben. Gemeinsam mit seinem Gesicht. Seinem hübschen Gesicht, ja, aber waren es nicht die, die meistens wirklich.. die Schlimmsten waren? Er hatte es mir ja deutlich bewiesen und gezeigt. Eine Gänsehaut überfiel mich regelrecht, ließ mich die schmalen Schultern in die Höhe ziehen und die Arme um meinen Körper legen, bevor ich die Beine noch auf die Fläche des Sofas hinauf zog und dankbar über die Kissen ein kurzes Lächeln in Richtung der 'fremden Retterin' warf. Ja, was zum Teufel - das traf es ganz gut - war mit mir passiert? Wollte ich ihr das sagen? Nein wollte ich nicht. Ich wollte nicht darüber sprechen.. aus vielen Gründen; allen voran wohl dem, dass ich mich in dieser Situation so erniedrigt und schutzlos gefühlt hatte.. so, dass ich einfach nicht auch noch jemandem auf die Nase binden wollte wie dumm ich denn gewesen war. Klar hätte das so oder so passieren können, auch wenn ich geschnallt hätte wer oder was er war. Aber so, so war ich doch einfach naiv, dumm und total.. ja, dumm eben gewesen. Einfach bescheuert. Ich hatte nicht nachgedacht und mich von der Gesellschaft regelrecht mitreißen lassen. Natürlich war ich einsam, aber das rechtfertigte nicht mein unachtsames und naives, dummes Verhalten! Und dann kam noch hinzu, dass ich eigentlich gar nicht weiter darüber nachdenken wollte. Erst recht nicht darüber sprechen, schon so fiel es mir schwer hier halbwegs ruhig zu sitzen, wie würde es erst sein, würde ich präzise erzählen und erklären was geschehen war? Nein Danke. Zumal es ihr doch ohnehin nichts nutzen würde, am Ende brachte sie sich nur selbst noch in Gefahr. Woher sollte ich auch ahnen wer sie war? "Das... das geht schon, wird wieder. Ich bin dir wirklich sehr dankbar. Es ist aber.. halb so wild.", spielte ich die Situation also runter. Ich versuchte es zumindest. Vermutlich sprachen die Wunden für sich, auch meine kratzige Stimme.. aber was Hilfe in Anspruch nehmen anging war ich wohl ebenso schlimm wie ein Kerl. Einfach nicht dazu in der Lage sie einfach anzunehmen und dankbar zu sein. Nein, ich kam mir dabei.. jämmerlich schwach vor und ich hasste es schwach zu sein. So schwach wie in den Händen des Kailasa. "Pandora, ich.. bin Pandora.", stellte ich mich ebenfalls vor, als sie, Samira, mir ihren Namen nannte. Er passte zu ihr, klang edel so wie sie auch aussah. Ich schluckte, fischte in meinem Rucksack nach der Flasche Wasser die sich darin noch befand und bekam den Deckel nach einem missglückten Anlauf dann auch auf, weil ich mir diese.. Blöße nicht geben wollte und alle Kraft sammelte die sich sammeln ließ um diesen.. beschissenen Deckel auf zu bekommen. Langsam führte ich die Öffnung an meinen Mund, trank nochmal ein paar Schlucke, bevor ich die Flasche auf meinem linken Knie absetzte, sie weiterhin aber mit der linken Hand festhielt. Ich beschloss die Tatsache etwas erzählen zu können auch gleich noch ganz bei Seite zu räumen - zumindest hoffte ich, dass es aufrichtig und glaubwürdig klang; "Ich.. kann mich auch gar nicht mehr richtig erinnern was geschehen ist. Eigentlich war ich gerade auf der Suche nach einem.. Unterschlupf für die Nacht und dann bin ich hier.", noch immer klang meine Stimme leise und so, als hätte ich sie schon Wochen nicht mehr genutzt. Eingerostet.. aber zumindest klappte es nun wieder annähernd flüssige Sätze zu sprechen.
Ich fragte mich wirklich was an der Situation gerade so komisch war, dass die Beiden in Gelächter – wobei es nicht mit Gelächter zu vergleichen war, aber dennoch – ausbrachen. Ich für meinen Teil fand sie gar nicht witzig und ich war mir sicher, dass sich das für meine Beiden ‚Freunde‘ hier auch noch ändern würde, wenn sie auf die Idee kamen mir in irgendeiner Art und Weise zu nahe zu kommen. Sie waren vielleicht in der Überzahl, einer stand hinter, einer vor mir, aber das bedeutete noch lange nicht, dass ich mich deswegen nicht dennoch verteidigen könnte. Sie zumindest verletzen könnte, wenn es denn darauf ankam. Und dann würde ihnen das Lachen schon vergehen und wie sagte man so schön? – Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Von mir aus also sollten sie sich gerne auf der sicheren Seite wiegen, damit konnte ich durchaus leben und damit hatte ich momentan auch noch keine weiteren Probleme. Denn in Sicherheit waren sie in meiner Gegenwart ganz bestimmt nicht. Aber woher sollten sie das auch wissen? Nirgends. Richtig. Sie würden es erst erfahren, wenn es im Endeffekt schon zu spät war um umzukehren. Und eine ‚humorvolle Antwort‘ bekam ich auch noch zurück. Was für ein Spaßvogel, wirklich. Ein leises Schnauben drang aus meiner Kehle, bevor ein zweiter Dolch – der meines Vaters, versteckt unter meiner Jacke, weil er eigentlich selten bis gar nicht zum Zuge kam, dazu war er mir normalerweise zu wichtig – in meine noch freie Hand wanderte und ich mich halbwegs zu der männlichen Stimme umkehrte, ohne dabei der Achak den Rücken zu kehren oder den ersten Dolch nicht weiterhin in ihre Richtung zu halten. Das konnte sie vielleicht nicht sehen, aber ich war mir sicher, dass sie es dennoch wusste. Ein kurzes Blick auf den Hinzugekommen verriet mir ziemlich schnell, dass es sich nicht um einen Achak handelte, um eine Wachi schon gar nicht, die stand aber auch gar nichts zur Debatte. Nein, entweder ein Mensch oder ein Kailasa und da ich mir ziemlich sicher war, dass ein Mensch sich nicht so verhalten würde in dieser Situation – es sei denn er war wie ich und das wäre schon ein sehr großes Wunder – blieb nur noch der Kailasa übrig. Das hatte mich ja noch gefehlt. Wirklich. Ich verstand zwar nicht wirklich wieso der Kailasa hier nun noch aufgetaucht war und was er sich von diesem Treffen hier versprach – aber das könnte ich ebenso von der Achak behaupten. Sie waren wohl Beide darauf aus mich zu töten – aber ganz so einfach würde sich das gewiss nicht gestalten. Ein herkömmlicher Mensch war ich nämlich keineswegs, aber das würden sie wohl noch von selbst herausfinden. „Und ich dachte immer die Achak zeigen sich nicht vor so vielen Augen.“, unterbrach ich die Stille die aufgekommen war, nachdem beide Spezies verstummt waren. „Und du? – schon mal den Schmerz eines Achak gekostet? Lockte sie dich hier her?“ Noch immer klang ich neutral, wechselte langsam, bedacht den Blick zwischen beiden Personen, wobei ich auf Beide einen der beiden Dolche gerichtet hatte. Sicher war sicher, sie sollten mir nicht zu Nahe kommen. Dieses Risiko wollte ich nun wirklich nicht eingehen. War schon schlimm genug, dass sie mich von rechts und von links belagerten.. aber davon, dass die beiden Spezies zusammen arbeiteten hatte ich noch nie gehört, wenn ich also Glück hatte, sprangen sie sich eher noch selbst an die Kehle.
Dieser Mensch hier war auf keinen Fall ein normaler, dahergelaufener Mensch. Allerspätestens jetzt hätte man nämlich Angst und Beunruhigung in seiner Stimme vernehmen müssen, man hätte ihm ansehen müssen, dass er zappelig wurde und drauf und dran war, die Beine in die Hände zu nehmen wenn es brenzlig wurde. Aber genau deshalb weil dieser.. junge Mann so ruhig war und blieb, weckte er mein Interesse immer mehr. Sehr viel mehr. Die Achak interessierte mich zwar auch, aber der größte Teil meiner Aufmerksamkeit lag doch auf dem Mann und nicht auf der Frau mit den langen, weißen Haaren. Sein Schnauben konnte ich deutlich hören, kurz darauf drehte er sich auch schon zur Seite, sodass er uns Beide im Blick hatte. Einen zweiten Dolch hatte er auch ausgepackt, hielt ihn mir drohend und Abstand gebietend entgegen. Einige Sekunden lang war nichts weiter zu hören außer dem säuselnden Wind, der durch die Baumkronen huschte und einige Bäume knarzen ließ. Ich musterte den Mann, schaute ihn aufmerksam an und zog schließlich auch ein wenig meine Augenbrauen in die Höhe, als er seine Stimme wiedergefunden zu haben schien. Wollte er die Achak und mich gegenseitig aufbringen, damit er sang- und klanglos verschwinden konnte? Oder uns angreifen konnte? Hätte er wohl gerne. Mein Blick huschte kurz zur Achak- ich hatte nicht vor sie anzugreifen, außerdem interessierte mich der Mensch gerade sowieso sehr, sehr viel mehr als die blasse Gestalt. Wobei sie wohl auch den Menschen haben wollte, wo sie mir eventuell doch.. mehr oder weniger gefährlich werden könnte. Ich drückte mich vom Baum weg, zog mir die Kapuze vom Kopf und lief dann einige Schritte nach links, mehr und weiter in das Sichtfeld des jungen Mannes hinein. Würde er mich angreifen wüsste ich mich durchaus zu wehren, mein Messer hätte ich auch schneller in der Hand als er gucken konnte. Aber er wäre dumm das zu tun.. er hatte immerhin noch jemanden ganz dicht im Nacken sitzen. Ich fixierte den Mann mit meinen aufmerksamen, leicht amüsierten Augen und schaute ihn an. Dabei ließ ich aber ganz gewiss auch nicht die Achak aus dem Sichtfeld. "Hmm, nein. Aber ich hatte heute sowieso schon mein Abendessen.." lachte ich leise, mit rauer Stimme. Weshalb ich hierher gekommen war, konnte ich ja selbst nicht einmal so genau sagen. Wobei mein Instinkt für risikoreiche Situationen vielleicht doch eine wichtige Rolle gespielt haben könnte, weshalb mein Weg mich hierher geführt hatte. Aber das musste ich dem Kerl ja jetzt auch nicht auf die Nase binden. "Und du? Was macht ein Menschlein so ganz alleine hier im Wald?" provozierte ich und ließ meine Mundwinkel kurz zu einem Grinsen nach oben zucken.
Ich lächelte das Mädchen, welches ich auf ca 18-19 Jahre schätzte, freundlich und warm an. Es hatte keinen Sinn unhöflich zu sein. Sie stellte keine Gefahr für mich dar. Zumindest nicht in ihrem jetzigen Zustand. Was sie wohl so machte? Dass sie ein übernatürliches Wesen war, schloss ich sofort aus. Sie war zwar hübsch, aber es fehlte ihr das gewisse Etwas, um eine Wachi zu sein. Achak war auch unmöglich, sonst hätte sie weiße Haare und schlechtere Augen, was nicht der Fall war. Kailasa konnte ich ja sowieso ausschließen, da sie des weiblichen Geschlechts angehörte. So blieb nur eines übrig: Mensch. Sie tat zwar auf stark und selbstständig, aber sie war trotzdem zierlich und wirkte fast zerbrechlich. Für ihren Angreifer kamen ebenfalls nur zwei Spezies in Frage: Kailasa und Achak. Klar, Nahrung und Unterschlupft waren zu einem teuren Gut geworden, aber ich hatte noch nie gesehen, dass zwei Menschen miteinander um Leben und Tod kämpften. Also war diese Theorie irrelevant. Eine Wachi würde eine Frau sowieso nie angreifen, da sie nutzlos, bzw ihr Blut sogar gefährlich war.
Sie bewegte sich langsam und unsicher und suchte nach einer Wasserflasche. *Diese Menschen. Arrogante, selbstverliebte Dinger, die sich nie helfen ließen*, dachte ich mir und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie würde sich weigern, meine Hilfe anzunehmen. Nun gut, wenn sie das so wollte, dann ließ ich sie eben machen. "Wenn du das sagst Pandora" meinte ich nur schulterzuckend. Ihre Verletzungen waren schlimm, aber wenn sie keine Hilfe wollte, dann eben nicht. Ich fragte mich sowieso schon, wieso ich ihr überhaupt geholfen hatte.
Jedoch fand ich es etwas unhöflich, dass sie mich jetzt auch noch anlog. Sie wusste sehr wohl, was passiert war. Dennoch weigerte sie sich, mir zu sagen wer ihr dies angetan hatte. Ich wollte aber nicht, dass sie begann nachzufragen über mich und warum ich das Wissen wollte, weshalb ich mitspielte. "Ok, ich glaube deine Erinnerung wird bald wieder zu dir kommen, Pandora" erklärte ich leise und mit sanfter, goldiger Stimme.
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